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Christlicher Kunstverein der Erzdiözese Freiburg [Hrsg.]
Christliche Kunstblätter: Organ des Christlichen Kunstvereins der Erzdiözese Freiburg — 10.1871

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https://doi.org/10.11588/diglit.7145#0033
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Chriſtliche

Kunſtblätter.

Organ des chriſtlichen Kunſtvereins der Erzdiöceſe reiburg.
(Beilage zum Freiburger Kirchenblatt.)

Nro. 117.

Domino diloxi decorem domus tuae. Ps. 25, 8.

1871.

Die hl. Apoſtelfürſten Petrus und Paulus in der
bildenden Kunſt.
(Fortſetzung.)

ſiſchen Thore, zwei Meilen von Rom entfernt, an dem Platze,
der damals den Namen ,,ad Aquas Silvias'' hatte, enthauptet, und
wo heutzutage die berühmte Kirche ,,S. Paolo alle tre Fon-
tane', St. Paul mit den drei Quellen, heißt. Die Legende
von dem Tode des heil. Paulus erzählt, daß eine römiſche
Matrone, Namens Plautilla, eine der Bekehrten des hl. Petrus,
ſich an die Straße ſtellte, auf welcher der hl. Paulus zu ſeinem
Martyrtod gehen mußte, um ihn noch ein Mal und zwar zum
letzten Male zu ſehen. Und als ſie ihn ſah, weinte ſie bitter-
lich und bat ihn um ſeinen Segen. Da der hl. Apoſtel ihren
Glauben ſah, wandte er ſich ihr zu und erſuchte ſie um ihren
Schleier, damit er mit demſelben ſeine Augen verbinden könnte,
wenn er enthauptet würde, indem er ihr verſprach, daß er ihr
denſelben nach ſeinem Tode zurückſtellen würde. Die Anweſenden
ſpotteten über ein ſolches Verſprechen; aber Plautilla nahm mit
dem Glauben und der chriſtlichen Liebe eines Weibes den Schleier
ab und gab ihn dem Apoſtel. Nach ſeiner Hinrichtung erſchien
er ihr und ſtellte ihr den mit ſeinem Blute befleckten Schleier
zurück, und nach der Legende ſprang ſein Haupt, nachdem es
vom Leibe getrennt worden, drei Mal von der Erde empor und
entquollen den von demſelben berührten Stellen friſche Quellen,
die noch jetzt reichlich fließen und mit Marmoraltären über-
baut ſind.
Jn den älteſten Darſtellungen des Martyrtodes des hl.
Panlus wird die Legende der hl. Plautilla nur ſelten über-
gangen. Jn dem Gemälde Giotto's, welches in der Sacriſtei
der St. Peterskirche aufbewahrt iſt, ſieht man Plautilla auf
einer Anhöhe im Hintergrunde, wie ſie den Schleier aus der
Hand des in den Wolken erſcheinenden Paulus empfängt. Die-
ſelbe Darſtellung mit einer kleinen Veränderung befindet ſich
auch auf den Bronzethoren der St. Peterskirche in Basrelief
ausgeführt. Die drei neben dem getrennten Haupte entſprin-
genden Brunnen ſind ebenfalls häufig als eine buchſtäbliche
Thatſache dargeſtellt.
Meiſter Francesco da Livida, ein Jtaliener, hat
das ,,Martyrium des hl. Paulus'' auf einem Glas-
gemälde, welches nebſt anderen die Fenſter der Frauenkirche
zu Lübeck ſchmückt und für das 15. Jahrhundert als Zeuge

b. Der hl. Paulns.
,,Panl, den Neubekehrten zu Epheſus predigend.'' Jn
einem herrlichen raphacliſchen Gemälde von Le Sueur iſt
die Begebenheit mit den Zauberern, welche ihre Zauberbücher
herbeibringen und zu den Füßen des Apoſtels verbrennen, recht
ſchön dargeſtellt. Es beſtand lange Zeit die Gewohnheit, dieſes
Gemälde in der Notre-Dame zu Paris alle Jahre am 1. Mai
feierlich auszuſtellen. Jetzt befindet ſich dieſes Gemälde im Louvre.
,Paulus vor Felix'' und ,,Paulus vor Agrippa''; keines
dieſer beiden Gemälde iſt richtig behandelt worden. Es iſt
unbegreiflich, daß die alten Meiſter die günſtige Gelegenheit zu
einer großartigen charakteriſtiſchen Zeichnung, die durch dieſe
beiden Scenen, beſonders durch die letztere, geboten wäre, ſo
vollſtändig überſehen haben. Vielleicht werden wir, indem wir
die Darſtellungsfähigkeit würdigen, durch die Wirkung verleitet,
welche die glänzende Beredſamkeit des Apoſtels auf die Ein-
bildungskraft hervorbringt; aber wenn etwa ein zweiter Raphael
aufſtünde, dann würden wir ihm dieſen Gegenſtand als ein
Gegenſtück zum hl. Paulus zu Athen empfehlen.
,St. Paul wirkt Wunder vor dem Kaiſer Nero.'' Ein
blinder Mann, ein krankes Kind und ein vom Teufel beſeſ-
ſenes Weib werden vor ihn gebracht, um geheilt zu werden.
Dieſes Sujet, wiewohl es mehr der Legende als der heiligen
Schrift angehört, wurde von Le Sueur mit der ſchriftgemäßen
Würde und Einfachheit behandelt.
,,Das Martyrthum des hl. Paulus'' iſt zuweilen
ein beſonderes Sujet, aber in der Regel ein Gegenſtück zum
Martyrthum des hl. Petrus. Nach der angenommenen Tra-
dition erlitten die beiden Apoſtel zu derſelben Zeit, aber an
verſchiedenen Orten, den Martyrtod; denn der hl. Paulus
entging, da er römiſcher Bürger war, ſowohl der Schmach
der öffentlichen Ausſtellung im Circus, als auch der lang-
dauernden Qual der Kreuzigung. Er ward vor dem Oſtien-
 
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