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Christlicher Kunstverein der Erzdiözese Freiburg [Hrsg.]
Christliche Kunstblätter: Organ des Christlichen Kunstvereins der Erzdiözese Freiburg — 12.1873

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https://doi.org/10.11588/diglit.7190#0029
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Chriſtliche

Kunſtblätter.

Orgun des chriſtlichen Kunſtvereins der Erzdiöceſe reiburg.

(Beilage zum Freiburger Kirchenblatt.)

Nro. 139.

omine dilexi decoren domus tuae. Ps. 25, 8.

1873.

üleber franzöſiſche Glasmalerei für Kirchenfenſter.
,,Die farbenglühenden Fenſter in den chriſtlichen Kirchen
werden in ihnen zu ebenſoviel Pforten, durch welche das Auge
des Chriſten aus dem Hauſe des Herrn gleichſam eindringet in
eine übernatürliche höhere Welt voll heiliger, verklärter Ge-
ſtalten, zu Pforten, durch welche hinwieder das im Glauben
gleichſam gebrochene, übernatürlich gewordene Licht vom Himmel
her in das Herz des Aufſchauenden ſich ſenkt, ein Bild der
göttlichen Offenbarung.'' *)
Unſere Zeit hat nach längerer Pauſe es glücklich wieder
erkannt, welch' ausgezeichnete und zugleich erhebende Zierde
gemalte Fenſter für unſere Kirchen ſind, und Großes, Herr-
liches iſt in dieſer Richtung in den letzten Decennien in deu
katholiſchen Ländern geleiſtet worden, ſo auch bei uns, wo
kaum eine neue größere Kirche gebant wird, ohne daß dieſer
,,geziemende Schmuck'', wie ein ausgezeichneter Kunſtkritiker und
Schriftſteller über kirchliche Kunſt ſich zutreffend ausdrückt, dabei
nicht zur Anwendung gebracht würde. Und dem ,,Bedarfe''
entſpricht auch heute ſchon in glänzender Weiſe die ,,Bedeckung'',
denn wie ein berühmter Chemiker ſagte: ,,Die Mittel ſind
überall, nur wo der Wille fehlt, iſt Mangel', — ſo trifft
dies auch hier zu; mit dem neu aufkeimenden Jntereſſe der
Kirchenbauer für die edle Kunſt der Glasmalerei erſtanden auch
neuerdings die großen Meiſter des Glasmalens in unſerer
Gegenwart, ſo in Deutſchland, ſo in Frankreich. Namentlich
in Frankreich blüht — wir ſind weit entfernt, mit dieſem
Worte den Strebungen und thatſächlichen Erfolgen der deutſchen
Kunſt nahe treten zu wollen, wie ſie in München zumal und
in Tirol in Uebung ſteht — namentlich in Frankreich,
wo eine Unzahl der wunderbarſten alten Glasmalereien in den
zahlloſen alten Kirchen als glänzende Muſter dem heimiſchen
Künſtler vor Augen ſind, blüht heute, wie in keinem zweiten
Reiche, die Kunſt des Glasmalens im Dienſte der Kirche!
Um aber die heutigen Verdienſte Frankreichs um die mehr-
genannte Kunſt genau und voll würdigen zu können, mögen
wir einen kurzen Rückblick thun darauf, was die Söhne dieſer

nach jeder Richtung hochbegabten, genialen Nation auf dieſem
Gebiete in vergangenen Zeiten geleiſtet haben. Zwar kann es
nur eine flüchtige Skizze ſein, was wir hier bringen können.
Doch wird es zur Orientirung über das heute Gebotene wohl
ausreichen.
Die erſten Spuren der Glasmalerei zeigen ſich in Frank-
reich gegen das Ende des 12. und im Anfange des 13. Jahr-
hunderts. Es waren nämlich unter Abt Segur (um 1140) die
erſten Fenſter für die Abtei St. Denis ausgeführt worden und
England bezog von da an und die längſte Zeit ſpäter noch die
zur Glasmalerei benöthigten gefärbten Gläſer aus Frankreich,
namentlich aus Rouen, ein Beweis, daß die Kunſt des Glas-
malens in Frankreich hald nach deren Einführung daſelbſt einen
bedeutenden Aufſchwung genommen hatte. Jm Jahre 1218
wurden Glasmalereien für unterſchiedliche Kirchen von Chartres
ausgeführt, wie dies der bekaunte Fiorillo nachweist; zwiſchen
1226 1270 wurden auf das Fenſter der Kapelle des heiligen
Moriz in der Kirche von St. Denis, wohin der heil. Ludwig
den Körper eines Martyrers der thebaniſchen Legion geſchickt
hatte, einige rühmliche Haudlungen des heil. Moriz gemalt
mit der Jnſchrift:
Hie Thebanorum strenuus miles jacet unus
Regis Francorum Ludovici nobile munus.
Ludwig der Heilige ließ außerdem noch eine Reihe vorzüg-
licher Glasgemälde in Paris (in der Hauptkirche und in meh-
reren Kapellen) ausführen und zwiſchen 1297 und 1299 wurden
auf acht Fenſter der Kirche von St. Denis Scenen aus dem
Leben des Heiligen dargeſtellt, unter denen beſonders die Vor-
ſtellung von deſſen Tode Aufmerkſamkeit verdiente. Jm Ganzen
beſaßen dieſelben jedoch, wie Levieil ſchreibt, einen gewiſfen
morgenländiſchen Typus, der vorzüglich aus den Zierrathen
der Jnſchriften hervorleuchtete, die ganz im Geſchmacke der
arabiſchen in Sicilien auf Bänder geſchrieben waren.
Aus dem Anfange des 14. Jahrhunderts ſtanden, nach
Lenoir, mehrere Griſaillen im franzöſiſchen Nationalmuſeum.
Die Glasmalerei en grisaille, d. h. grau in grau, aus der
romaniſchen Periode war ein Verfahren, bei welchem nur
,,Schwarzloth'' (d. h. eine aus Kupferaſche und grünem oder
blauem Bleiglas bereitete Farbe) auf ungefärbtem oder nur
ſtellenweiſe gefärbtem Glaſe benitzt und die Zeichnung durch

,,Fenestrae ecclesiae vitreae sunt scripturae divinae... quae
claritatem veri solis i. e. Dei in ecclesiam i. e. in corda fidelinm traus-
mittunt, inhabitantes iluminant'' Durand. Ration. lih. J. cap. 1 nr. 24.
 
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