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Christlicher Kunstverein der Erzdiözese Freiburg [Hrsg.]
Christliche Kunstblätter: Organ des Christlichen Kunstvereins der Erzdiözese Freiburg — 5.1866

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https://doi.org/10.11588/diglit.7151#0010
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und läßt ſie um den Putzlappen laufen, wie ein Stuͤck Holz,
das abgedreht werden ſoll. Dann glänzen ſie wie neu und
laſſen nicht, wie die verſchnörkelten, ornamentenreichen Leuchter
der modernen Gothik die Reſte des Putzmaterials in den Ver-
tiefungen liegen.

IV. Miscellen.
1. Nürnberg. Baurath Eſſenwein in Graz, der durch
mannigfache Publicationen rühmlichſt bekannte Kunſthiſtoriker
hat einen ehrenvollen Ruf als erſter Director am germaniſchen
Muſeum erhalten und angenommen. Bereits unterm 1. März
1866 hat er in einem Circular an die Mitglieder des gelehr-
ten Ausſchuſſes den Antritt ſeines Amtes angezeigt und dieſe
zu wirkſamer Unterſtützung zur Förderung der Aufgaben des
ſchönen hoffnungsreichen Juſtituts aufgefordert.
2. München. Ueber das in Nr. 49 dieſer Blätter be-
ſprochene angeblich von Albrecht Dürer herrührende geſchnitzte
Crucifix wird jetzt auch aus München berichtet, wo dasſelbe
ausgeſtellt war. Die tüchtigſten Kunſtkenner dort halten dafür,
es ſei nicht von Dürer, weil es zu grob materialiſtiſch, faſt er-
ſchreckend ſei. So habe Dürer doch nie gearbeitet. Er habe
ſtets auch Schönheitsſinn bekundet. Das Monogramm desſel-
ben ſei dem Crucifixe nur angebracht, um dem Gegenſtande
einen guten Klang zu geben; wie denn ſattſam bekannt, daß ſein
Monogramm häufig mißbraucht worden ſei.

Maria Minor aus der Zeit Karls des Großen, womit ein
Nonnen⸗(Benedictinerinnen) Kloſter und eine Herberge für Pilge-
rinnen verbunden war. Sie wurde ſchon ſeit langer Zeit aber
vergeblich geſucht, weßhalb auch andere wichtige Gebaͤude, die
zu ihr in Beziehung ſtanden, nie mit Sicherheit beſtimmt wer-
den konnten. Dieſe Frage, über die faſt ſo viele Meinungen
herrſchten, als Autoren ſchrieben, iſt jetzt durch die Entdeckung
dieſer Kirche entſchieden. Der Entdecker iſt der eifrige Forſcher
Herr Carlo Guarmani, Director der franzöſiſchen Poſt in Je-
ruſalem, der ſich auch ſchon ſeit langer Zeit die Entdeckung
dieſer Kirche zum Gegenſtande ſeiner Forſchungen gemacht hatte.
Erſt vor einigen Wochen gelang es ihm, dieſelbe zu entdecken.
Sie hat drei Schiffe, die durch Säulenreihen getrennt ſind und
in geſonderte Apſiden auslaufen. Die Mitte iſt von einer
Kuppel überwölbt, unter der man noch die Oratorien der Non-
nen ſieht. Sie iſt glücklicherweiſe faſt unverſehrt, was ſie wahr-
ſcheinlich dem Umſtande zu verdanken hat, daß ſie der Mutter
Gottes geweiht iſt, für welche ſelbſt die Türken Verehrung
haben. Sie iſt jedoch vollſtändig mit Schutt überdeckt, weß-
wegen ſie allen Forſchungen entgehen konnte. Der Ort wird
jedoch bis zum Ankaufe des betreffenden Terrains ganz geheim
gehalten, ſo daß nicht einmal der Eigenthümer deſſelben etwas
von der Kirche weiß. Es iſt dies nothwendig, damit nicht ein
enormer Preis für Grund und Boden gefordert werde und da-
mit die ſchöne, alte katholiſche Kirche nicht eine Beute der Schis-
matiker werde, die keine Koſten ſcheuen würden, dieſelbe an ſich
zu bringen.
5. Wien. Jn der letzen Verſammlung der ,,Wiener Bau-
hütte'' hielt Ober-Baurath Fr. Schmidt ſeinen dritten Vor-
trag über die Entwicklung der Renaiſſance in Deutſchland. Als
charakteriſtiſch für dieſes Land ſei hervorzuheben, daß daſelbſt
die Renaiſſance niemals zur vollen Formenentwicklung gelangte
und auch nicht gelangen konnte, weil eine hiſtoriſche Grundlage
hiefür nicht vorhanden war. Aus dieſem Grunde blieb auch
in den meiſten Fällen der gothiſche Formkörper unverändert
und erhielt nur eine Bekleidung im neueren Geſchmacke. Als
Beiſpiel eines ſolchen Bauwerkes verwies der Vortragende auf
das Heidelberger Schloß. Jn Deutſchland begünſtigte auch die
Renaiſſance den Ziegelbau und eigenthümlich ſei hierbei die
Verbindung des Ornamentes mit einem derartigen ungefügigen
Materiale. Auf Oeſterreich ſpeciell übergehend, hob der Red-
ner hervor, daß hier durch die Begünſtigung des Landesfürſten
die Renaiſſance einen beſonders fruchtbaren Boden gewonnen
habe. Während man im Norden Deutſchlands nur ſchüchtern
die neuen Formen acceptirte und ziemlich zäh an der Gothik
feſthielt, ebneten in Oeſterreich italieniſche Baumeiſter mit Leich-
tigkeit hiefür den Boden, ohne aber wahrhaft Bedeutendes zu
Stande zu bringen. Die Umgeſtaltung des Baukörpers in Deutſch-
land war anderen Zeiten vorbehalten, wo die Uebermacht Ein-
zelner ſich über Tradition und Volksſinn hinwegſetzte.

3. Berlin. Ein erfreulicher Beweis dafür, wie man
auch proteſtantiſcherſeits über den modernen Ungeſchmack hinweg
zur künſtleriſchen Ausſtattung der Kirchen ſich an die mittelalter-
liche Kunſtblüthe anſchließt und dadurch in eine Strömung ein-
biegt, welche, reich an Keimen des Beſſeren ſchon ſeit lange
das katholiſch-kirchliche Leben erfriſcht, iſt ein bei Amſler und
Ruthardt in Berlin erſchienenes Werkchen, betitelt ,,Evangeliſche
Kirchen⸗Ornamentik,'' eine Muſterſammlung von Gegenſtänden,
welche auf eine möglichſt würdige Ausſtattung evangeliſcher
Kirchen abzwecken. Wir freuen uns jedesmal, von ſolchen
Regungen in der proteſtantiſchen Kirche Notiz nehmen zu kön-
nen, weil darin eine Erhebung zu den wahrhaft erquickenden
Mitteln des chriſtlichen Lebens, ſofern dieſe in chriſtlicher Kunſt-
ſchönheit liegen, enthalten iſt. Ein kurze, aber aus einem fei-
nen und frommen Sinne hervorgegangene Einleitung ſpricht
ſich über die Veranlaſſung, welche zu dem Büchlein geführt hat,
aus, und wer möchte nicht mit dem Verfaſſer derſelben überein-
ſtimmen, wenn er darin klagt: ,,Wie wenig entſpricht doch in
den meiſten Fällen die ohnehin leider ſo geringe Zahl unſerer
Gotteshäuſer ihrem frommen Zwecke, äußerlich die Gemeinde
andächtig zu ſtimmen und für höhere Eindrücke empfänglich zu
machen! Wie willkürlich, dürftig, leer, kalt und unfeierlich ſind
doch leider die meiſten Kirchen, Capellen und Bethäuſer, in
welche der Trieb der ſchaffenden Liebe, ſo wie der chriſtliche
Kunſtſinn und das Verlangen, die Heiligkeit des Ortes durch
edlen Schmuck auszuprägen, noch nicht eindringen kounten; wie
ſtörend ſind neben den überlieferten Reſten der frommen Vor-
zeit, namentlich der gothiſchen Baukunſt, in denen ſich die Ge-
bete der Jahrhunderte verkörpert zu haben ſcheinen, die nüch-
ternen nackten Wände unſerer Bauwerke, die neben den groß-
artigen weſtlichen Prachtbauten und ſogar ueben vielen Privat-
gebauden ſo kleinlich und dürftig erſcheinen.
4. Man ſchreibt aus Jer u ſalem, 9. März, über die Ent-
deckung einer alten unterirdiſchen Kirche in der Nähe der heil.
Grabkirche. Es iſt die von älteren Autoren oft erwähnte

V. Correſpondenz

Für den christlichen Knstverein sind Boiträge eingegaeu:, von
Ern. Pfr. Kun in Mingolsheim Jahresb. für 186s wit 1 fl. 15 Hr.;
dito von Pkr. Grossmann in Oestringen; von Decan Eaas in Kronau;
von Pfr. Stratthaus in Stettfeld; von Pfr V inde1 in St. Leon; von
Pfr. Bauer in Odenheim; von Pfr. Oberls in Zeutern zusammen 8 fi.
4b r. — Von Hrn. Ptr. PrässLe in Griessen Eintritt- und anresb.
2 fl. 15 kr.; von Pfrv. Moser in Gengenbach ahresb. fr 1865 mit
1i. 15 r.; von Decan Zu gsehwordt in Markelfingen ahresb. für 1865
und 1866 mit 2f1 30 r.; von Pkr. Vissert in altershofen ahresb.
1fl. 15 Er.; von Pfr. Gehri u Honstetten für 1865 und 1866mit 2 fl.
30 Rr.; von Stadtpfr. Freund zu Maldcireh für 1866 mit 1 fl. 15 Xr. Er-
gibt dis Gesammtsums on 9 . 45 kr. der Beitrage im . ss6.

Verantwortliche Redaetion: Dr. Stephan Braun. — Druck und Verlag von J. Dilger in Freiburg
 
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