Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Christlicher Kunstverein der Erzdiözese Freiburg [Hrsg.]
Christliche Kunstblätter: Organ des Christlichen Kunstvereins der Erzdiözese Freiburg — 12.1873

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7190#0001
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Chriſtliche

Kunſtblätter.

Orgun des riſtlichen Kunſvereins der Erzdiöceſe reiburg.
(Beilage zum Freiburger Kirchenblatt.)

Nro. 132.

Domine diloxi decorem domus tuae. Ps. 25, 8.

1873.

manier geſtochenen, ſondern ganz ausgeführte Blatt hatte zwar
noch manche Mängel, enthielt aber auch große Schönheiten,
und in Folge dieſer Arbeit ward dem jungen Meiſter in der
Academie ein großes Atelier eingeräumt, wo er neben der
eigenen Arbeit die erſten Anfänge einiger Schüler leiten konnte,
die ſich ihm angeſchloſſen hatten. Nach Tholett's Tode im Jahre
1839 ward Keller proviſoriſchzum Lehrer der Kupferſtecherkunſt
und 1845 zum Profeſſor an der Academie ernannt. Jnzwiſchen
hatte ihm der rheiniſch-weſtfäliſche Kunſtverein einen ſehr beden-
tenden Auftrag ertheilt, nämlich Rafaels Wandgemälde im
Vatican, die,,Disputa'', zu ſtechen, und zwar in einer die
früheren Nachbildungen dieſes Werkes weit übertreffenden Größe
und Ausführung. Keller reiste deshalb 1841 über Paris nach
Rom, wo er his 1844 blieb und eine allgemein bewunderte
Zeichnung nach dem Originalgemälde ausführte. Nach Düſſel-
dorf zurückgekehrt, ſtach er zuerſt ein Blatt nach einem andern
Rafaeliſchen Frescobilde in Perugia, ,,die heil. Dreifaltigkeit'',
und begann dann den Stich der Disputa, welcher ſeine Thätig-
keit auf viele Jahre in Anſpruch nahm. Neben dieſem großen
Werke führte der Meiſter noch mehrere bedeutende Arbeiten
und eine Anzahl von kleineren Blättern aus, zum Theil Jllu-
ſtrationen zu Gebetbüchern.
Zu den erſteren gehören die ,,Himmelskönigin'' nach einem
Bilde von Deger; ,,der Heiland im Grabe, von den heiligen
Frauen umgeben'', nach einem Bilde von Ary Scheffer, und
nochmals eine ,,Himmelskönigin'' nach einem andern Gemälde
von Deger. Nach Vollendung dieſer Stiche ſowie der ,,Disputa''
begann der Meiſter dann die Nachbildung von Rafaels ſixti-
niſcher Madonna, diesmal jedoch nicht nach eigener, ſondern
nach einer Zeichnung von Schurich in Dresden, welche er aber
ſelbſt retouchirt hat. Der Stich, welcher im vorigen Jahre
erſchien, iſt Kellers ſchönſte Arbeit und hat ihm von allen
Seiten die ehrendſte Anerkennung eingetragen, die ihm denn
überhaupt bei allen ſeinen Arbeiten nicht gefehlt hat. Ver-
ſchiedene Fürſten haben den Meiſter mit Orden geehrt, in
Paris hatte er ſchon früher die goldene Medaille erhalten.
Kellers frühere Werke ſind mit Ausnahme des ,,Roland''
mehr oder minder Cartonſtiche von großer Feinheit der Zeich-
nung und zarteſter Behandlung, jedoch nicht ohne Streben nach

Kupferſtecher oſeph Keller.
Der Kupferſtecher Profeſſor Joſeph Keller, welcheram
30. Mai im Alter von 62 Jahren zu Düſſeldorf ſtarb, war
einer der tüchtigſten Künſtler, welche die Düſſeldorfer Schule
hervorgebracht hat, und in ſeinem Fache einer der erſten Meiſter
der neuern Zeit. Aeußerſt conſequent fortſchreitend, hat Keller
ſich mit jedem Werke vervollkommnet, und ſeine letzte Arbeit,
der große Stich nach Rafaels Madonna di San Siſto, iſt
zugleich ſeine bedeutendſte und beſte und überhaupt einer der
beſten modernen Stiche. Es iſt dabei ſehr bemerkenswerth, daß
Keller ſich faſt ganz als Autodidact gebildet und, ſpäter der
Lehrer und Leiter einer bedeutenden Stecherſchule, ſelbſt keinen
eigentlichen Meiſter gehabt hat. Jm Jahre 1811 zu Linz am
Rhein geboren, erhielt er nur einen ziemlich dürftigen Zeichen-
unterricht auf dem Gymnaſium ſeiner Vaterſtadt und kam dann
mit 17 Jahren nach Bonn, um in der Anſtalt von Schulgen-
Bettendorff ſich der Kupferſtecherkunſt zu widmen. Jn dieſer
Anſtalt jedoch, welche nur Unbedeutendes und Handwerksmäßiges
lieferte, konnte er nicht gefördert werden, und ſo begann er
dann auf eigene Hand und mit Benutzung älterer Muſterblätter
ſich in der Linienmanier auszubilden. Seine erſten Arbeiten
waren zwei Stiche nach den Cartons zu den Wandgemälden in
der Aula der Bonner Univerſität, die ,,Theologie'' von Her-
mann und die ,,Philoſophie'' von Götzenberger. Dieſe Erſtlings-
arbeiten bekundeten wenigſtens das Talent und das ernſte
Streben des jungen Künſtlers, der in Bonn freilich keinerlei
Förderung fand und finden konnte und ſich deshalb nach Düſſel-
dorf wandte, wo damals die neue Kunſtſchule in ihrer erſten
Blüthe ſtand. Aber dieſer Schule fehlte es ſelbſt an einem
Meiſter der Kupferſtecherkunſt, denn der Profeſſor Thelott ver-
waltete, durch hohes Alter unfähig, dieſes Amt nur ſcheinbar
und war überhaupt niemals ein Meiſter von einiger Bedeutung
geweſen. So war denn Keller für den techniſchen Theil ſeiner
Kunſt auch hier nur auf ſich ſelbſt angewieſen, begann jedoch
unter dem Beirath und der Leitung von Julius Hübner einen
Stich nach deſſen Bilde, ,,Roland, der die Princeſſin Jſabella
aus der Räuberhöhle befreit''. Dieſes für die damaligen Um-
ſtände bedeutende, nicht wie die beiden früheren nur in Carton-
 
Annotationen