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Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Editor]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 16.1919/​1920

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https://doi.org/10.11588/diglit.55380#0286
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AUSSTELLUNG BADEN-BADEN 1919 — FRITZ BAER

K. M. Lechner, einer der Preisträger in dem 1915 von
der »Deutschen Gesellschaft für christliche Kunst« veran-
stalteten großen Wettbewerbe für Kriegsgedenkzeichen
u. dgl., bringt eine dunkle, großzügig empfundene Studie
»Abend im Moos«, F. Frankl einen feintonigen »Reg-
nerischenjunitag«, I. Anacker frisch hingeworfene Stu-
dien aus Berchtesgaden (von ihm ist auch eine inter-
essante, figurenreiche Impression »Kleinstadtleben in der
Großstadt«), W. Geißler eine stimmungsreiche Moosland-
schaft, P. Walch einen stark stilisierten Sommermorgen,
L. von Senger eine Schneestudie mit guter Malerei des
Sonnenlichtes. Kräftig abgestimmte Innenraummalerci
bietet E. Wolff. Zahlreich sind Blumenstücke und Still-
leben; erwähnt seien derartige vornehm wirkende Bilder
u. a. von E. Arends und W. Röstel. — Aus den Leistungen
der Graphiker können aus Rücksicht auf den Raum nur
wenige Stücke genannt werden. So eine tüchtige Tier-
studie von A. Braunschweig, kräftige Holzschnitte von
J. Götz-Räcknitz, Schwarzweißzeichnungen von J. Würstl.
— Mit notgedrungener Kürze müssen wir auch über
das Kunstgewerbe hinweggehen. Nur erwähnt seien die
feinfarbigen, gut dekorierten Majoliken von K. Leipfinger,
die Schmuckstücke von O. Oppel. Von anderm wird
noch die Rede sein. — Auch die Plastik bietet z. T. sehr
Gutes. Dazu gehören die Marmorfiguren und eine Tier-
bronze von J. Faßnacht, eine tüchtig modellierte, bitter
satirische Holzschnitzerei »Das hungrige Streitroß« von
Gysis, eine lustige Porzellangruppe »Der Genießer« von
H. Meisel, Ofenkacheln und Wandplaketten, ein Stamm-
baumrelief, ein Brunnen, dessen Mittelsäule als Baum
gebildet ist, auf dem ein Adler sein Nest hat, alles wert-
volle Arbeiten von W. S. Resch. Von Werken religiösen
Inhalts weiter unten. Monumentale Wirkung übt trotz
geringer Größe ein in Eisen gegossener »Streiter zu
Pferde« von A. Daumiller. — Eine Auswahl größtenteils
wertvoller Entwürfe und Modelle zeigt die kleine Gruppe
der Baukunst. Fast alles gehört hier der christlichen Kunst
an. Eine Anzahl von Grabmälern ist dabei: Einige sind
von W. Erb, der auch einen kühl wirkenden evangelischen
Betsaal entworfen hat. Schöne volkstümliche Stimmung
herrscht in dem von R. Christel stammenden Entwürfe
einer kleinen Barockkirche mit ovalem Mittelraume, einem
Hauptturme und vier Ecktürmchen neben der Apsis.
H. Kroier entwarf ein Kriegerdenkmal in Gestalt eines
Brunnens, dessen Mittelsäule die Figur des hl. Georg trägt.
Außerdem zeigt die christliche Plastik noch das aus Un-
tersberger Marmor gefertigte, streng stilisierte Relief des
Antlitzes Christi von F. Nusser; von W. S. Resch ein
Relief mit der Neugestaltung eines von ihm schon früher
behandelten Themas: ein Soldat, der vor dem Ge-
kreuzigten die Fahne senkt; von J. Sertl die in Holz
geschnitzte, ungefärbte Figur des hl. Johannes des Täufers
als Knabe, ein lebensgroßes Werk von schöner Auffassung
und Durchführung. Von religiösen Malereien sieht man
u. a. eine etwas verschwommene Kreuzabnahme von
H. von Glaß. Schlicht, volkstümlich sind die Madonnen-
bilder (zwei gemalte und ein radiertes) von A. Rausch.
Derselbe Künstler bringt eine Radierung mit der Dar-
stellung des von trauernden Menschen angebeteten ge-
kreuzigten Heilandes — ein ergreifend gedachtes Werk
von technisch vortrefflicher Ausführung. Etwas trocken
in der graugrünen Farbe, still feierlich ist M. Rimböcks
Temperabild mit einem in einer Landschaft sitzenden
hl. Einsiedler. Unter den Arbeiten des Kunstgewerbes
endlich findet sich ein von B. Jäger-Solln herrührendes
Glasgemälde. Es zeigt in einer vorwiegend starkgrünen
Färbung die hl. Jungfrau und den Jesusknaben, auf einem
Drachen stehend. Um dieses Mittelbild herum sind sechs
kleine biblische Szenen angeordnet. Die kurzen Angaben,
aufdie wir uns bei der christlichen Kunst leider beschränken
mußten, dürften doch genügen, um die verhältnismäßig
starke Berücksichtigung dieses Gebietes darzutun. Daß

sie auch jetzt, nach dem Kriege und inmitten der revo-
lutionären Bewegung festzustellen ist, darf als erfreu-
liches Zeichen begrüßt werden. Allerdings wird man
gut tun, nicht sogleich allzu kühne Hoffnungen für die
Zukunft daran zu knüpfen. Doering
AUSSTELLUNG BADEN-BADEN 1919
Ein Dutzend gute Bilder, halb soviel nennenswerte
Plastiken, aber einige Säle trefflicher Graphik, das ist
der Eindruck der diesjährigen Schau. Wir heben dabei
nur das Allerbeste hervor, ohne zu sagen, daß sich
unter dem Durchschnitt nicht durchaus noch dualität-
volles befände; nur bei einigen wenigen Stücken be-
greift man die Arbeit der Jury nicht, ich denke da an zu
augenfällige Thoma-Imitationen usw. Auch die Hängung
in den meisten Sälen läßt zu wünschen übrig; man hat
in Baden-Baden leicht das Gefühl, daß sich die Hänge-
kommission, abgesehen von der graphischen Abteilung,
meist schon beim Hauptsaal ausgegeben habe und heil-
froh sei, die übrigen Kabinette wahllos vollzupfropfen.
Vielleicht ließe sich aber doch auch auf kleineren moder-
nen Kunstausstellungen ein etwas anschauliches pro-
gramatisches System durchsetzen, und dabei ohne Prä-
tention. Die Größen aus dem Reiche — Liebermann,
Orlik, v. Hofmann, Käte Kollwitz, Samberger u. a. —
sind stärker vertreten als die Einheimischen, an deren
Spitze diesmal sogar Thoma fehlt! Schoenleber f hat
man eine recht bescheidene Gedächtnisausstellung ein-
geräumt, nachdem er vor ein paar Jahren in Baden-
Baden eine nennenswertere Kollektivausstellung erlebt
hatte. Des verstorbenen Osthoff gedenkt man ent-
sprechend in einer Kollektion. Unter der jüngeren Gene-
ration vermissen wir leider auch manche Kraft wie z. B.
Sprung, der immer noch in sinnloser Gefangenschaft
schmachtet, und Pfefferle. Dafür dürfen wir uns um
so mehr freuen an Goebels bravourösen Gemälden und
Graphiken oder an ernsthaften Stücken, wie sie nach
sprunghaften Versuchen Henzelmann jetzt schafft. Einen
beachtenswerten dekorativen malerischen Stil strebt Bil-
ling — der Architekt, Bildhauer und Maler — an. Um
den ehemaligen Draufgänger Georg Scholtz tut es einem
fast ein bißchen leid, aber er ist so talentieit, daß er
sich wohl bald wieder von seiner modernistischen Ver-
steifung losmacht. Der richtige Genuß und die Er-
kenntnis mancher Kunstauffassung, die uns in den Ge-
mälden noch verschleiert entgegentritt, überkommt uns
in der graphischen Abteilung, in der jede Richtung aus-
giebig zu Worte kommt, ohne daß man von gegen-
seitigem Überschreien reden könnte. Weiß, Lehmbruck, *
Klemm, Schinnerer, Bühler, Meid, Haueisen, Conz, dann
Goebel, Link, Riedel, Baudrexel, Wirsching sind Namen,
die wir nicht übergehen dürfen. Auf plastischem Ge-
biete heben wir die Arbeiten von Lörcher, Behn, Heide
Rosin, Ehehalt, Terkatz und Sutor hervor. Das inter-
essante Vorwort des Katalogs, zugunsten einer frischen
persönlichen Kunstbetrachtung abseits des öden Schema-
tismus, stammt von Curt Glaser (aus »Kunst und Künst-
ler«); doch Hans Thomas Motto trifft den Nagel auf
den Kopf: »Geh’ts kunterbunt zu, verzage nie, Kunst
und Leben spotten jeder Theorie.« Oscar Gehrig
FRITZ BAER
Am 20. Februar 1919 starb, 69 Jahre alt, der Münchener
Landschaftsmaler Professor Fritz Baer. Von der Be-
deutung seines Talentes und seines Schaffens versuchten
mehrere im August veranstaltete Ausstellungen Anschau-
ung und Begriff zu geben. Ein Saal im Glaspalaste war
diesem Zwecke gewidmet, der Kunstverein brachte eine
 
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