Carus, Carl Gustav: Neuer Atlas der Cranioskopie enthaltend dreissig Tafeln Abbildungen merkwürdiger Todtenmasken und Schädel (Leipzig, 1864)

TAFEL XVI.

HERZOGIN AMALIA VON WEIMAR.

Das Haupt dieser edeln Fürstin, der Mutter
Karl August's und Beschützerin, ja grossen
Theils Begründerin des Weifnarischen Musen-
hofes, gelangte im Tode ebenfalls nur zu un-
vollkommener Abformung*) und gieht dem-
nach liier auch wieder nur zur Abbildung dieser
Maske Gelegenheit, hoffentlich indess gleich-
falls zur dankbaren Aufnahme aller Verehrer
ihres Andenkens. Was gleich zuerst da auf-
fallen muss, ist die grosse Aehnlichkeit der
Gesammtform dieses Antlitzes zwischen ihr
und der oben abgebildeten Maske des Sohnes.
Hat denn doch auch bei ihr, wie bei Goethe's
Mutter, die Einwirkung solcher Abstammung
im Sohne im schönsten Sinne sich bethätigt.
Was die Kopfmaasse betrifft, so ist freilich
nur eine, und zwar wieder unvollkommene
Schätzung des Vorderhauptes möglich, welche

indess doch das merkwürdige Verhältniss
ergiebt, dass die Höhe dieses Wirbels, welche
man nach der muthmasslichen Stelle der
Ohröffnimg gegen 5" schätzen kann, ziemlich
der des Grossherzogs Karl August gleich-
kommt, während der Breitendurchmesser
der Stirn wenig über 4" 2"' beträgt und also
von derselben Breite im Sohne fast um einen
ganzen Zoll übertroffen wird. Dass nun hierin
das Zurückstehen weiblicher Individualität
in geistiger Beziehung gegen männliche
überhaupt, insbesondere aber das Zurück-
stehen der erstem im analytischen scharf-
sondernden Verstände, sich darstellt, wäh-
rend die allgemeine gegenständliche Energie
des Geistes sich in Mutter und Sohn fast
gleichmässig documentirt, würde sonach hier
wieder schlagend aus richtiger cranioskopi-
scher Deutung sich ergeben.

*) Sie starb 1806, 67 Jahre alt.