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Almanach 1926

die fünf gewaltigen Akte durchbraust, in Linie und
Form, in Hell und Dunkel, in Bild und Umrahmung
verwandelt. Faust tritt mit Selbstbildnishaften Zügen des
Zeichners hervor, Mephisto taucht in vielerlei Gestalt auf
als Regisseur unlösbarer Lebensverwicklungen,Euphorion
schwebt in wechselnder Gestalt durch das goldene Ge-
dränge der Maskenzüge und Chöre, Schäferinnen, Blumen-
mädchen, die Grazien und die Parzen, Hofgesinde und
panisches Männervolk zieht vorüber, Ariel und die Elfen
schweben dahin, gestaltlos-gestaltenreich tut sich das Reich
der Mütter auf, Homunkulus geistert in seiner leuchtenden
Phiole, Tritonen, Nereiden, Najaden, Sphinxe, Pygmäen,
klumpige Scheusale und Gespenster bevölkern den Traum
einer Welt, und Chiron, der Zentaur, trabt, auf seinem
Rücken Faust tragend, leichten Hufs durch die klassischen
Gefilde; Helena strahlt als Königin, Griechisches und
Gotisches fließt zusammen, und es schweift die Phantasie
des Zeichners, während sie sich des Reichtums der herzu-
drängenden Gestalten kaum erwehren kann, vom Himmel
durch die Welt zur Hölle. Das Ganze seines Werkes, so-
weit es schon vorliegt, aber ist wie eine Illustration jenes
kosmisch jubelnden Schlußchors all-aller, in dem die
große Schöpfungssymbolik der klassischen Walpurgisnacht
ausklingt. Alles Bildhafte ist gerahmt von graziös ge-
kritzelten Ornamenten, in dessen Ranken Blumen und
Früchte hängen, Fische springen, die Elemente ihr Spiel
treiben und menschliche Gestalten sich rhythmisch be-
wegen wie der Prinz in Dornröschens Dorngestrüpp. Die
Worte der Weltanschauung werden begleitet von den
Melodien der Federzeichnungen, in den Kreidelithogra-
phien ballt sich das Geschehen dramatischer, gewitter-
 
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