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Carus, Carl Gustav
Neuer Atlas der Cranioskopie enthaltend dreissig Tafeln Abbildungen merkwürdiger Todtenmasken und Schädel — Leipzig, 1864

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https://doi.org/10.11588/diglit.8657#0011
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VORWORT.

Uie wissenschaftliche Cranioskopie, oder die auf Entwickelungsgeschichte, Anatomie und
Physiologie des menschlichen Hauptes sich gründende Untersuchung und Ausmessung
desselben, ist gegenwärtig in ihr drittes Decennium getreten, hat eine Menge von Erfah-
rungen hinter sich, hat vielfache Anfechtungen erlitten und andererseits auch sich mannich-
facher und erfreulicher Zustimmungen zu rühmen, kurz sie darf sagen, dass sie gegenwär-
tig in der Gesammtbetrachtung des menschlichen Körpers seiner psychologischen Bedeutung
nach, d. h. in der Symbolik der menschlichen Gestalt, eine ehrenvolle Stelle einnimmt
und von allen Gebildeten die gemessenste Anerkennung zu fordern berechtigt ist.

Bevor die Bedeutung des Schädels als Fortsetzung der Wirbelsäule, und hiermit die
Beziehung der drei Schädelwirbel auf die drei Hauptmassen des Gehirns hinreichend er-
kannt war, wie sie es jetzt bei allen denen ist, welche die Natur zugleich mit den Augen
des Geistes anzublicken im Stande sind, fehlte es entschieden an einer nachhaltigen und
festen Grundlage für alle cranioskopischen Betrachtungen, und so war auch Alles, was bis
dahin an Deutung verschiedener Schädelformen versucht wurde, nur ein hier und da auf
dankenswerthe Erfahrung gegründetes, sonst aber mit vielen, zuweilen höchst seltsamen
Hypothesen ausgestattetes Ganzes geblieben. Anders liegen die Dinge gegenwärtig, wo für
Jeden, der Augen hat zu sehen, und der die Entwickelungsgeschichte der Thierwelt und
des Menschen einigermassen kennen lernte, die obigen Sätze keinen Zweifel mehr zulassen *),
ja wo über die Beziehungen dieser Dreitheilung des Hirns auf die grosse Dreifaltigkeit alles
Geisteslebens, nach Erkennen, Fühlen und Wollen, fast jedes Jahr neue Belege und weitere
Aufschlüsse bringt, kann nun über die wichtige Bedeutung der so ungeheuer variirenden
Schädelformen, als den organischen Symbolen ebenso verschiedener geistiger Individualitäten,
das oberste Gesetz als genügend nachgewiesen betrachtet werden.

Die vorliegende Arbeit kann und soll übrigens ihrer Natur nach nicht bestimmt sein,
alle Grundsätze der Anschauungen und Erfahrungen einzeln darzulegen, welche nöthig sind,
um eine wahrhaft wissenschaftliche Cranioskopie an sich zu begründen und fest-
zustellen, sie soll vielmehr zu jenen theoretischen Betrachtungen, welche ausführlich in
mehrern meiner Schriften und am vollständigsten und präcisesten in meiner „Symbolik

*) Nach der eigenthümlichen Maniiichfaltigkeit menschliclien Geistes muss es immer noch auch Einzelne geben, denen das Licht spät
aufgeht, und welche es durchaus verdecken möchten wenn es hell aufgeht, und so wird auch diese einfache Wahrheit, für welche ich
schon seit einem halben Jahrhundert predige, noch hier und da vielfach und absichtlich verkannt, was denn nur für die zu beklagen bleibt,
welche sich so schönen und harmonischen Erkenntnissen hartnäckig verschliessen.
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