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Carrière, Moriz
Die Kunst im Zusammenhang der Culturentwickelung und die Ideale der Menschheit: [ein Beitrag zur Geschichte des menschlichen Geistes] (Band 2): Hellas und Rom in Religion und Weisheit, Dichtung und Kunst: ein Beitrag zur Geschichte des menschlichen Geistes — Leipzig, 1872

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https://doi.org/10.11588/diglit.33535#0590
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568

R o m.

An jene Kameen gemahnt uns deutlich der Panzerschmuck der
jüngst aufgefundenen, auch in den Farben wohlerhaltensn Augustus-
statue, die uns so recht in die Mitte des kaiserlichen Roms versetzt.
Der Imperator steht in ruhiger Manueskraft vor uns, die Linke
halt ein Scepter, die Rechte ist gebietend erhoben. Der unbedeckte
Kopf trägt die bekannten kalten schönen Züge mit energischer
Naturwahrheit; der Mantel läßt die Beine frei, umwallt die
Hüsten, und senkt über den linken Arm seine Falten abwärts.
Unterhalb des Brustharnisches schimmert die karmoisinrothe Tunica
hervor; auch die Pupille der Augen läßt den schwarzen Glanz er-
kennen. Die Reliefverzierungen des Harnisches zeigen aus dem
reinen Marmor colorirte Gestalten. Oben unter dem Halse ragt
aus blauen Wolken der Himmelsgott hervor über den Rossen die
der Sonnengott lenkt, vor ihnen aber schwebt die geflügelte
Thangöttin und trägt auf ihrem Rücken die Morgenröthe mit der
Fackel des Lichtes. Ganz unten lagert Ceres, die Erdgöttin mit
dem Füllhorn des Segens; rechts und links etwas höher erscheint
Apollon aus dem Greif, Diana auf dem Hirsch; in der Mitte des
Ganzen aber steht ein römischer Krieger mit dem Wolf zur Seite,
und empfängt von einem bärtigen Parther einen römischen Legions-
adler. Rechts und links sitzen zwei Barbaren niedergeschlagen und
trauernd. Der Krieger mit dem Wolf ist Augustus, das Thier des
Mars läßt in ihm den Stellvertreter und Nachkommen des Kriegs-
gottes erkennen, sowie der Amor auf dem Delphin zu den Füßen
der Statue selbst ihn als Sohn der Venus bezeichnet. Augustus
hatte von den Parthern die Feldzeichen wieder empfangen die sie
bei dem Tode des Crassus erbeuteten, an deren Wiederobernng die
Dichter mahnten. Er hatte die Celtiberier unterworfen und galli-
sche Alpenvölker gebändigt. Den Namen der Götter war der seine
in den Gebeten der salischen Priester angefügt; daß er unter dem
Schutz der Götter, als ein menschgewordener Gott dem Reich
Frieden und Glück bringe, und wie Herkules und Romulus zum
Olymp emporsteigen werde, davon singen die Dichter. Das Jubi-
läumslied der Stadt Rom, das Hora; öffentlich vortragen ließ, ist
besonders an Apoll und Diana gerichtet. So zeigt also der ganze
Panzerschmuck den Kaiser, über dem die himmlischen Gottheiten
schweben, dem die Besiegten huldigen, unter dem die Erde, von
den Schutzgöttern begnadet, Ruhe und Segen genießt; er zeigt dies
in der mythologischen Bildersprache der Griechen, die den Plastikern
ebenso geläufig ist wie den Dichtern Roms; und ähnlichen Bildern
 
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