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Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Hrsg.]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 25.1928/​1929

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Hoffmann, Richard: Neuzeitliche Friedhofkunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.59007#0085

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HANS GRASSEL-MÜNCHEN: GRABSTÄTTEN DES METROPOLITANKAPITELS, DER DOMVIKARE UND
PRIESTERKONGREGATION IM WALDFRIEDHOF IN MÜNCHEN

NEUZEITLICHE FRIEDHOFKUNST
Von RICHARD HOFFMANN
TTriedhof — eigentlich Freithof — bedeutete einst den um eine Kirche eingefriedeten
■*- Platz. Jetzt versteht man darunter allgemein den Begräbnisort. Seine alte Anlage
deckt sich in kleineren Gemeinwesen wie in Dörfern und Märkten fast ausschließlich auch
heute noch mit den Begräbnisstätten um die Orts- und Pfarrkirche. Im Schatten des
Kirchenbaues rings um dessen Mauern ruhen die Toten gebettet und harren der Auf-
erstehung. Es liegt darin ein tiefchristlicher Sinn. Denn die Pfarrkirche soll auf die
gläubigen Christen ihr ganzes Leben hindurch bestimmend einwirken, von der Wiege
angefangen bis zum Sterbelager. In der Pfarrkirche hat das geistige Leben ihrer Seelen
begonnen, als sie durch das Sakrament der Taufe in die Gemeinschaft der Gläubigen
aufgenommen worden sind. In der Pfarrkirche vollzog sich im Sakramente der Buße die
Reinigung ihrer Seelen, um dann im Allerheiligsten Altarsakramente vom Tabernakel
ihrer Kirche aus das Brot des Lebens als Speise zu empfangen. In der Pfarrkirche haben
viele am Altäre das heilige Ehesakrament eingegangen. Im Innern der Pfarrkirche wohnten
sie im Laufe ihrer Pilgerschaft durchs Leben an Sonn- und Feiertagen den Gottesdiensten
bei und vereinigten sich in Opfer und Kommunion mit ihrem Erlöser, bis endlich der
Augenblick gekommen, wo ihre Füße sie nicht mehr zum Heilandsbesuche in die Kirche
tragen, sondern der eucharistische Gott vom Gezeit der Liebe aus an ihr Sterbebett durch
des Priesters Hand getragen wird. Und so ist es ohne Frage eine schöne und sinnreiche
alte Gewohnheit, auch die Ruhestätten der aus dem Leben Geschiedenen in Verbindung
mit der Pfarrkirche zu bringen.
In größeren Gemeinwesen, in Städten, war in nunmehr schon weit zurückliegenden
Zeiten nur für einzelne Bevorzugte die Pfarrkirche der Ort, an deren Mauern die Grab-
denkmäler der Toten angebracht worden sind oder deren Inneres ihre Monumente auf-
genommen hat. Bereits im späteren Mittelalter sind gesonderte Friedhöfe noch innerhalb
des Weichbildes der Stadt mit eigenen dazu gehörigen Gottesackerkirchen angelegt wor-
den. So um nur ein naheliegendes Beispiel zu nennen, barg das mittelalterliche München
die Friedhöfe von St. Peter bei der Allerheiligen-Kirche am Kreuz in der jetzigen Kreuz-
straße und von U. L. Frau bei der Salvatorkirche, der heutigen griechischen Kirche in
ihren Mauern (vgl. das Sandtnersche Modell von München 1571 im Bayerischen National-
museum). Mit der Renaissance kam dann im Laufe des 16. Jahrhunderts da und dort
die Übung auf, die Friedhöfe außerhalb des Stadtberinges zu verlegen. Diese Übung
wurde in der folgenden Zeit in Städten und größeren Orten immer allgemeiner. In Frei-
sing z. B. legte Fürstbischof Heinrich von Worms und Freising, Herzog in Bayern und

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