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Christlicher Kunstverein der Erzdiözese Freiburg [Editor]
Christliche Kunstblätter: Organ des Christlichen Kunstvereins der Erzdiözese Freiburg — 5.1866

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https://doi.org/10.11588/diglit.7151#0007
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Chriſtliche

Kunſtblätter

Organ des chriſtlichen Kunſtvereins der Erzdiöceſe reiburg.

(Beilage zum Freiburger Kirchenblatt.)

Nro. 50.

Domine dilexi dcorem domus tuae. Ps. 25, 8.

Februar 1866.

l. Bildneriſche Ausſchmückung des Tabernakels.

von vorbildlichen Darſtellungen aus dem alten Teſtament zu
Gebot. Treffen wir unter denſelben eine Auswahl, ſo werden
wir auch da unſerer aufgeſtellten Grundregel gedenken und den
alten Bund nicht herrſchend und gewaltthätig auf den neuen
pflanzen z. B. einen koloſſalen Moſes auf den Altar ſtellen,
oder, was man noch vor. wenigen Jahren in einer der ſchönſten
Kirchen Kölns ſehen konnte, über dem Tabernakel eine groteske
Bundeslade errichten. Die einzige wahre Bedeutung, die eine
ſolche Zuſammenſtellung haben könnte, nämlich den Druck des
Judenthums auf das Volk des neuen Bundes darzuſtellen, ge-
hört doch wohl nicht an dieſen Ort.
Baurath Eſſenwein hat zur inneren Ausſchmückung der
Kirche Groß-St. Martin in Köln folgende altteſtamentliche Bil-
der für den Tabernakelaltar ausgewählt:
An der Menſa das Opfer Abels und Melchiſedechs, Aaron
der erſte Hoheprieſter, Zacharias der Prieſter, Vater des Vor-
läufers Johannes.
An der Leuchterſtufe (Retable) zu Seiten des Tabernakels
die Typen des Opfertodes Chriſti: das Schlachten des Oſter-
lamms und Bezeichnung der Häuſer mit dem Zeichen T. Jakob,
der die Söhne Joſephs mit gekreuzten Armen ſegnet. (sins
dubiis transpositio manuum crucis expressit figuram ſagt
Abt Rupert von Deutz.) Das Tragen der wunderbar großen
Traube, welche die Kundſchafter an einer Stange zum Beweis
der außerordentlichen Fruchtbarkeit des gelobten Landes in das
Lager der Hebräer brachten. Dieſer Typus, ſonſt in den
Armenbibeln auf die Taufe angewendet, iſt auch ein Vorbild
Chriſti.
Ferner: Jakob zieht die Rachel vor, Nebukadnezars Traum
von dem Baum, der die ganze Erde überſchattet.
Für die Thürchen des Tabernakels wählte er das Verzehren
des Oſterlamms und das Gaſtmahl des Aſſuerus.
Dieſer letztere Vorſchlag dürfte wohl ernſten Schwierigkeiten
begegnen. Die Tabernakelsthürchen ſind nicht groß genug, um
eine Compoſition von vielen Figuren darauf anbringen zu kön-
nen und es kommt noch darauf an, ob ſie überhaupt einen
Raum für Bilderſchmuck gewähren. Die beſte Thüre iſt ein
eiſengeſchmiedetes Gitter, nach dem Muſter der Gitter an den
alten Sakramentshäuschen. Eine Eiſenthüre iſt nämlich einer
hölzernen vorzuziehen. Abgeſehen von der geringeren Feſtigkeit

Wir haben uns dabei an die beſtehende Vorſchrift zu erin-
nern, daß der Tabernakel nicht als Fußgeſtell von Bildern
dienen darf. Wenn, große Bilder, die ſich prätentiös als Haupt-
ſache hinſtellen, mit Recht verboten ſind, ſo ſind damit kleine
Bildwerke zur Verzierung ſo wenig ausgeſchloſſen, als man be-
haupten kann, an einer Monſtranz als Behälter des Allerhei-
ligſten dürften keine Figuren als Zierde ſtehen. Hierin eben
geben uns die Wandtabernakel die richtige Weiſung an die
Hand, welche von oben bis unten mit einer Menge der herr-
lichſten figuralen Darſtellungen geſchmückt ſind. Dieſe ſind
aber alle ſo gehalten, daß keines von ihnen die Bedeutung des
Tabernakels herabdrückt, im Gegentheile heben ſie dieſelbe auf
die vortheilhafteſte Weiſe. Gerade aus der Analogie der Wand-
tabernakel ziehen wir den Canon, daß alles Bildwerk am Ta-
bernakel den Character der Decoration tragen ſolle. Unter
dieſer Bedingung ſind Bilder an und auf dem Tabernakel nicht
nur geduldet, ſondern mit vollem Recht an ihrem Platze. Wenn
daher die Künſtler die alten Sacramenthäuschen ſtudiren, um
Motive für den ſtyliſtiſchen Aufbau zu ſuchen, ſo thun ſie gut
daran, zugleich dem Bildwerk ihre Aufmerkſamkeit zu ſchenken.
Sie werden eine Maſſe von Darſtellungen finden, aus dem Leben
des Erlöſers beſonders aus der Pafſion, die Grablegung, das
Abendmahl, die hl. Jungfrau, die hl. Apoſtel, die Ortspatrone,
Engel, ſymboliſche Thiere und Zeichen, ſehr häufig an der
Spitze den auferſtandenen Heiland oder den guten Hirten. Hat
man keine lokale Rückſicht in der Wahl der Bilder zu nehmen,
ſo kann man ſich fragen, welche Heiligen am geeignetſten ſeien,
ſo nahe an der Hütte zu ſein, in welcher Gott unter den
Menſchen wohnt, und die Antwort wird nicht ſchwer ſein: die-
jenigen die in ſeinem Erdleben ihm ſo nahe geſtanden haben,
Maria, Joſeph, Johannes der Täüfer und der Evangeliſt, oder
die Fürſten der Apoſtel oder ſolche Heilige, die ſich durch Ver-
ehrung des heil. Sacramentes, des Herzens Jeſu u. ſ. w. aus-
gezeichnet haben.
Eine ganz andere Gedanken- und Bilderreihe eröffnet ſich,
wenn wir nach Art der Evangeliſten und Kirchenväter die
neuteſtamentlichen Thatſachen als Erfüllung der Verheißungen
und Vorbilder im alten Bunde betrachten; da ſteht eine Menge
 
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