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Christlicher Kunstverein der Erzdiözese Freiburg [Hrsg.]
Christliche Kunstblätter: Organ des Christlichen Kunstvereins der Erzdiözese Freiburg — 18.1879

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https://doi.org/10.11588/diglit.7196#0001
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Chriſtliche

Kunſtblätter.

Organ des chriſtlichen Kunſtvereins der Erzdiöceſe Freiburg
(Beilage zum Freiburger Kirchenblatt.)

Nro. 174.

Domine dilexi decorem domus iuae. Ps. 25, 8.

1879.

Der nene ochaltar in der Pfarrkirche zu Staufen.

Das erſte größere Altarwerk, welches nach dem Tode
des leider ſo früh verſtorbenen Bildhauers Marmon von
Sigmaringen in deſſen Atelier unter Leitung des Geſchäfts-
führers, Herrn Simmler, erſtand und vor Oſtern aufgeſtellt
wurde, iſt der Hochaltar in Staufen.
Aus mehrfachem Grunde glaubt man dieſe neueſte pla-
ſtiſche Schöpfung öffentlich beſprechen zu ſollen. — Wurde
Plan und Zeichnung ſowie ein Theil des circa 28 Fuß
hohen Altars noch von Marmon gefertigt, ſo lag die Aus-
führung und Vollendung Herrn Simmler ob. Wir con-
ſtatiren recht gerne, daß wir hier vor einem bedeutenden
Kunſtwerke energiſcher gothiſcher Stiliſtik ſtehen. Der
Altar iſt eine Nachahmung der alten Reliquienſchreine, indem
er nach oben dach- und giebelförmig abſchließt. Jn der
Mitte desſelben tritt der Tabernakel, der in organiſche Ver-
bindung mit dem Schreine gebracht iſt, vortheilhaft hervor.
Rechts und links vom Tabernakel befinden ſich je drei circa
3/e Fuß hohe Figuren unter zierlichen Baldachinen, die
vornen durch Säulchen getragen werden. Zur Rechten ſtehen
St. Conrad, Biſchof von Conſtanz und Diöceſanpatron;
ferner der Landespatron, der ſelige Bernhard, Markgraf
von Baden; und St. Barbara, die Patronin der Sterben-
den, mit Kelch und der Martyrerpalme. Links vom Taber-
nakel ſehen wir den hl. Ulrich, Abt, und St. Trudpert, die
früheſten Glaubensboten und Patronen der benachbarten
Thäler, und ſchließlich die hl. Eliſabeth, Landgräfin von
Thüringen, den Moment des Roſenwunders vergegen-
wärtigend.
Jn unmittelbarer Nähe des Tabernakels halten auf
beiden Seiten zwei anbetende Engel in ſtehender Haltung
gleichſam die Ehrenwache beim Allerheiligſten.
Unter größerem Baldachin über dem Tabernakel ſteht
gegürtet der Schutzengel des hl. Sakramentes St. Michael,
der himmliſche Fürſt, mit gezücktem Schwerte. Danach
ſind es neun Figuren, welche dem Altare ein gewiſſes dra-
matiſches Leben verleihen.
Der ſchreinartige Altaraufbau ruht auf der Predella,

die mit Behältern für noch anzufertigende Reliquiarien
verſehen iſt.
Jm Antependium ſind ſodann in Haut-Relief 7 Bruſt-
bilder angebracht, altteſtamentliche Heilige darſtellend. Jn
der Mitte iſt Moſes, rechts von ihm Aaron in hohenprieſter-
licher Kleidung, Abraham und auf der Seite der Prophet
Jeſaias mit einem Spruchband. Nach der Linken kommt
zunächſt Melchiſedek, dann Abel und David der König
ſeitwärts. Sämmtliche Figuren, die recht lebhaft gehalten
ſind, tragen ihre charakteriſtiſchen Embleme.
Der ganze Altar iſt gefaßt. Die Polychromie iſt äußerſt
ſorgfältig und zart angebracht, ſo daß der Totaleindruck,
den der Beſchauer empfängt, ein ganz vorzüglicher iſt.
Namentlich aber iſt der figürliche Theil ſehr gut. Wir
heben dieſes Moment mit freudiger Genugthuung hervor,
weil im Gegenſatz in manchen früheren Schöpfungen aus
dem Marmon'ſchen Atelier derſelbe gegenüber der dekora-
tiven Partie mitunter weniger glücklich war. Was aber
insbeſondere am figürlichen Theile ſehr gut gefällt, iſt die
ſtrenge und correcte Jndividualiſirung, in welcher ſämmt-
liche Figuren erſcheinen.
Das Maßwerk iſt im Ganzen einfach und ruhig ge-
halten; auch baut ſich der ganze Altar ſehr leicht auf.
Nirgends iſt Schwerfälligkeit in den Verhältniſſen oder
auch nur ein gewiſſer Druck wahrzunehmen. So ruht der
ganze Altar mit nicht geahnter Schönheit und Würde gleich
einer Edelperle im Chore der Kirche, den Sterz von Endin-
gen voriges Jahr ausgemalt. Derſelbe iſt in ſeiner Be-
malung freilich etwas dunkel gehalten, wird aber weſentlich
ſich beſſer repräſentiren, wenn auch die Reſtauration des
Langhauſes vor ſich gegangen.
Der Staufener Hochaltar iſt das 175. Altarwerk aus
dem Atelier Marmons.
Nach dieſem überſichtlichen Blick gehen wir zum Detail
über. — Der chriſtliche Altar iſt das Centrum des kathol.
Gotteshauſes. Wie dieſes in Bau und Ausſchmückung eine
reiche tiefe Symbolik hat, ſo iſt auch der ſichtbare Altar
als Bild und Ausdruck verſchiedener Geheimniſſe zu be-
trachten. Vor Allem erinnert der euchariſtiſche Altar an
 
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