Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Christlicher Kunstverein der Erzdiözese Freiburg [Hrsg.]
Christliche Kunstblätter: Organ des Christlichen Kunstvereins der Erzdiözese Freiburg — 16.1877

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7194#0021
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Chriſtliche

Kunſtblätter.

Organ des chriſtlichen Kunſtvereins der Erzdiöceſe Freiburg
(Beilage zum Freiburger Kirchenblatt.)

Nro. 167.

Domine dilexi decorem domus uae. Ps. 25, 8.

1877.

Bur Reſtauration des Freiburger Münſters.

wurde. — Die verſchiedenartige Färbung des nun überall
blosgelegten Sandſteines gibt jetzt dem Ganzen einen recht
wohlthuenden und dem Auge einen intenſiveren Eindruck
als ſeine ſtumpfgraue Uebertünchung. Die architektoniſchen
Formen und Verhältniſſe ſind in neuer Schönheit und leben-
diger hervorgetreten. Dieſe Wahrnehmung machten wir auch
anderwärts, z. B. in St. Sebaldus und St. Laurentius zu
Nürnberg, im Bamberger Dom, den wir vergangenen Sep-
tember genauer zu beſichtigen Gelegenheit hatten.
Mit der Enttünchung hielt gleichen Schritt die Faſſung
der Schlußſteine in den Gewölben. Durch die Schlußſteine
nämlich, in welchen wie in ſchönen Büſcheln die Zierrippen
ſich endigen, werden die Gewölbeflächen nicht wenig belebt,
ganz beſonders dann, wenn dieſelben nicht blos tropfen-
oder knospenartig herabhängen, ſondern noch mehr, wenn
ſie ſymboliſche Darſtellungen oder bibliſche und andere hl.
Perſonen präſentiren. Die Faſſung dieſer Schlußſteine iſt
da und dort weniger gut. Ebenſo haben die decorativen
Pflanzenzeichnungen in den Winkeln der Gewölbekappen,
namentlich im Schiffe, eine weniger günſtige Wirkung.
Dieſelben dürften überhaupt kunſtgerechter und geſchmack-
voller ausgeführt ſein. - Ein anderer Grund für die
geringe Wirkung ſcheint uns in der weißen Kalktünche zu
liegen, womit die Gewölbekappen verſehen ſind. Jedenfalls
wäre ein leichter Ton in den Gewölben angezeigter geweſen.
Die Glasgemälde, die vorzüglich im Kapellenkranze ſehr
corrumpirt waren, haben theilweiſe ebenfalls eine Reſtau-
ration erfahren. Glasmaler Helmle von hier übernahm
dieſelbe. Nicht ohne Geſchick und mit Sorgfalt hat derſelbe
gearbeitet.
Jm Laufe der Zeit ſind in die nicht mit Glasmalerei
verſehenen Fenſtertheile anſtatt der Rundſcheiben viereckige
Scheiben gekommen. Wo ſich ſolche vorfanden, wurden
ſie entfernt und kreisrunde Gläſer eingeſetzt, wie ſie ſich am
Gotteshauſe geziemen. Die kreisförmigen Scheiben nämlich
ſymboliſiren uns die Unendlichkeit Gottes, der unbegrenzt
in all' ſeinen Vollkommenheiten iſt. Die Zahl vier oder
das Viereck hingegen iſt das Sinnbild des nach vier Seiten
ausgedehnten Raumes oder der in vier Jahreszeiten ge-

*M* Nach eilf Jahre langer, ununterbrochener Arbeit
hat vor einigen Wochen die Reſtauration im Jnnern unſeres
Domes ihren weſentlichen Abſchluß gefunden, der mit der
Vollendung eines von Maler Seitz aus Rom gemalten Fresko-
bildes in der Giebelfläche vor der Vierung begleitet war.
Wir unterlaſſen nicht, heute in dieſen Blättern einen
Rückblick auf die ganze Reſtauration zu werfen.
Noch immer ſtand die chriſtliche Kunſt in innigſtem
Wechſelverhältniß mit dem kirchlich religiöſen Leben. Je
friſcher und lebensvoller der Aufſchwung war, den letzteres
in den verſchiedenen Perioden nahm, deſto ſchöner und herr-
licher entfaltete ſich auch die chriſtliche Kunſt und deſto
mehr war äſthetiſcher Sinn für's Schöne überhaupt vor-
handen. Und umgekehrt — wo immer die Kunſt und künſt-
ſeriſches Schaffen darniederlag, war in der Regel ſchon
vorher das religiöſe Leben geſunken. Mit dem Wieder-
erwachen eines kirchlicheren Geiſtes und friſcheren religiöſen
Lebens in Deutſchlands wurde daher auch allgemein das
Bedürfniß lebhaft empfunden, die mittelalterlichen Bau-
denkmale von den manchfachen Verunſchönerungen rc., die
ſie im Laufe der Zeit erlitten, zu befreien. Auch hier
wurde dieſes Bedürfniß getheilt und im Jahre 1866 Hand
an die Reſtauration angelegt. Es war Herr Domcapitular
Marmon, der die Jnitiative ergriff und das weſentlichſte
Verdienſt um die Reſtaurirung ſich erwarb. Aus deſſen
geſchätzter Feder dürften wir in Bälde auch eine, auf gründ-
lichen Studien beruhende, umfaſſendere Beſchreibung des
Münſters erhalten.
Der leitede Grundſatz, von dem man bei Beginn der
Reſtauration ausging und der auch bis zu deren Vollen-
dung maßgebend war, beſtand darin, das Alte in ſeiner
urſprünglichen Reinheit möglichſt treu wiederzugeben. Dadurch
hatte man einerſeits ein ſicheres Directiv und anderſeits war
man vor zeit- und geldraubenden Experimenten bewahrt.
Die nächſte Aufgabe war die Abnahme der grauen Tünche,
womit, wie auch anderwärts, das Jnnere des Domes im
vorigen Jahrhundert gewiſſenhaft und exact überſtrichen
 
Annotationen