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https://doi.org/10.11588/diglit.8657#0057
TAFEL XXL
DER GIFTMÖRDER WILLIAM PALMER.*)
or mehrern Jahren machte in England
der Process eines Arztes, Palmer, in einer
Provinzialstadt wahrhaft grosses Aufsehen,
theils wegen der Ungeheuern Kosten, welche
durch die vielen Gutachten, Zeugen und ver-
schiedenen Instanzen aufgelaufen waren,
theils durch die Nichtswürdigkeit dieses Man-
nes, der als Arzt nie eine Bedeutung gehabt
hatte, aber seine wenigen Kenntnisse dazu
benutzte, sich von Wiederzahlen erborgter
Summen oder von Wettschulden bei Pferde-
rennen dadurch zu befreien, dass er eine
Reihe von Vergiftungen durch Strychnin aus-
führte, welche nur nach und nach ausser
Zweifel gestellt werden konnten, endlich aber
Todesurtheil und Aufknüpfen des Verbrechers
zur Folge hatten. Selbst der Abguss seines
Kopfes wurde anfänglich mit 30 Pf. St. be-
zahlt und erst später wurde es einem kennt-
nissvollen Freunde, Professor Gruner, mög-
lich , ihn auf leichtere Weise zu erlangen und
ihn meiner Sammlung zu verehren.
Der Kopfbau dieses Menschen hat viel
Merkwürdiges, und zwar 1) seiner Masse
*) Eine sehr ins Einzelne gehende Entwickelungsgeschichte die-
ses wahrhaft nichtswürdigen Charakters giebt ein kleines Buch:
Dr. F. J. Reinhart, „W. Palmer's von Rugley, des Giftmischers,
ganzer Lebenslauf" (Wien 1856).
nach: nach dem Gesammtausdruek er-
scheint er als jedenfalls einem grossen star-
ken Körper angehörig, ungefähr dem in
meiner grossen Proportionslehre genau aus-
gemessenen Rappo ähnlich, welcher 1 Meter
75 Centimeter Körperlänge maass. Nimmt
man hiernach den Modul dieser Gestalt auch
als 18 Centimeter gross, so ist es schon
sehr wichtig zu finden, dass die Höhe dieses
Schädels ohne Unterkiefer , welche bei Rappo
richtig 0,18 Meter betrug, kaum 0,17 misst,
während die besonders durch das dicke
Hinterhaupt bedingte Länge des Schädels
gegen 0,21 (anstatt 0,18 Meter) steigt und
der Umfang (statt 0,54) 0,60 Meter beträgt.
Es zeigt sich also, trotz einem absoluten
Maasse des Mittelhauptes von 5" 8"' Höhe,
die die Höhe des ganzen Schädels bedingende
Wölbung des Mittelhauptes um 1% Centi-
meter niedriger als recht, und stimmt so zu
einer Niedrigkeit des Gefühls, die man hier
allerdings anzunehmen vollkommen berech-
tigt war. *) 2) Hinsichtlich der Verhältnisse
der Kopfwirbel untereinander; denn wenn
*) Dergleichen Verhältnisse sind recht geeignet zu zeigen. wir
schwer es ist, solche Zahlen richtig zu beurtheilen, denn ohne Be-
rücksichtigung des Moduls würde man leicht ein ganz falsches Ur-
theil über diesen Kopf fällen.
DER GIFTMÖRDER WILLIAM PALMER.*)
or mehrern Jahren machte in England
der Process eines Arztes, Palmer, in einer
Provinzialstadt wahrhaft grosses Aufsehen,
theils wegen der Ungeheuern Kosten, welche
durch die vielen Gutachten, Zeugen und ver-
schiedenen Instanzen aufgelaufen waren,
theils durch die Nichtswürdigkeit dieses Man-
nes, der als Arzt nie eine Bedeutung gehabt
hatte, aber seine wenigen Kenntnisse dazu
benutzte, sich von Wiederzahlen erborgter
Summen oder von Wettschulden bei Pferde-
rennen dadurch zu befreien, dass er eine
Reihe von Vergiftungen durch Strychnin aus-
führte, welche nur nach und nach ausser
Zweifel gestellt werden konnten, endlich aber
Todesurtheil und Aufknüpfen des Verbrechers
zur Folge hatten. Selbst der Abguss seines
Kopfes wurde anfänglich mit 30 Pf. St. be-
zahlt und erst später wurde es einem kennt-
nissvollen Freunde, Professor Gruner, mög-
lich , ihn auf leichtere Weise zu erlangen und
ihn meiner Sammlung zu verehren.
Der Kopfbau dieses Menschen hat viel
Merkwürdiges, und zwar 1) seiner Masse
*) Eine sehr ins Einzelne gehende Entwickelungsgeschichte die-
ses wahrhaft nichtswürdigen Charakters giebt ein kleines Buch:
Dr. F. J. Reinhart, „W. Palmer's von Rugley, des Giftmischers,
ganzer Lebenslauf" (Wien 1856).
nach: nach dem Gesammtausdruek er-
scheint er als jedenfalls einem grossen star-
ken Körper angehörig, ungefähr dem in
meiner grossen Proportionslehre genau aus-
gemessenen Rappo ähnlich, welcher 1 Meter
75 Centimeter Körperlänge maass. Nimmt
man hiernach den Modul dieser Gestalt auch
als 18 Centimeter gross, so ist es schon
sehr wichtig zu finden, dass die Höhe dieses
Schädels ohne Unterkiefer , welche bei Rappo
richtig 0,18 Meter betrug, kaum 0,17 misst,
während die besonders durch das dicke
Hinterhaupt bedingte Länge des Schädels
gegen 0,21 (anstatt 0,18 Meter) steigt und
der Umfang (statt 0,54) 0,60 Meter beträgt.
Es zeigt sich also, trotz einem absoluten
Maasse des Mittelhauptes von 5" 8"' Höhe,
die die Höhe des ganzen Schädels bedingende
Wölbung des Mittelhauptes um 1% Centi-
meter niedriger als recht, und stimmt so zu
einer Niedrigkeit des Gefühls, die man hier
allerdings anzunehmen vollkommen berech-
tigt war. *) 2) Hinsichtlich der Verhältnisse
der Kopfwirbel untereinander; denn wenn
*) Dergleichen Verhältnisse sind recht geeignet zu zeigen. wir
schwer es ist, solche Zahlen richtig zu beurtheilen, denn ohne Be-
rücksichtigung des Moduls würde man leicht ein ganz falsches Ur-
theil über diesen Kopf fällen.