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Almanach 1926
Aber dieser szenischen Vorbereitung hätte es nicht be-
durft. Ich hatte noch kaum die gastliche Schwelle über-
schritten, als aus einem im Hintergründe aufgebauten
mächtigen Barocksessel ein noch mächtigerer Mensch
aufschnellte, mit wilden, dunklen 1 .ocken um das kühn-
geschnittene, groß aufgebaute Gesicht, mir mit angenehm
timbrierter Donnerstimme zurief: „Salem aleikum, bei
mir können Sie alles haben, — und wenn ick et stehlen
müßte, — also — (singend) mein Herr, nur hereinspaziert,
Franz macht alles!“
Damit hatte er eine etwas ungeschlachte Verbeugung
ausgeführt und stand nun mit einer einladenden Hand-
bewegung nach dem bunten Durcheinander, das auf
Tischen und Ständern angehäuft war, mit liebenswürdig
fragendem Lächeln vor mir. Ungefähr wie ein geschmei-
diger Neapolitaner, der seine Schildpattbürsten und
Kämme ausgelegt und geblendet von seinem Wunderwerk
mit verzücktem Augenaufschlag nun auch unsere Begei-
sterung in klingender Münze erwartet. Es blieb mir nun
solch liebenswürdigem Empfang gegenüber nichts anderes
übrig, als mich der Führung Franzens, „der alles macht“,
durch die Überfülle des hier Aufgestapelten anzuvertrauen,
und wirklich, meine Erwartungen, gute alte Kunst zu
sehen, wurden ebenso glänzend gerechtfertigt als Franzens
Versicherung, daß man bei ihm alles finden könne; ja ich
muß gestehen, daß sich vor meinen Blicken sogar auch
an unmöglichen Dingen ein Reichtum enthüllte, der
geradezu verwirrend war. Denn es schien hier das Problem
gelöst, das Angenehme der alten Kunst mit dem Nützlichen
des modernen künstlerischen Aufschwunges, wie sich der-
selbe kurz nach dem Kriege von 1870 in seinen kunst-
Almanach 1926
Aber dieser szenischen Vorbereitung hätte es nicht be-
durft. Ich hatte noch kaum die gastliche Schwelle über-
schritten, als aus einem im Hintergründe aufgebauten
mächtigen Barocksessel ein noch mächtigerer Mensch
aufschnellte, mit wilden, dunklen 1 .ocken um das kühn-
geschnittene, groß aufgebaute Gesicht, mir mit angenehm
timbrierter Donnerstimme zurief: „Salem aleikum, bei
mir können Sie alles haben, — und wenn ick et stehlen
müßte, — also — (singend) mein Herr, nur hereinspaziert,
Franz macht alles!“
Damit hatte er eine etwas ungeschlachte Verbeugung
ausgeführt und stand nun mit einer einladenden Hand-
bewegung nach dem bunten Durcheinander, das auf
Tischen und Ständern angehäuft war, mit liebenswürdig
fragendem Lächeln vor mir. Ungefähr wie ein geschmei-
diger Neapolitaner, der seine Schildpattbürsten und
Kämme ausgelegt und geblendet von seinem Wunderwerk
mit verzücktem Augenaufschlag nun auch unsere Begei-
sterung in klingender Münze erwartet. Es blieb mir nun
solch liebenswürdigem Empfang gegenüber nichts anderes
übrig, als mich der Führung Franzens, „der alles macht“,
durch die Überfülle des hier Aufgestapelten anzuvertrauen,
und wirklich, meine Erwartungen, gute alte Kunst zu
sehen, wurden ebenso glänzend gerechtfertigt als Franzens
Versicherung, daß man bei ihm alles finden könne; ja ich
muß gestehen, daß sich vor meinen Blicken sogar auch
an unmöglichen Dingen ein Reichtum enthüllte, der
geradezu verwirrend war. Denn es schien hier das Problem
gelöst, das Angenehme der alten Kunst mit dem Nützlichen
des modernen künstlerischen Aufschwunges, wie sich der-
selbe kurz nach dem Kriege von 1870 in seinen kunst-