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Carus, Carl Gustav
Neuer Atlas der Cranioskopie enthaltend dreissig Tafeln Abbildungen merkwürdiger Todtenmasken und Schädel — Leipzig, 1864

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https://doi.org/10.11588/diglit.8657#0062
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TAFEL XXIII.

KOPF EINES ALTÄGYPTTSCHEN *) KÖNIGS

ODER PRIESTERS.

Der verewigte Geheimrath von Schubert
in München, dessen Güte ich die Mittheilung
dieses merkwürdigen Schädels verdanke, be-
schrieb mir ihn damals in folgenden Worten:
„Der Kopf einer Mumie, aufgefunden in einem
der vermuthlich ältesten Mumiengräber des
alten Memphis. Holz der Särge nicht von
Svkomorus, sondern von der jetzt längst aus
Aegypten verschwundenen (heiligen) Persea.
Die Hände und Füsse der Mumie (auch der
Kopf) waren vergoldet; um Hals und Brust
Schnüre von emblematischen (Stein?) Gebil-
den; in der leeren Brusthöhle eine Figur mit
einem (Menschenkopf? und) Vogelleib und
zwei grossen Schwingen, deren (der ganzen
Figur) Masse angeblich aus Gold und fein
eingelegter Täfelei bestand. Die Beduinen
hatten Särge und den Mumienkörper zer-
trümmert, die erwähnte Figur erkaufte ein
Engländer; in meinen Besitz kam nichts als
dieser Kopf, der durch rohe Behandlung in
der Quarantaine zu Triest leider sehr ge-
litten hat."

Dieser Schädel hat viel Eigentümliches,
und namentlich ist gegen germanische Köpfe

die Niedrigkeit des Mittelhauptes ausgezeich-
net, welches zugleich durch eine kleine Ein-
biegung von dem Vorderhaupte gesondert
erscheint, ungefähr so, wie wir es in Kuropa
häufig an englischen Schädeln bemerken.
Bei einem nicht bedeutenden Vorderhaupte
(4" 4"' hoch und 4" 1"' breit) und ziemlich
hohem Hinterhauptswirbel (3" 10"') giebt dies
so verkümmerte Mittelhaupt das Symbol einer
sehr mässig entwickelten Intelligenz, bei be-
deutender Hartnäckigkeit des Willens und
grosser Gemüthlosigkeit, ein Bild, welches
mit dem trocknen Mechanismus altägypti-
schen Staatslebens, dem Mangel belebender
Poesie und der Jahrtausende vorhaltenden
starren Ausdauer dieses Volks sehr wohl
stimmt. Hinsichtlich der grossen Sinnes-
organe ist der Augensinn verhältnissmässig
stärker markirt als der des Gehörs, und
könnte hiermit stärkere Richtung auf Archi-
tektur und Plastik als auf Poesie wohl in Ver-
bindung gebracht werden. Die Zähne sind,
wie hier gewöhnlich, so abgeschliffen, dass
die Schneidezähne in Gestalt den vordem
Backenzähnen nahe kommen.

*) In den Untersuchungen von Morton über altägyptische Schädel (Transactions of the American philosophical Society, Vol. IX) wird
darauf aufmerksam gemacht, dass oft neben alt ägyptischen Körpern auch pelasgische, semitische und negerartige in den Mumiengräbern
vorkommen, dieser also ist echt altägyptisch.
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