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Christlicher Kunstverein der Erzdiözese Freiburg [Hrsg.]
Christliche Kunstblätter: Organ des Christlichen Kunstvereins der Erzdiözese Freiburg — 12.1873

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https://doi.org/10.11588/diglit.7190#0002
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— 232 —

Farbe und mit mehr maleriſcher Wirkung, als ſie ſonſt den
Stechern der romantiſchen Schule eigen iſt. Jn der ,, Disputa''
verſuchte er letzter Hand mehr Farbe und Wirkung zu erreichen,
als wohl urſprünglich beabſichtigt war, und nicht ganz zum
Vortheile des Blattes. Der ,,Heiland im Grabe'' nach Scheffer
und die beiden Madonnen nach Deger ſind hingegen in Farbe
und Wirkung trefflich durchgeführte Blätter und beſonders die
zweite Himmelskönigin von ausgezeichneter Feinheit der Zeich-
nung und Schönheit der Behandlung. Wie ſchon geſagt, hat
er aber alle ſeine früheren Arbeiten in dem Stiche der Sixtina
übertroffen. Der Tod hat ihn inmitten großer Projecte abge-
rufen; trotz vorgerückter Jahre und ſchwacher Geſundheit ging
er mit der Abſicht um, die Rafaeliſchen Cartons von Hampton-
court zu ſtechen, ein gewaltiges Unternehmen, welches mit der
ihm eigenen Gewiſſenhaftigkeit auch ein jüngerer Mann nicht
wohl hätte zum Ziele führen können. Als Lehrer hat Keller
ſehr nützlich gewirkt und jüngere Meiſter in die Kunſt einge-
leitet, von denen die meiſten zwar eigene Wege eingeſchlagen
haben, aber in Strenge und Feinheit der Zeichnung der ur-
ſprünglichen Schultradition treu geblieben ſind, ſo daß die
Düſſeldorfer Knpferſtecherſchule einen ſehr hervorragenden Rang
und vielleicht den erſten in der Gegenwart einnimmt. (K. Z.)

geſchloſſene Gruppirung. Nicht eine Linie ſtört, gerade ſo und
nicht anders müſſen alle Geſtalten ſich zuſammenſchließen. Alle
Blicke und Bewegungen ſodann leiten zumal auf den einen
Punkt, das göttliche Kind in der Krippe. Es iſt ein ſüßer
Accord, in welchem Staunen und Anbetung, erfülltes Sehnen
und liebende Hingebung aus den Herzen der Himmel- und
Erdenbewohner zuſammenklingen. Alle Geſtalten ohne Aus-
nahme ſind lebenswarm gehalten, voll Adel in Bildung und
Ausdruck. Jnsbeſondere iſt die Hochgebenedeite, wie ſie voll
inniger Ehrfurcht und Zärtlichkeit über das heilige Kind ſich
beugt, in ſolch heiligem Liebreiz und mit einer ſo glücklichen
Vereinigung des jungfräulichen und mütterlichen Charakters
dargeſtellt, wie das nicht oft gelungen ſein wird. Die Engel-
geſtalten aber prägen eine Grazie, eine Jnnigkeit, einen Adel
aus, daß ſie auch ohne Flügel nur Himmliſchen angehören
können. Die Thierwelt nicht zu vergeſſen, trägt auch dieſe
durch ihr zutrauliches Anſchmiegen bei zum weihevollen Ein-
druck dieſer Darſtellung der ,,heiligen Nacht'', die den Frieden
gebracht — Allen, die ihn wollen. Von der techniſch ſorg-
fältigen Durchführung des Einzelnen wollen wir gar nicht
reden; dieſe erwarten wir von vornherein von unſeren hervor-
ragenden Künſtlern, wie uicht minder das Streben nach Claſ-
ſicität und Freiſein von aller Manirtheit und Effecthaſcherei.
Glück auf, Meiſter Kolp! Der Berichterſtatter erfreut ſich
oft dankbar an der Photographie und friediget und wärmt ſich
in Betrachtung Jhrer heiligen Nacht gegen die rohe und kalte
Wirklichkeit mit ihrer Friedloſigkeit und ihrem ekeligen Haſſe.
Wäre es erlaubt, ſo möchte man die Engländer beneiden, daß
ſie reicher ſind und Werke, wie die von Kolp und Beyrer, nach
ihrer Juſel entführen können. (A. Pz)

Die Anbetung der Hirten von Kolp in München.
Nachdem jüngſt in dieſem Blatte die nach Birmingham
gekommene plaſtiſche Darſtellung der Anbetung der Weiſen von
Beyrer eingehend geſchildert und der gerechten Freude über
dieſe Leiſtung Ausdruck gegeben worden iſt, dürfte es billig
ſein, das von ſeinem Kunſtgenoſſen Kolp geſchaffene Gegen-
ſtück, die Anbetung der Hirten darſtellend, ebenfalls- einläßlicher
zu beſprechen, zumal bei Ausſtellung der beiden Werke das
Urtheil der Beſchauer darüber ſchwankte, welchem von beiden
der erſte Preis zuzuerkennen ſei. Die äußere Anordnung, ſowie
die Größe (ungefähr drei Viertheile der natürlichen Größe) iſt
beiden Holzſculpturwerken, da ſie am Beſtimmungsort ein-
ander zu correſpondiren haben, dieſelbe. Auch bei dem Kolp'⸗
ſchen Werke nehmen die Hauptgeſtalten, das göttliche Kind mit
der Mutter, die erhöhte Mitte ein; der neugeborne Sohn
Gottes liegt mit ausgeſtreckten Aermchen in einer mit Stroh
belegten Krippe; daneben ſitzt Maria, den rechten Arm ſorglich
um das Kind gelegt und mit der linken Hand die Windel
hinter dem erhöht liegenden Köpfchen emporhebend, um den
unter der Erhöhung ſeitlich knieenden Hirten das Kind zu
zeigen. Der Hirten ſind zwei, der eine in der Haltung ehrer-
bietigen Staunens, der andere das vor ihm liegende Lamm
mit darauf gelegter Rechten zur Gabe anbietend. Seitlich neben
dieſem ſteht ein freudig bewegter Hirtenknabe, ein Blasinſtru-
ment in der Hand. Oben nun zur Linken der heiligen Mutter
ſteht die treuherzige Geſtalt des heiligen Joſeph in einen Mantel
gekleidet, einen Pilgerſtab in der Rechten und die Linke an die
Bruſt gelegt, ſelig auf den Neugebornen blickend und wie be-
reit, mit ihm ſchützend zu wandern, wohin es auch ſei. Rechts
und etwas rückwärts vom göttlichen Kinde ſind zwei Engel
niedergeſchwebt, der eine in Anbetung verſunken, der andere,
der die Schwingen vom Fluge noch nicht geſenkt hat, durch
den über Maria ausgeſtreckten Arm ſich als beſtellten Beſchützer
der heiligen Familie kundgebend. Durch ihre Haltung ſchließt
dieſe Engelsgeſtalt zugleich in reizender Weiſe die Gruppe nach
Oben ab. Hinter der geſchilderten Geſammtgruppe werden Ochs
und Eſel theilweiſe ſichtbar, während an den Seiten Schafe
und Lämmer die abrundende Füllung geben. Was nun von
vornherein den Beſchauer wohlthuend einnimmt, das iſt die
wohlbemeſſene und gleichwohl natürliche, völlig abgerundete und

Bur kirchenmuſikaliſchen iteratur
Musica ecclesiastica catholica: Die katholiſche Kirchen-
muſik. Eine leichtfaßliche Darſtellung der allgemeinen Muſik-,
Harmonie⸗ und Compoſitionslehre nach den Grundſätzen der
Meiſter wahrer kirchlicher Tonkunſt von Ferd. Krieger.
Freiburg i. B., Herder 1872. Preis: 3 fl.
P. Anſelm Schubiger zu Einſiedeln widmet dieſem treff-
lichen Werk in der ,,Cäcilia'' 1873 Nr. 4 folgende Beſprechung:
Wenn wir dieſem, von anerkannten Fachmännern ſchon in
einer andern Zeitſchrift beſprochenen und empfohlenen Werke
auch in der ,,Cäcilia'' unſere Aufmerkſamkeit widmen, ſo ge-
ſchieht dies keineswegs, um etwa den Anſichten der gedachten
Männer zu widerſprechen, ſondern vielmehr um ihrer günſtigen
Beurtheilung von ganzem Herzen beizupflichten. Der Hr. Ver-
faſſer bietet da den Freunden und Schülern der alten Ton-
ſetzkunſt ein ebenſo leichtfaßliches, als der Hauptſache nach
vollſtändiges Unterrichtswerk der Muſik-, Harmonie- und Com-
poſitionslehre nach den Grundſätzen der älteren und berühmteſten
Tonmeiſter. So umfaßt ſein 343 Octavſeiten enthaltendes Buch
im erſten, die Elementartheorie behandelnden Theile: die Lehre
über die Töne, Tonſyſtem, Tongeſchlecht, Tonleiter, Tonarten,
Jntervalle, die alte griechiſche, neumatiſche, Quadrat- und Men-
ſural-Notenſchrift, das moderne Notenſyſtem und endlich die
alten Orgel- und Lautentabulaturen, wogegen uns der zweite
die eigentliche Theorie der Tonſetzkunſt, nämlich der Harmonie
und des Contrapunktes mit ihren untergeordneten Gattungen
vorführt.
Es iſt uns nicht möglich, in dem engen, einer gewöhnlichen
Beſprechung angewieſenen Raume alle die Vorzüge hervorzu-
heben, welche die Krieger'ſche Arbeit darbietet; darum beſchränken
wir uns nur auf dasjenige, was dieſelbe nach unſerer Anſicht
vor den meiſten ähnlichen Werken ganz beſonders auszeichnet.
 
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