melter Andacht beobachtet. Auf der zweiten Stufe sind
es größere Teile, deren Verhältnis zueinander den Zeich«
ner beschäftigt, Kopf, Leib, Arm. Mehr und mehr gilt
es, die ganze Figur in ihrer Beziehung zum Raume zu
erfassen. Der Strich gewinnt an Größe, an zügiger Ge«
walt. Schneidende Akzente, lange durchlaufende Linien
vermitteln die Illusion stürmischer Bewegung. Die Skala
von Schwarz zu Weiß wird aufs äußerste ausgedehnt.
Vor der Landschaft, der holländischen Dünenlandschaft,
wird der Meister frei. Die schweren, flächigen Tiefen
werden pathetisch. Bis zur Zeit um 1912 steigert sich
die Bewegung, die Richtungsenergie der Linie. Auf der
dritten Stufe löst sich die Aktivität in milde Harmonie,
in weise Stille. Eine blonde mittlere Helligkeit entspricht
im SchwarzsWeiß der blühenden Lokalfarbigkeit, die den
späten Gemälden eigentümlich ist.
Wenn der Meister mit stetig wachsender Erfahrung,
gesteigerter Formenkenntnis den Standpunkt verschiebt,
optisch und seelisch weitsichtig wird: was bleibt, sich
niemals verändert und dem gesamten Werk die Einheit«
lichkeit verleiht, ist die Hingegebenheit, die Sachlichkeit
der Beobachtung und das nie gestörte Vertrauen zur
Natur.
Berlin MAX J. FRIEDLÄNDER.
Februar 1925.
XII
es größere Teile, deren Verhältnis zueinander den Zeich«
ner beschäftigt, Kopf, Leib, Arm. Mehr und mehr gilt
es, die ganze Figur in ihrer Beziehung zum Raume zu
erfassen. Der Strich gewinnt an Größe, an zügiger Ge«
walt. Schneidende Akzente, lange durchlaufende Linien
vermitteln die Illusion stürmischer Bewegung. Die Skala
von Schwarz zu Weiß wird aufs äußerste ausgedehnt.
Vor der Landschaft, der holländischen Dünenlandschaft,
wird der Meister frei. Die schweren, flächigen Tiefen
werden pathetisch. Bis zur Zeit um 1912 steigert sich
die Bewegung, die Richtungsenergie der Linie. Auf der
dritten Stufe löst sich die Aktivität in milde Harmonie,
in weise Stille. Eine blonde mittlere Helligkeit entspricht
im SchwarzsWeiß der blühenden Lokalfarbigkeit, die den
späten Gemälden eigentümlich ist.
Wenn der Meister mit stetig wachsender Erfahrung,
gesteigerter Formenkenntnis den Standpunkt verschiebt,
optisch und seelisch weitsichtig wird: was bleibt, sich
niemals verändert und dem gesamten Werk die Einheit«
lichkeit verleiht, ist die Hingegebenheit, die Sachlichkeit
der Beobachtung und das nie gestörte Vertrauen zur
Natur.
Berlin MAX J. FRIEDLÄNDER.
Februar 1925.
XII