RUNDSCHAU: IM STREITE DER ZEIT 207
Daß doch der Sinn für eine solche ganz ins Geistige gerückte christliche Kunst wieder-
erwachte! Der Hemmungen sind noch so viele; das wissen alle, die im Kunstleben stehen.
Was wir durch aufklärende Worte immer wieder versuchen, hat Baumhauer durch künst-
lerische Taten geleistet. Möge es dem unermüdlichen Künstler vergönnt sein, in den
weiteren Jahrzehnten seines Lebens den bereits vollbrachten noch viele anzureihen und
auch fernerhin bahnbrechend und befruchtend zu wirken.
Rundschau
IM STREITE DER ZEIT
Rechts oder links in der Kunst?
Eine Antikritik
<?eit die »Deutsche Gesellschaft für christliche
K-' Kunst« und damit die mit ihr zusammenhän-
gende Zeitschrift »Die christliche Kunst« vor mehr
denn Jahresfrist eine äußere Wandlung in Vor-
standschaft wie Redaktion vorgenommen hat,
mußte aus inneren Gründen, um aus gewissen Ein-
engungen der letzten Jahrzehnte herauszukommen,
auch ein bewußteres Vorgehen in künstlerischen
Dingen folgen. Was dazu prinzipiell zu sagen ist,
findetmanim Heft.4/5 des Jahrgangs XXI (1924/25),
S. 65 ff. in dem Aufsatz des Unterzeichneten: »Das
Problem der christlichen Kunst.« Die dort vertre-
tenen Ideen waren kein schnell zusammengestell-
tes Programm mit vielen idealistischen Verspre-
chungen, sondern versuchten, das ganze Problem
in seiner ungeheuren Schwierigkeit historisch wie
modern, künstlerisch wie religiös, gesellschaftlich
wie zeitlos aufzurollen, wie es sich dem Verfasser
nach jahrelanger Beschäftigung mit diesen Fragen
an einem Zentralpunkt deutscher christlicher Kunst
aufdrängte. Diesen Darlegungen kann auch heute
noch nicht Wesentliches hinzugefügt werden und
deshalb seien sie vor allem denjenigen werten
Briefschreibern zum nochmaligen Lesen empfoh-
len, die aus einer eingeengten Stellungnahme ohne
jede Verantwortlichkeit glauben, nur von der
Kenntnis klischierter Abbildungen mit bewußter
Negierung jeglichen Begleittextes die schwierigsten
kunstpolitischen Fragen lösen zu können. Viel-
leicht werden sie aus den damaligen Ausführungen
ersehen, daß das Problem schwieriger ist, als daß
man es aus einem einzigen Gesichtswinkel lösen
kann.
Die heutige Stellungnahme der verantwortlichen
Männer in der Leitung der Unternehmungen der
»Deutschen Gesellschaft für christliche Kunst« be-
friedigt laut vielen Kritiken nach beiden Seiten
nicht, den einen scheint sie stockreaktionär, den
anderen ultraradikal. Scharf machte sich dies in
der Beurteilung der Ausstellung der »Deutschen
Gesellschaft für christliche Kunst« anläßlich der
»III. Biennale« zu Rom, Frühjahr 1925, bemerk-
bar, der ersten Ausstellung im Ausland, der die
Gesellschaft Folge geleistet. Das kritische Echo
darauf war neben zwei wohlwollenden Bespre-
chungen in der »Münchener Zeitung« (Nr. 171 vom
23. Juni 1925) und in der »München-Augsburger
Abendzeitung« (Nr. 90 vom 1. April 1925), wo es
zum Beispiel heißt: »jedenfalls das Beste und
Künstlerischste . ., was hier an religiöser Kunst
zu sehen ist«, ein äußerst scharf ablehnender Auf-
satz in der »Köln. Volkszeitung«, den in seiner
temperamentvollen Art Prof. Dr. Fritz Witte, Di-
rektor des Kölner Schniitgenmuseums, geschrieben
hat (Nr. 280 vom 18. April 1925) und ein kritisch
tadelndes, aber im Grunde, wie ich es empfinde,
doch wohlwollend mahnendes Referat im »Hoch-
land«, das sein Herausgeber, Prof. Karl Muth, ver-
faßt hat. (Hochland XXIII [1925/26], 1. Heft,
S. 126 ff.)
Den dort aufgestellten Vorwürfen ist im allge-
meinen berichtigend Folgendes entgegenzuhalten.
Die »D. G. f. ehr. K.« wurde im Juli 1924 von der
Leitung der »III. Biennale Romana«, die sich völlig
in Händen der italienischen Regierung und der
römischen Künstlerschaft befindet, eingeladen, sich
als solche bei der Ausstellung in Rom in einem
kleineren Saal zu beteiligen. Im Jahre 1925 sollte
München besonders berücksichtigt werden, dafür
sollte 1927 an eine westdeutsche Stelle herange-
treten werden, wie 1923 vor allem Berlin an die
Reihe gekommen war. Obwohl gerade damals sich
die »D. G. f. ehr. K.« wegen der schweren Krisis in
der Vorstandschaft in einer Zeit der heftigsten
Gärung befand, glaubte sie diese Einladung nicht
abschlagen zu dürfen, sondern sagte als geschlos-
sene Gesellschaft, nicht etwa als Vertreterin sämt-
licher deutscher Künstler, die sich mit christlicher
Kunst befassen, zu. Sie hat alle Künstler, die sich
ihr angeschlossen, eingeladen, auch die norddeut-
schen. Wenn sich so wenig von diesen letzteren
daran beteiligt (wie schon in »Christi. Kunst« XXI
[1925], Beilage S. 41 konstatiert war), so trägt nicht
die Leitung die Schuld. Ein Werk eines bisher
nicht der Gesellschaft angehörigen Künstlers wurde
als geeignet zugelassen, Werke eines anderen
Künstlers konnten nicht berücksichtigt werden, da
er erklärte, daß er sich einer Künstlerjury nicht
unterwerfen könne und deshalb auch nicht Mit-
glied werden wolle, Werke eines dritten Künstlers,
die erst in Rom zu besichtigen waren, wurden von
unserem nach Rom entsandten Vertreter als nicht
geeignet abgelehnt. Ausdrücklich sei gegenüber
der Behauptung Muths festgestellt, daß von kirch-
licher Seite weder in Rom, noch in Deutschland die
Gesellschaft zur Beteiligung aufgefordert wurde.
Wer die Verhältnisse in Rom zwischen Vatikan
und Quirinal kennt, weiß, daß keine einzige kirch-
liche Stelle in einer Sache vermittelt, bei der die
italienische Regierung beteiligt ist. Wir haben des-
halb nur mit den Vertretern der italienischen Re-
gierung zu verhandeln gehabt.
Wenn die Ausstellung auch nach meiner Mei-
nung nicht so ausgefallen ist, wie es den in Deutsch-
land zur Verfügung stehenden Kräften entsprechen
würde, so liegt dies daran, daß die »D. G. f. ehr. K.«
bis zu jener Zeit nur zu lange in einer starken
Verengung verharrt war. In den krisenhaften Mo-
naten des Jahres 1924 war es weder zeitlich noch
organisatorisch möglich, das nötige neue Blut zu-
zuführen, viele hielten sich noch mißtrauisch zu-
rück, außerdem waren die Künstler durch die In-
flationszeit von größeren monumentalen Stücken
entblößt. Der geringe zur Verfügung stehende
Raum, ein einziger Saal, machte es nicht möglich,
Daß doch der Sinn für eine solche ganz ins Geistige gerückte christliche Kunst wieder-
erwachte! Der Hemmungen sind noch so viele; das wissen alle, die im Kunstleben stehen.
Was wir durch aufklärende Worte immer wieder versuchen, hat Baumhauer durch künst-
lerische Taten geleistet. Möge es dem unermüdlichen Künstler vergönnt sein, in den
weiteren Jahrzehnten seines Lebens den bereits vollbrachten noch viele anzureihen und
auch fernerhin bahnbrechend und befruchtend zu wirken.
Rundschau
IM STREITE DER ZEIT
Rechts oder links in der Kunst?
Eine Antikritik
<?eit die »Deutsche Gesellschaft für christliche
K-' Kunst« und damit die mit ihr zusammenhän-
gende Zeitschrift »Die christliche Kunst« vor mehr
denn Jahresfrist eine äußere Wandlung in Vor-
standschaft wie Redaktion vorgenommen hat,
mußte aus inneren Gründen, um aus gewissen Ein-
engungen der letzten Jahrzehnte herauszukommen,
auch ein bewußteres Vorgehen in künstlerischen
Dingen folgen. Was dazu prinzipiell zu sagen ist,
findetmanim Heft.4/5 des Jahrgangs XXI (1924/25),
S. 65 ff. in dem Aufsatz des Unterzeichneten: »Das
Problem der christlichen Kunst.« Die dort vertre-
tenen Ideen waren kein schnell zusammengestell-
tes Programm mit vielen idealistischen Verspre-
chungen, sondern versuchten, das ganze Problem
in seiner ungeheuren Schwierigkeit historisch wie
modern, künstlerisch wie religiös, gesellschaftlich
wie zeitlos aufzurollen, wie es sich dem Verfasser
nach jahrelanger Beschäftigung mit diesen Fragen
an einem Zentralpunkt deutscher christlicher Kunst
aufdrängte. Diesen Darlegungen kann auch heute
noch nicht Wesentliches hinzugefügt werden und
deshalb seien sie vor allem denjenigen werten
Briefschreibern zum nochmaligen Lesen empfoh-
len, die aus einer eingeengten Stellungnahme ohne
jede Verantwortlichkeit glauben, nur von der
Kenntnis klischierter Abbildungen mit bewußter
Negierung jeglichen Begleittextes die schwierigsten
kunstpolitischen Fragen lösen zu können. Viel-
leicht werden sie aus den damaligen Ausführungen
ersehen, daß das Problem schwieriger ist, als daß
man es aus einem einzigen Gesichtswinkel lösen
kann.
Die heutige Stellungnahme der verantwortlichen
Männer in der Leitung der Unternehmungen der
»Deutschen Gesellschaft für christliche Kunst« be-
friedigt laut vielen Kritiken nach beiden Seiten
nicht, den einen scheint sie stockreaktionär, den
anderen ultraradikal. Scharf machte sich dies in
der Beurteilung der Ausstellung der »Deutschen
Gesellschaft für christliche Kunst« anläßlich der
»III. Biennale« zu Rom, Frühjahr 1925, bemerk-
bar, der ersten Ausstellung im Ausland, der die
Gesellschaft Folge geleistet. Das kritische Echo
darauf war neben zwei wohlwollenden Bespre-
chungen in der »Münchener Zeitung« (Nr. 171 vom
23. Juni 1925) und in der »München-Augsburger
Abendzeitung« (Nr. 90 vom 1. April 1925), wo es
zum Beispiel heißt: »jedenfalls das Beste und
Künstlerischste . ., was hier an religiöser Kunst
zu sehen ist«, ein äußerst scharf ablehnender Auf-
satz in der »Köln. Volkszeitung«, den in seiner
temperamentvollen Art Prof. Dr. Fritz Witte, Di-
rektor des Kölner Schniitgenmuseums, geschrieben
hat (Nr. 280 vom 18. April 1925) und ein kritisch
tadelndes, aber im Grunde, wie ich es empfinde,
doch wohlwollend mahnendes Referat im »Hoch-
land«, das sein Herausgeber, Prof. Karl Muth, ver-
faßt hat. (Hochland XXIII [1925/26], 1. Heft,
S. 126 ff.)
Den dort aufgestellten Vorwürfen ist im allge-
meinen berichtigend Folgendes entgegenzuhalten.
Die »D. G. f. ehr. K.« wurde im Juli 1924 von der
Leitung der »III. Biennale Romana«, die sich völlig
in Händen der italienischen Regierung und der
römischen Künstlerschaft befindet, eingeladen, sich
als solche bei der Ausstellung in Rom in einem
kleineren Saal zu beteiligen. Im Jahre 1925 sollte
München besonders berücksichtigt werden, dafür
sollte 1927 an eine westdeutsche Stelle herange-
treten werden, wie 1923 vor allem Berlin an die
Reihe gekommen war. Obwohl gerade damals sich
die »D. G. f. ehr. K.« wegen der schweren Krisis in
der Vorstandschaft in einer Zeit der heftigsten
Gärung befand, glaubte sie diese Einladung nicht
abschlagen zu dürfen, sondern sagte als geschlos-
sene Gesellschaft, nicht etwa als Vertreterin sämt-
licher deutscher Künstler, die sich mit christlicher
Kunst befassen, zu. Sie hat alle Künstler, die sich
ihr angeschlossen, eingeladen, auch die norddeut-
schen. Wenn sich so wenig von diesen letzteren
daran beteiligt (wie schon in »Christi. Kunst« XXI
[1925], Beilage S. 41 konstatiert war), so trägt nicht
die Leitung die Schuld. Ein Werk eines bisher
nicht der Gesellschaft angehörigen Künstlers wurde
als geeignet zugelassen, Werke eines anderen
Künstlers konnten nicht berücksichtigt werden, da
er erklärte, daß er sich einer Künstlerjury nicht
unterwerfen könne und deshalb auch nicht Mit-
glied werden wolle, Werke eines dritten Künstlers,
die erst in Rom zu besichtigen waren, wurden von
unserem nach Rom entsandten Vertreter als nicht
geeignet abgelehnt. Ausdrücklich sei gegenüber
der Behauptung Muths festgestellt, daß von kirch-
licher Seite weder in Rom, noch in Deutschland die
Gesellschaft zur Beteiligung aufgefordert wurde.
Wer die Verhältnisse in Rom zwischen Vatikan
und Quirinal kennt, weiß, daß keine einzige kirch-
liche Stelle in einer Sache vermittelt, bei der die
italienische Regierung beteiligt ist. Wir haben des-
halb nur mit den Vertretern der italienischen Re-
gierung zu verhandeln gehabt.
Wenn die Ausstellung auch nach meiner Mei-
nung nicht so ausgefallen ist, wie es den in Deutsch-
land zur Verfügung stehenden Kräften entsprechen
würde, so liegt dies daran, daß die »D. G. f. ehr. K.«
bis zu jener Zeit nur zu lange in einer starken
Verengung verharrt war. In den krisenhaften Mo-
naten des Jahres 1924 war es weder zeitlich noch
organisatorisch möglich, das nötige neue Blut zu-
zuführen, viele hielten sich noch mißtrauisch zu-
rück, außerdem waren die Künstler durch die In-
flationszeit von größeren monumentalen Stücken
entblößt. Der geringe zur Verfügung stehende
Raum, ein einziger Saal, machte es nicht möglich,