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Carus, Carl Gustav
Neuer Atlas der Cranioskopie enthaltend dreissig Tafeln Abbildungen merkwürdiger Todtenmasken und Schädel — Leipzig, 1864

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https://doi.org/10.11588/diglit.8657#0051
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TAFEL XVIII.

SCHÄDEL DER GIFTMÖRDERIN ALBRECHT.

Diese 1837 im Alter von 52 Jahren in
Dresden hingerichtete Frau, war die Tochter
eines dem Trünke ergebenen Fleischers, und
wuchs roh und fast ohne Unterricht auf, war
nie krank, gebar dem ersten Manne in ein-
undzwanzigjähriger Ehe 7 Kinder, heirathete
dann 1832 zum zweiten male einen gewissen
Albrecht, den sie nach ein paar Jahren mit
Arsenik vergiftete, ohne irgend bei dessen
qualvollem Tode Gefühl zu verrathen, und
lebte dann mit einem Manne Namens Petrik in
wilder Ehe, mit dem zusammen sie endlich
einen frühern Liebhaber, Beuchel, im Freien
des Nachts ermordete, den Leichnam be-
raubte und selbst in einem Tragkorbe fort-
trug. Fühllosigkeit, Sinnlichkeit, Roheit
mit einer gewissen Energie und Entschlossen-
heit spricht aus allen actenkundigen Zügen
ihres Lebens. Der Bau des Schädels stimmt
auf das merkwürdigste mit einem solchen
Charakter. Nächst einem gering entwickel-
ten Vorderhaupte ist besonders hier sehr be-
zeichnend die Kleinheit des sonst im weib-

lichen Geschlecht gerade vorwaltenden Mittel-
hauptes (L' 6"' Höhe, 5" 3"'Breite, bei nur
3" 8"' Länge), welches denn ganz als Ausdruck
besonders dürftiger Entwickelimg eines weib-
lichen Gemüths angesehen werden kann.*)
Was dagegen den Hinterhauptwirbel betrifft,
so ist es eben dessen verhältnissmässige
Stärke, welche theils in der Breite (4" 2"'),
theils in der Höhe (3" 6"') sich verräth, und
in ersterer Beziehung ebenso die vorwaltende
Sexualität, als in letzterer die verderbliche
Härte ihres Willens ausdrückt. Hinsichtlich
der Augen- und Ohrenbreite hat man hier
das Vorherrschen der letztern (5" 2"') auf die
einige Zeit gelungene Verheimlichung ihrer
Verbrechen zu deuten. — Kurz, die ganze
Form bietet eine sehr wichtige und für
wissenschaftliche Cranioskopie lehrreiche Bil-
dung dar.

*) Der am Scheitel des Mittelhauptes wahrnehmbare Höcker
ist keine ursprüngliche Bildung (ein unwissenschaftlicher Nachfolger
Gall's könnte ihn wohl für ein starkes Organ religiöser Schwärmerei
nehmen), sondern wahrscheinlich die Folge eines Stosses oder Falles.
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