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108 Almanach 1926
zu berechnen, eine Berechnung, die sich in einer Kon-
struktionszeichnung oder in einem Grundriß verkörpert:
wird auch nur um Haaresbreite von dieser Berechnung
abgewichen, so ist der Mißerfolg fast unausbleiblich. Die
Vorzüge guter Maschinenarbeit: Präzision, Ökonomie,
tadellose Ausführung, geometrische Vollendung, ergeben
sich natürlich aus den angewandten Hilfsmitteln. Scheint
die Individualität des Arbeiters dabei hindurch, so ist es
Nachlässigkeit, betont er sie aber gar, so ist es ein grobes
Versehen.
Im Sinn des Maschinellen ist ein Modell gut zu nennen,
wenn es das rein Wesentliche eines Gegenstandes aus-
drückt: ein Stuhl muß alle Anforderungen als Sitz, ein
Waschbecken als Waschgelegenheit, ein Haus als ab-
geschlossener Wohnsitz erfüllen, und jedes Überflüssige,
als Ornament Gedachte, ist eine Verkennung des maschi-
nellen Prinzips, denn indem man an eine Arbeit, die an
und für sich trostlos ist, noch mehr trostlose Arbeit ver-
schwendet, verfehlt man den Zweck, der das Maschinen-
wesen in der menschlichen Gesellschaft legitimiert: näm-
lich eine notwendige Menge von nützlichen Gegenständen
mit dem Mindestmaß von menschlicher Anstrengung zu
erzeugen.
Will man den Unterschied zwischen Handwerk und
Maschinenarbeit kurz ausdrücken, so muß man sagen:
das Handwerk betont die Freude des Schaffenden am
Produzieren: wer daher den Versuch machen würde, dem
Holzschnitzer oder dem Steinschneider Zeit und Mühe
zu ersparen, würde tatsächlich versuchen, das Leben des
Arbeiters zu verkümmern. Maschinenarbeit aber zielt
hervorragend darauf hin, die bei der Produktion unver-
 
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