,,Predigt von Chriſto an dieſem Ort hat erſchallen laſſen,
,wodurch das abgöttiſche Heidenthum zerſtört worden, ſo
,,wurde von den zum Chriſtenthum bekehrten Augsburgern
,auf den 29. Septembris das Feſt des Engels Michael,
,,als des Ueberwinders des Teufels und deſſen Götzenwerks,
,,hochfeierlich begangen. Wie dann der noch heutzutag übliche
,,Gebrauch in Schwung gehet, daß an ſolchem Feſt auf dem
,,Perlachthurm der Engel Michael mit dem Satan ſtreitend
,,und ihn unter die Füße tretend vorgeſtellt wird, — daher
,rühren ſolle, zu bezeugen, daß durch das Chriſtenthum das
,,abgöttiſche Heidenthum überwunden und ausgerottet worden,
,worüber die Chriſten ein großes Jauchzen und Jubelgeſchrei
,erhoben haben.'' (A. Sbl.)
(Die Jugend ſetzt dieſen Jubel fort und huldigte auch
im letzten Jahre nach Leibeskräften der alten Sitte.
JJ. Musicae Princeps.
(Schluß.)
Magiſtrat in der Stadt Augsburg conſtituirt wurde, traten
einige hieſige Bürger auf und erbaten ſich die Erſcheinung
dieſes Kunſtwerkes, was aber vorderhand denſelben abge-
ſchlagen worden iſt. Wiederholte Bitten und Vorſtellungen
vermochten es endlich, daß im Jahre 1822 von Seiten des
Magiſtrats der Beſchluß gefaßt wurde, daß das im Perlach-
thurme befindliche Kunſtwerk, der Thurm-Michele genannt,
am nächſtkommenden Michaelistage und ſo alle Jahre auf
ehemals gewöhnliche Weiſe gezeigt werden dürfe. Durch
milde Beiträge von eben dieſen Bürgern wurde nun dieſer
theure Thurm-Michele den hieſigen ehrwürdigen Frauen des
Kloſters St. Maria⸗Stern zur anſtändigen Kleidung und
neuen Decorirung übergeben, die denſelben auch wirklich
auf das Prachtvollſte ausſtatteten, und der Stadtuhrmacher
Vogel richtete ihn wieder in das Uhrwerk ein. Nun erſchien
endlich einmal der ſehnſuchtsvolle Tag, wo der ſo lange Zeit
gefeſſelte liebe Michele erſcheinen dürfe, und richtig mit dem
Schlage 6 Uhr Abends, am 28. Sept. 1822, producirte er
ſich in ſeinem vollen Coſtüme. Der ganze Ludwigsplatz war
nur eine Maſſe von Menſchen, Alt und Jung, Alles jauchzte
und jubelte, und weit über der Stadt konnte man dieſes
Freudengeſchrei vernehmen. Nun, Gottlob, jetzt kommen die
alten Zeiten wieder! — rief ſich das verſammelte Volk
ganz freudig zu.
Jn ſeinen , Culturſtudien aus drei Jahrhunderten (Stutt-
gart 1862) Seite 314 ſchreibt W. H. Riehl, nachdem er
das allmälige Verſchwinden der Augsburger Volksfeſte beklagt
hat: ,,Nur eines blieb: das nach ſeiner Form kleinſte und
faſt kindiſche, nach Sinn und Geſchichte aber älteſte und
bedeutſamſte Augsburgiſche Volksfeſt — der Perlach-Michel.
Dieſer Perlach-Michel iſt eine kleine bemalte Holzfigur des
Erzengels, der dem Teufel ſeinen Spieß in den Leib ſtößt.
Er wird am Michaelstage bei jedem Stunden-Glockenſchlag
aus dem untern Fenſter des Perlachthurmes geſchoben und
ſticht dann zur großen Erbauung der den ganzen Platz
erfüllenden Volksmenge dem Teufel ſo oftmal ſeinen Spieß
in den Leib, als die Uhr Schläge thut. Früher galt der
Michaelstag als ein ganz beſonderes ſtädtiſches Volksfeſt
und bis 1528 wurde ſogar ſchon der Vorabend durch einen
Umritt ſolenn ausgezeichnet. Auch den kleinen hölzernen
Perlach⸗Michel würdigte uan ſeit Jahrhunderten beſonderer
Sorgfalt. Der berühmte Elias Holl hat ihn ſelber ſo her-
gerichtet, wie er heute noch zu ſehen iſt; nur ſpaziert der
Engel nicht mehr kraft eigener Mechanik vor das Fenſter,
ſondern zum Jubel der Gaſſenjugend wird jetzt alle Mal
eine Hand ſichtbar, welche ihn ſammt dem Teufel in's Freie
dirigirt. Ueber dieſen alſo halbzerbrochenen Perlach-Michel
könnte ein Antiquar ein dickes und gelehrtes Buch ſchreiben.
Denn er wird gezeigt zum Gedächtniß des Falles der römiſchen
Augusta Vindelicorum, der Wiedereroberung durch die
Deutſchen. Was dem Weſtphalen ſein Hermanns-Denkmal,
das iſt dem Augsburger ſein Perlach-Michel. Als der ſieg-
gewaltigſte unter den Chriſtenheiligen trat der Erzengel an
die Stelle des Wodan und verkündet ſo zugleich hier den
Sieg des Chriſtenthums über das Heidenthum, wie des
Germanenthums über das Römerthum. Es iſt aber die
Tradition, daß dieſes ſtädtiſche Michaelsfeſt zugleich eigent-
lich die Gründungsfeier der deutſchen Stadt Augsburg ſei,
niemals ganz erloſchen, wenn auch verkehrt und mißdeutet
worden, wie man ſich aus Stettens Chronik überzeugen kann.''
Jm Archive der Stadt Augsburg befindet ſich unter den
Augustanis ein ,kurzer Entwurf der Schickſale der ſtrei-
tenden Kirche in Augsburg'', worin u. A. folgende intereſ-
ſante Erklärung betreffs des Thurm-Michele enthalten iſt:
Als aber Gott nach dem Reichthum ſeiner Gnade die
Jm Jahre 1571 finden wir unſern Meiſter wieder als
Capellmeiſter der vaticaniſchen Hauptkirche, ſowie auch als
Leiter des Oratoriums des hl. Philippus Neri. Obſchon
alſo mit dienſtlichen Geſchäften reichlich verſehen, lieferte er
doch eine immer größere Zahl der herrlichſten Compoſitionen,
ſowohl Meſſen als auch Motetten. Mehr als zu ſechs Stimmen
componirte man damals ſelten, und auch hierbei war die
manchfaltigſte Miſchung und Combination der Stimmen und
Theilung derſelben in drei- nnd vierſtimmige Chöre möglich.
Von jetzt an aber verfaßte er auch achtſtimmige, zweichörige
Compoſitionen von der herrlichſten Wirkung. Auch beſetzte
er die Chöre nicht gleichmäßig, ſondern ließ einen Chor von
höheren Stimmen einem ſolchen von tieferen entgegenwirken
und zuletzt beide in einander aufgehen, wie dies auch nach
ihm häufig geſchehen iſt. Berühmt iſt auch das Miserere
unſeres hochgefeierten Meiſters; lange Zeit hindurch wurde
es an einem der drei Tage der Charwoche aufgeführt.
Die paleſtriniſche Bearbeitung des Miſerere wird noch
übertroffen von den 1584 erſchienenen Compoſitionen aus
dem Hohen Liede und der ſechsſtimmigen Meſſe Assumpta
est Maria, welche er 1585 dem neugewählten Papſte Sixtus V.
widmete, der, nachdem er dieſelbe angehört, ausgerufen haben
ſoll: ,,Das war heute wieder eine wahrhaft neue Mefſe, die
kann nur von unſerm Pierluigi herrühren; wir wollen hoffen,
er werde unſere Andacht noch öfter auf ſo liebliche Weiſe zu
erfriſchen ſuchen.'' Jm Jahre 1576 hatte Papſt Gregor XJJJ.
unſerm Meiſter in Verbindung mit ſeinem Schüler Guidetti
den Auftrag ertheilt, eine Verbeſſerung des gregorianiſchen
Geſanges vorzunehmen.
Vom Fürſten Buoncampagni zum Concertmeiſter ernannt,
erhielt Paleſtrina auch Gelegenheit zur Compoſition von
Madrigalen (kurzen lyriſchen Gedichten meiſt erotiſchen Jn-
haltes zu drei bis ſieben, meiſtens aber vier bis fünf Stimmen).
Schon früher, im Jahre 1555, hatte er einen Band der damals
ſo überaus beliebten Madrigalen verfaßt und ihn dem Papſte
Julius IJJ widmen wollen, der jedoch in demſelben Jahre ſtarb.
Unter den Schülern, die Paleſtrina heranbildete, hat der
genannte Guidetti (auch Giudetti) ſich beſonders hervorgethan.
Jm Verein mit ſeinem ehemaligen Mitſchüler Giov. Maria
Nanini, Capellmeiſter in S.Maria Maggiore, gründete
er eine Muſikſchule, in welcher er die höhere Ausbildung
der Schüler übernahm, während Nanini in Contrapunkt und
Compoſitionslehre unterrichtete. Als die berühmteſten Schüler
ſind zu nennen die bereits oben erwähnten Felice und
Francesco Anerio und Fr. Soriano und der jün-
gere Nanini.
,wodurch das abgöttiſche Heidenthum zerſtört worden, ſo
,,wurde von den zum Chriſtenthum bekehrten Augsburgern
,auf den 29. Septembris das Feſt des Engels Michael,
,,als des Ueberwinders des Teufels und deſſen Götzenwerks,
,,hochfeierlich begangen. Wie dann der noch heutzutag übliche
,,Gebrauch in Schwung gehet, daß an ſolchem Feſt auf dem
,,Perlachthurm der Engel Michael mit dem Satan ſtreitend
,,und ihn unter die Füße tretend vorgeſtellt wird, — daher
,rühren ſolle, zu bezeugen, daß durch das Chriſtenthum das
,,abgöttiſche Heidenthum überwunden und ausgerottet worden,
,worüber die Chriſten ein großes Jauchzen und Jubelgeſchrei
,erhoben haben.'' (A. Sbl.)
(Die Jugend ſetzt dieſen Jubel fort und huldigte auch
im letzten Jahre nach Leibeskräften der alten Sitte.
JJ. Musicae Princeps.
(Schluß.)
Magiſtrat in der Stadt Augsburg conſtituirt wurde, traten
einige hieſige Bürger auf und erbaten ſich die Erſcheinung
dieſes Kunſtwerkes, was aber vorderhand denſelben abge-
ſchlagen worden iſt. Wiederholte Bitten und Vorſtellungen
vermochten es endlich, daß im Jahre 1822 von Seiten des
Magiſtrats der Beſchluß gefaßt wurde, daß das im Perlach-
thurme befindliche Kunſtwerk, der Thurm-Michele genannt,
am nächſtkommenden Michaelistage und ſo alle Jahre auf
ehemals gewöhnliche Weiſe gezeigt werden dürfe. Durch
milde Beiträge von eben dieſen Bürgern wurde nun dieſer
theure Thurm-Michele den hieſigen ehrwürdigen Frauen des
Kloſters St. Maria⸗Stern zur anſtändigen Kleidung und
neuen Decorirung übergeben, die denſelben auch wirklich
auf das Prachtvollſte ausſtatteten, und der Stadtuhrmacher
Vogel richtete ihn wieder in das Uhrwerk ein. Nun erſchien
endlich einmal der ſehnſuchtsvolle Tag, wo der ſo lange Zeit
gefeſſelte liebe Michele erſcheinen dürfe, und richtig mit dem
Schlage 6 Uhr Abends, am 28. Sept. 1822, producirte er
ſich in ſeinem vollen Coſtüme. Der ganze Ludwigsplatz war
nur eine Maſſe von Menſchen, Alt und Jung, Alles jauchzte
und jubelte, und weit über der Stadt konnte man dieſes
Freudengeſchrei vernehmen. Nun, Gottlob, jetzt kommen die
alten Zeiten wieder! — rief ſich das verſammelte Volk
ganz freudig zu.
Jn ſeinen , Culturſtudien aus drei Jahrhunderten (Stutt-
gart 1862) Seite 314 ſchreibt W. H. Riehl, nachdem er
das allmälige Verſchwinden der Augsburger Volksfeſte beklagt
hat: ,,Nur eines blieb: das nach ſeiner Form kleinſte und
faſt kindiſche, nach Sinn und Geſchichte aber älteſte und
bedeutſamſte Augsburgiſche Volksfeſt — der Perlach-Michel.
Dieſer Perlach-Michel iſt eine kleine bemalte Holzfigur des
Erzengels, der dem Teufel ſeinen Spieß in den Leib ſtößt.
Er wird am Michaelstage bei jedem Stunden-Glockenſchlag
aus dem untern Fenſter des Perlachthurmes geſchoben und
ſticht dann zur großen Erbauung der den ganzen Platz
erfüllenden Volksmenge dem Teufel ſo oftmal ſeinen Spieß
in den Leib, als die Uhr Schläge thut. Früher galt der
Michaelstag als ein ganz beſonderes ſtädtiſches Volksfeſt
und bis 1528 wurde ſogar ſchon der Vorabend durch einen
Umritt ſolenn ausgezeichnet. Auch den kleinen hölzernen
Perlach⸗Michel würdigte uan ſeit Jahrhunderten beſonderer
Sorgfalt. Der berühmte Elias Holl hat ihn ſelber ſo her-
gerichtet, wie er heute noch zu ſehen iſt; nur ſpaziert der
Engel nicht mehr kraft eigener Mechanik vor das Fenſter,
ſondern zum Jubel der Gaſſenjugend wird jetzt alle Mal
eine Hand ſichtbar, welche ihn ſammt dem Teufel in's Freie
dirigirt. Ueber dieſen alſo halbzerbrochenen Perlach-Michel
könnte ein Antiquar ein dickes und gelehrtes Buch ſchreiben.
Denn er wird gezeigt zum Gedächtniß des Falles der römiſchen
Augusta Vindelicorum, der Wiedereroberung durch die
Deutſchen. Was dem Weſtphalen ſein Hermanns-Denkmal,
das iſt dem Augsburger ſein Perlach-Michel. Als der ſieg-
gewaltigſte unter den Chriſtenheiligen trat der Erzengel an
die Stelle des Wodan und verkündet ſo zugleich hier den
Sieg des Chriſtenthums über das Heidenthum, wie des
Germanenthums über das Römerthum. Es iſt aber die
Tradition, daß dieſes ſtädtiſche Michaelsfeſt zugleich eigent-
lich die Gründungsfeier der deutſchen Stadt Augsburg ſei,
niemals ganz erloſchen, wenn auch verkehrt und mißdeutet
worden, wie man ſich aus Stettens Chronik überzeugen kann.''
Jm Archive der Stadt Augsburg befindet ſich unter den
Augustanis ein ,kurzer Entwurf der Schickſale der ſtrei-
tenden Kirche in Augsburg'', worin u. A. folgende intereſ-
ſante Erklärung betreffs des Thurm-Michele enthalten iſt:
Als aber Gott nach dem Reichthum ſeiner Gnade die
Jm Jahre 1571 finden wir unſern Meiſter wieder als
Capellmeiſter der vaticaniſchen Hauptkirche, ſowie auch als
Leiter des Oratoriums des hl. Philippus Neri. Obſchon
alſo mit dienſtlichen Geſchäften reichlich verſehen, lieferte er
doch eine immer größere Zahl der herrlichſten Compoſitionen,
ſowohl Meſſen als auch Motetten. Mehr als zu ſechs Stimmen
componirte man damals ſelten, und auch hierbei war die
manchfaltigſte Miſchung und Combination der Stimmen und
Theilung derſelben in drei- nnd vierſtimmige Chöre möglich.
Von jetzt an aber verfaßte er auch achtſtimmige, zweichörige
Compoſitionen von der herrlichſten Wirkung. Auch beſetzte
er die Chöre nicht gleichmäßig, ſondern ließ einen Chor von
höheren Stimmen einem ſolchen von tieferen entgegenwirken
und zuletzt beide in einander aufgehen, wie dies auch nach
ihm häufig geſchehen iſt. Berühmt iſt auch das Miserere
unſeres hochgefeierten Meiſters; lange Zeit hindurch wurde
es an einem der drei Tage der Charwoche aufgeführt.
Die paleſtriniſche Bearbeitung des Miſerere wird noch
übertroffen von den 1584 erſchienenen Compoſitionen aus
dem Hohen Liede und der ſechsſtimmigen Meſſe Assumpta
est Maria, welche er 1585 dem neugewählten Papſte Sixtus V.
widmete, der, nachdem er dieſelbe angehört, ausgerufen haben
ſoll: ,,Das war heute wieder eine wahrhaft neue Mefſe, die
kann nur von unſerm Pierluigi herrühren; wir wollen hoffen,
er werde unſere Andacht noch öfter auf ſo liebliche Weiſe zu
erfriſchen ſuchen.'' Jm Jahre 1576 hatte Papſt Gregor XJJJ.
unſerm Meiſter in Verbindung mit ſeinem Schüler Guidetti
den Auftrag ertheilt, eine Verbeſſerung des gregorianiſchen
Geſanges vorzunehmen.
Vom Fürſten Buoncampagni zum Concertmeiſter ernannt,
erhielt Paleſtrina auch Gelegenheit zur Compoſition von
Madrigalen (kurzen lyriſchen Gedichten meiſt erotiſchen Jn-
haltes zu drei bis ſieben, meiſtens aber vier bis fünf Stimmen).
Schon früher, im Jahre 1555, hatte er einen Band der damals
ſo überaus beliebten Madrigalen verfaßt und ihn dem Papſte
Julius IJJ widmen wollen, der jedoch in demſelben Jahre ſtarb.
Unter den Schülern, die Paleſtrina heranbildete, hat der
genannte Guidetti (auch Giudetti) ſich beſonders hervorgethan.
Jm Verein mit ſeinem ehemaligen Mitſchüler Giov. Maria
Nanini, Capellmeiſter in S.Maria Maggiore, gründete
er eine Muſikſchule, in welcher er die höhere Ausbildung
der Schüler übernahm, während Nanini in Contrapunkt und
Compoſitionslehre unterrichtete. Als die berühmteſten Schüler
ſind zu nennen die bereits oben erwähnten Felice und
Francesco Anerio und Fr. Soriano und der jün-
gere Nanini.