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Christlicher Kunstverein der Erzdiözese Freiburg [Editor]
Christliche Kunstblätter: Organ des Christlichen Kunstvereins der Erzdiözese Freiburg — 9.1870

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https://doi.org/10.11588/diglit.7146#0043
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Chriſtliche

Kunſtblätter

Organ des chriſtlichen Knnſtvereins der Erzdiöceſe Freiburg
(Beilage zum Freiburger Kirchenblatt.)

Nro. 107 u. 108.

Domine diloxi decorem domus tuae. Ps. 25, 8.

1870.

Die hl. Apoſtelfürſten Petrus und Paulus in der
bildenden Kunſt.
Von . Eckl in München

führten Beſchreibung des Nicephorus ) oder der Beſchreibung
irgend einer alten Schilderung entnommen; gewiß iſt, daß es
mit all' unſeren gewöhnlichen Vorſtellungen von St. Peter's
Temperament und Charakter im vollen Einklang ſteht. Er iſt
ein robuſter Greis von mittlerer Statur mit einer breiten Stirne
und faſt derben Geſichtszügen, einem offenen, unerſchrockenen
Antlitz, kurzem grauem Haare und kurzem, dickem, gekräuſeltem
und ſilberweißem Barte; nach der Beſchreibung des Nicephorus
hatte er rothe ſchwache Augen. Auf einigen älteren Gemälden
iſt er am oberen Theile des Hauptes kahl und das Haar wächst
dick in einem Kreiſe herum, was eine Art Tonſur bildet;
auf einigen Bildern hat dieſe Tonſur die Geſtalt einer drei-
fachen Reihe von Locken, eine Art Tiara. Eine ſeltſame
Ausnahme von dieſem herrſchenden, faſt allgemeinen Urbilde
findet man in der angelſächſiſchen Kunſt, wo der hl. Petrus
ſtets bartlos iſt und die Tonſur trägt, ſo daß man ihn nur
wegen der Schlüſſel, welche in einem Ringe an ſeinem Finger
hängen, nicht für einen ältlichen Mönch halten kann. Es gibt
eine Tradition, daß die Heiden dem hl. Petrus das Haupt-
haar geſchoren haben, um ihn lächerlich zu machen, und daß
dies der Urſprung der prieſterlichen Tonſur geweſen ſei.
Die Kleidung des hl. Petrus auf den Moſaikbildern und
griechiſchen Gemälden iſt eine blaue Tunica mit weißem darüber-
geworfenem Oberkleide, aber gewöhnlich ſind die eigentlichen
Farben eine blaue oder grane Tunica mit einem gelben Ober-
kleid. Auf den älteren Sarkophagen und auf den älteſten
Kirchenmoſaikbildern trägt er bloß eine Rolle oder ein Buch,
und iſt, mit Ausnahme ſeines charakteriſtiſchen Kopfes, dem
hl. Paulus vollkommen ähnlich; etwas ſpäter finden wir ihn
mit einem Kreuz in der einen und dem Evangelium in der
anderen Hand. Die Schlüſſel in ſeiner Hand erſcheinen als
ſein beſonderes Attribut erſt um das achte Jahrhundert. Man
ſieht ihn wohl auch mit nur Einem großen Schlüſſel, aber
gewöhnlich trägt er deren zwei, und zwar einen goldenen und

Der heilige Petrus und der heilige Paulus nehmen als
Apoſtel und Prediger des Wortes Gottes in der Reihe der
Apoſtel den erſten Platz ein. Schon während ihres Lebens
wurde ihnen ein Vorrang eingeräumt, und dieſer Vorrang iſt
ihnen auch, als den anerkannten Häuptern und Gründern der
chriſtlichen Kirche unter Chriſtus bis auf die Gegenwart herab
zugeſtanden worden. Doch hat der heilige Petrus, gemäß der
ihm ausſchließlich verliehenen Prärogative nach allgemeiner Ueber-
einſtimmung den Vorzug vor dem heiligen Paulus; aber man
nimmt an, daß ſie an Glauben, Verdienſt und Heiligkeit ganz
gleich ſeien.
Die ältere Kirche wurde ſtets unter zwei großen Ab-
theilungen betrachtet: die Kirche der bekehrten Juden
und die Kirche der bekehrten Heiden. Die erſtere wurde
durch den hl. Petrus, die letztere durch den hl. Paulus
repräſentirt. Wenn ſie in dieſer gegenſeitigen Beziehnng bei-
ſammen ſtehen, dann bedeuten ſie die geſammte Kirche Chriſti, —
weßhalb ſie auf Werken der Kunſt nur ſelten getrennt und in
der ganzen kirchlichen Decoration überhaupt unentbehrlich ſind.
Jhr ihnen zuvorkommender Platz iſt zu beiden Seiten des
Heilandes oder der auf dem Throne ſitzenden hl. Jungfrau,
oder auf beiden Seiten des Altars, oder auf jeder Seite des
Bogens über dem Chor. Wo ſie nicht blos als Apoſtel, ſondern
auch als Gründer der Kirche beiſammen ſtehen, da iſt ihr
Platz gleich nach den Evangeliſten und den Propheten.
Da man ſie ſo ſtets in Geſellſchaft beiſammen findet, wird
es nothwendig, ſie von einander zu unterſcheiden; denn St.
Petrus trägt nicht immer die Schlüſſel, noch St. Paulus immer
das Schwert. Jn den älteſten Bildern wurden dieſe Attribute
ganz und gar weggelaſſen; aber es wird kaum eines exiſtiren,
auf welchem nicht mehr oder weniger ein beſtimmter Typus des
Kopfes beobachtet wurde.
Das alte griechiſche Urbild des Kopfes des heiligen Petrus,
des Piloten des galiläiſchen Meeres'' iſt ſo ſtreng charakteriſirt,
als wäre es ein Portrait. Es iſt entweder der ſo oft ange-

) Vergl. den petriniſchen Typus nach Nicephorus Kalliſti, wie er
den Kirchenbildern zu Grunde gelegt wurde, bei Didron, man. pag.
300: ,Petrus non alta corporis statnra fuit, sed mediocri; capilli erispi
et densi, oculi quasi sanguine respersi et nigri, supercilia sublata, nasus
non in acumen desinens, sed pressus imusque magis.
 
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