ROM
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Er starb verlassen wie die meisten Päpste, seine Umgebung war im
kritischen Augenblick nur darauf bedacht, möglichst viel kostbare Stoffe
und Kleinodien zusammenzuraffen; niemand achtete des sterbenden,
unbeliebten Greises.
Nur ein Sixtus dankbarer Franziskaner kümmerte sich um den Toten
und hüllte ihn in ein altes, fast zerrissenes Ornat, da man ihm ein neues
weigerte. Franziskaner trugen den Toten in die Petersbasilika, wo er
beigesetzt wurde. Das römische Volk behauptete, Sixtus sei „am Frieden“
gestorben, und in einem Distichon hiess es:
„Nulla vis saevum potuit extinguere Sixtum;
Audito tandem nomine pacis obit.“
Auch folgendes Epigramm variierte nur diesen Gedanken:
„Sixte, iaces tandem fidei contemptor et aequi,
Pacis ut hostis eras, pace peremptus obis.“
Einen Tag nach dem Tode des Papstes stürzte sich die Menge auf
Girolamos Haus bei Sant’ Apollinare mit dem Feldgeschrei „Colonna!
Colonna! “ Am Nepoten wurde Rache geübt: alles wurde geraubt, was
nicht niet- und nagelfest war, die Fenster mit den Wappen der Riario
und Sforza zertrümmert, die marmornen Türverkleidungen des Palastes
zerschlagen, der Park zertreten, der Viehbestand vernichtet. Der Pöbel
stürmte das Fandgut Castel Giubileo, das Riario ohne Pachtschilling
vom Peterskapitel übernommen hatte, trieb Kühe, Ziegen, Schweine,
Schafe und Hühner fort, bemächtigte sich sämtlicher Vorräte der Speise-
kammer und trank den griechischen Wein aus.
Girolamo dachte nicht einmal daran, dem Oheim, dem er alles ver-
dankte, ein Grabmal zu errichten; diese Pflicht erfüllte der von Sixtus
am wenigsten geliebte Nepote, Giuliano della Rovere. 1493 anvertraute
Giuliano Antonio Pollaiuolo diese Arbeit, und sein kostbares Erzdenk-
mal ist bis auf den heutigen Tag eine der grössten Zierden S. Peters. In
Sixtus IV. Denkmal in der Kapelle del S. Sacramento spiegelt sich der
Geist der römischen Renaissance. Auf der Rronzeplatte liegt der Papst
in vollem Ornat, eine gedrungene Gestalt mit welken Zügen und kno-
chigen Händen, drohend wie der Name Rovere, umgeben von schlanken,
heiteren, reizvollen, fast nackten Frauen, die die Wissenschaften alle-
gorisch darstellen. Es sind Frührenaissancegestalten mit langem Hals,
biegsamem Körper und abrupten Bewegungen. Die Gegensätze der Re-
naissance! So ward auch Sixtus besungen:
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Er starb verlassen wie die meisten Päpste, seine Umgebung war im
kritischen Augenblick nur darauf bedacht, möglichst viel kostbare Stoffe
und Kleinodien zusammenzuraffen; niemand achtete des sterbenden,
unbeliebten Greises.
Nur ein Sixtus dankbarer Franziskaner kümmerte sich um den Toten
und hüllte ihn in ein altes, fast zerrissenes Ornat, da man ihm ein neues
weigerte. Franziskaner trugen den Toten in die Petersbasilika, wo er
beigesetzt wurde. Das römische Volk behauptete, Sixtus sei „am Frieden“
gestorben, und in einem Distichon hiess es:
„Nulla vis saevum potuit extinguere Sixtum;
Audito tandem nomine pacis obit.“
Auch folgendes Epigramm variierte nur diesen Gedanken:
„Sixte, iaces tandem fidei contemptor et aequi,
Pacis ut hostis eras, pace peremptus obis.“
Einen Tag nach dem Tode des Papstes stürzte sich die Menge auf
Girolamos Haus bei Sant’ Apollinare mit dem Feldgeschrei „Colonna!
Colonna! “ Am Nepoten wurde Rache geübt: alles wurde geraubt, was
nicht niet- und nagelfest war, die Fenster mit den Wappen der Riario
und Sforza zertrümmert, die marmornen Türverkleidungen des Palastes
zerschlagen, der Park zertreten, der Viehbestand vernichtet. Der Pöbel
stürmte das Fandgut Castel Giubileo, das Riario ohne Pachtschilling
vom Peterskapitel übernommen hatte, trieb Kühe, Ziegen, Schweine,
Schafe und Hühner fort, bemächtigte sich sämtlicher Vorräte der Speise-
kammer und trank den griechischen Wein aus.
Girolamo dachte nicht einmal daran, dem Oheim, dem er alles ver-
dankte, ein Grabmal zu errichten; diese Pflicht erfüllte der von Sixtus
am wenigsten geliebte Nepote, Giuliano della Rovere. 1493 anvertraute
Giuliano Antonio Pollaiuolo diese Arbeit, und sein kostbares Erzdenk-
mal ist bis auf den heutigen Tag eine der grössten Zierden S. Peters. In
Sixtus IV. Denkmal in der Kapelle del S. Sacramento spiegelt sich der
Geist der römischen Renaissance. Auf der Rronzeplatte liegt der Papst
in vollem Ornat, eine gedrungene Gestalt mit welken Zügen und kno-
chigen Händen, drohend wie der Name Rovere, umgeben von schlanken,
heiteren, reizvollen, fast nackten Frauen, die die Wissenschaften alle-
gorisch darstellen. Es sind Frührenaissancegestalten mit langem Hals,
biegsamem Körper und abrupten Bewegungen. Die Gegensätze der Re-
naissance! So ward auch Sixtus besungen: