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Carrière, Moriz
Die Kunst im Zusammenhang der Culturentwickelung und die Ideale der Menschheit: [ein Beitrag zur Geschichte des menschlichen Geistes] (Band 2): Hellas und Rom in Religion und Weisheit, Dichtung und Kunst: ein Beitrag zur Geschichte des menschlichen Geistes — Leipzig, 1872

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https://doi.org/10.11588/diglit.33535#0478
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Rom.

auf die Gunst dieser Götter; der Fuchs, der seine Ruthe ins
Wasser taucht um das Feuer auszulöschen, imtulem der Rothe
ist das naheliegende Sinnbild des Stammes der Rutuler, die
von Ardea aus dem Latinerbund entgegenwirkten. Ja wie Simson,
der Sonnenheros, die Füchse mit brennenden Schwänzeil in die
Saaten der Philister jagt, so personificirten auch die italischen
Bauern den Brand im Getreide durch den Fuchs, den ein Knabe
im Hühnerstall gefangen, dem er Stroh an die Ruthe gebunden,
das augezündet und ihn ins Feld getrieben.
Aus freier Bergeshöhe ward der Lichtgott verehrt; aber auch
der Hain, die Lichtung (luous) im Waldesdunkel, war ein Heilig-
thum der Götter. Noch kennt mau keine Bilder derselben; aber
ihr Dienst knüpft sich früh an Bäume, an die Eiche Jupiter's,
den Lorber Apoll's, den Oelbaum Miuerva's; so soll Romnlus
vor einer alten Eiche auf dem capitolinischeu Hügel die Sieges-
beute für Jupiter niedergelegt haben. Aehnlich wurden Thiere
zum Sinnbilde des Gottes, dessen Wesen sie irgendwie dem
frischen kindlichen Natursinu veranschaulichten. So war nament-
lich die Schlange, die sich häutend selbst verjüngt, das Zeichen
für den lebenzeugeudeu, im Wechsel der Erscheinungen dauernden
Genius. Oder man errichtete einen Denkstein, man ließ die
Lanze den Kriegsgott bedeuten. Diese bildlose Verehrung der
Himmlischen erinnert an die Germanen zu Tacitus' Zeit, und
galt den Späten: für einen Gottesdienst von besonderer Reinheit.
Gewiß richtig bemerkt Preller: „Die Alten hatten zwar nicht den
landschaftlichen Natursinu, der bei uns durch Kunst und Poesie
so weit ausgebildet ist, wohl aber hatten sie mehr Gefühl für
das Dämonische in der Natur, wie es sich in der Stille des
Waldes, zwischen ragenden Bergen, an murmelnden Quellen offen-
bart und auf jedes empfängliche Gemüth mächtig wirkt. Da hör-
ten sie vernehmbarer als sonst die Stimme der Gottheit, und
selten blieb eine Stelle der Art ohne religiöse Weihe." In den
Stimmen und Erscheinungen der Natur suchte der Glaube die
Kundgabe des Götterwillens zu erkennen; Geschick, kutuni, heißt
was derselbe auf solche Weise ausspricht und verhängt. Der
Blitz, der Angang oder die Begegnung der Thiere, des Wolfs,
Hasen, Pferdes oder der Schlange, vornehmlich das Geschrei und
der Flug der Vögel galten für bedeutungsvoll, und der Mensch
suchte sich nicht blos zu erklären was sich ihm gerade ereignete,
und sein Handeln danach einzurichten, sondern er stellte auch ab-
 
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