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Christlicher Kunstverein der Erzdiözese Freiburg [Hrsg.]
Christliche Kunstblätter: Organ des Christlichen Kunstvereins der Erzdiözese Freiburg — 11.1872

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https://doi.org/10.11588/diglit.7189#0009
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Chriſtliche

Kunſtblätter.

Organ des chriſtlichen Kunſtvereins der Erzdiöceſe Freiburg
(Beilage zum Freiburger Kirchenblatt.)

Nro. 123.

Domine dilexi decorem domus tuae. Ps. 25, 8.

1872.

Färbung der Kirchen.

Mühe erſparen, ſo bildet der gleichförmige Erdocker, wie man
ihn kauft, ein gutes Surrogat.
Die natürlichen Steinfugen kann man mit gedämpftem
Weiß herausſtreichen. Wie gut ſich Letzteres anſieht, auch bei
dem natürlichen, ungefärbten Tuff, zeigt z. B. die St. Leon-
hardkirche zu Tamsweg.

So viel bezüglich der ausgezeichneten, aus Stein herge-
ſtellten Bauglieder.

Wir wollen drei Grundſätze für die einfache Färbung von
Kirchen aufſtellen, und dabei recht nahe bei der Praxis des
Mittelalters bleiben.
1. Wenn das Material ſchöngefügter Hauſtein iſt, wie er
wenigſtens für die ausgezeichneten Bauglieder, als Sockel,
Pfeiler, Gurten, Fenſterlaibungen rc. früher oft und jetzt auch
wieder hier und da in Anwendung kommt, ſo laſſe man ihn
in ſeiner Naturfarbe; denn da der Stein immer das ſchönſte,
koſtbarſte und ſinnreichſte Material für Kirchenbauten bleibt,
ſo iſt kein Grund vorhanden, ihn zu verläugnen oder mit
irgend einer Farbe zu verhüllen.
Jſt der Bau alt und der Hauſtein früher ſchon übertüncht
worden, ſo ſoll man ihn bloslegen, wenn es angeht ); für
den Dom zu Seckau z. B. möchten wir hiermit ein Wort ein-
legen, daß eine Reſtaurirung in dieſem Sinne in Angriff ge-
nommen werde. Dieſe Arbeit des Bloßlegens iſt nicht mit
unmäßigen Koſten verbunden; jedenfalls lohnt ſie ſich hin-
länglich durch Enthüllung der koſtbaren Structur. Wo aber
ſolches Verfahren nicht angewendet werden kann, z. B. bei
ſtark poröſem Tuff, in deſſen große Poren ſich die Tünche tief
hineingelegt hat, da gebe man dem Steine ſeine natürliche
Farbe, wie es in neueſter Zeit (freilich um einige Töne zu
dunkel) zu St. Leonhard in Murau geſchehen iſt. Um dieſe
natürliche Farbe des Steines herzuſtellen, ſucht man am beſten
die verwendete Steinart in der Umgegend zu finden, zerreibt
eine genügende Menge und miſcht damit die Tünche bis zu
jener Sattheit der Farbe, welche der Naturfarbe des Steines
am nächſten kommt. So iſt z. B. natürlicher gelber oder
rother Tuff faſt in jeder Gegend zu finden, wo er zu Bauten
ehedem verwendet worden iſt. Will man ſich jedoch auch dieſe

2. Was nun aber die Färbung der Wände betrifft, welche
aus unregelmäßigen Bruchſteinen oder Ziegeln conſtruirt und
verputzt ſind, ſo iſt vor Allem der Grundſatz feſtzuhalten, daß
ſich dieſelbe nach der Farbe der kräftig hervortretenden Bau-
glieder (Pfeiler, Rippen, Geſimſe rc.) zu richten habe; im
Allgemeinen ſind die Wände in der Farbe dieſer Letzteren, aber
um zwei, drei Abtönungen lichter zu halten, niemals jedoch
dunkler! Die Rippen rc. lichter machen, als die Wände, iſt
unnatürlich; denn was als tragendes Glied durch ſeine Natur
und Beſtimmung kräftiger iſt, muß auch in der Farbe kräftiger
erſcheinen. Das Gewölbe und ſpeciell die Gewölbekappen müſſen
als der leichteſte, den höchſten Lichtraum bildende Theil noch
lichter gehalten werden als die Wände, und zwar wieder um
zwei oder drei Abtönungen derſelben Farbe. Ein dunkel ge-
färbtes Gewölbe iſt drückend.
Wie ſchon früher bemerkt, muß man warme Farben nehmen,
die einen ſtärkern oder ſchwächern Stich in's Röthlichgelbe haben.
Ueber die paſſende Miſchung der Farben und über die Wahl
der Farbſtoffe hoffen wir nächſtens zuhandeln.
3. Das Aeußere der Kirche ſoll man gar nicht färben.
Denn wendet man nicht koſtſpielige Farbſtoffe und eine koſt-
ſpielige Behandlung an, ſo iſt Wind, Regen und Sonne mit
einer ſolchen Schminke bald fertig; und man weiß ſchon, wie
ſchön ein Geſicht iſt, dem die Schminke ſchleißig wird.
Dem Charakter des Gotteshauſes, den großen und kräftigen
Formen ſeiner Architektur ſteht das ungeglättete, altersgraue
Ausſehen wohl an, welches außer dem Steine ein grober
Mörtelverwurf verleiht. Die Alten haben meiſt nur groben
Verputz angewendet, jedoch denſelben recht ſtark ausgeſpritzt.
Wir wiſſen, daß ſolcher Verwurf aller Ungunſt der Witterung

*) Reichenſperger, ,,Fingerzeige'', S. 44 ſagt: ,,Wo durch aufge-
legte Tünche oder Oelfarbe der Hauſtein unſichtbar geworden iſt, ent-
ferne man beſagten Kleiſter. Zu dieſem Zwecke eignen ſich hölzerne
Werkzeuge am beſten. Jn den meiſten Fällen reicht ſogar das bloße
Abwaſchen aus, und zwar, wo Oelfarbe zu beſeitigen iſt, mit einer
Auflöſung von amerikaniſcher Pottaſche, wovon etwa ein Pfund auf
eine Flaſche Waſſer kommt.
 
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