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Chriſtliche

Kunſtblätter.

Organ des chriſtlichen Kunſtvereins der Erzdiöceſe Freiburg.
(Beilage zum Freiburger Kirchenblatt.)

Band JJ. Nr. 19.

Domine dlexi decorem domus iuae. Ps. 25, 8.

1883.

† Th. W. Achtermann.

dieſer Gelegenheit von der Stadt das Ehrenbürgerrecht er-
hielt, aufgeſtellt wurde. Zugleich erhielt er hier noch einen
weitern Auftrag, die Gruppe einer Kreuzabnahme als Denk-
mal für den Erzbiſchof Clemens Auguſt von Köln in Mar-
mor auszuführen. Das koloſſale Werk ſtand 1859 vollendet
im Dom zu Münſter. Eine andere Kreuzabnahme, 1870
in Rom vollendet, dann die Arbeiten für Köln füllten die
letzte Zeit ſeines Schaffens aus.
Das ,,Salzb. Kirchenblatt'' bringt über den unerwartet
ſchnellen Tod des hochbetagten Künſtlers folgende Einzel-
heiten:
Am 26. Mai iſt in Rom Wilhelm Achtermann, der
berühmte Altmeiſter der chriſtlichen Bildhauerkunſt Mor-
gens um 10 Uhr ganz unerwartet geſtorben. Noch Tags
zuvor hatte er den wohl zwei Kilom. von ſeiner Wohnung
entfernten deutſchen Gottesacker bei St. Peter beſucht, eine
Stätte, die ſtets auf ihn eine ganz beſondere Anziehungs-
kraft geübt hatte, und die ihm ihren herrlichſten Schmuck
verdankt, nämlich ein Facſimile der Pietà auf dem Hoch-
altar der Kirche und ein ſehr großes Crucifix im Mittel-
punct des Gottesackers ſelbſt, beide von ihm geſchenkt.
Beim Rector des Gottesackers hatte er ein Glas Wein und
ein Ei zu ſich genommen, aber gleich darauf über plötzliches
Unbehagen geklagt, welchem er indeſſen ſelbſt eine ſo geringe
Bedeutung beilegte, daß er ſich allein auf den Heimweg
begab. Zu Hauſe angelangt, hielt er es nicht für nöthig,
einen Arzt zu Rathe zu ziehen, in dem Glauben, es handle
ſich um ein vorübergehendes, und bei ſeinem hohen Alter
(85 Jahre) leicht erklärliches Unwohlſein, etwa hervorge-
rufen durch die ohne Uebergang hereingebrochene und für
die Jahreszeit ungewöhnlich große Hitze. Jm Laufe der
folgenden Nacht konnte er keine Ruhe finden wegen eines
hartnäckigen Huſtens, der auch am Morgen nicht nachließ
und die geringen Kräfte des Greiſen ſo erſchöpfte, daß er
zuletzt einem beſonders heftigen Anfall plötzlich erlag. So
iſt Achtermann ohne die Sterbeſacramente und ohne den
Segen des Prieſters verſchieden, aber gewiß nicht ohne die
Tröſtungen unſerer hl. Religion, er, deſſen Gedanken ſtets
auf das Jenſeits gerichtet, deſſen letzte Lebensjahre eine

Theodor Wilhelm Achtermann, der Neſtor
der deutſchen Künſtler, iſt nicht mehr unter den Lebenden;
am 26. Mai iſt er zu Rom in dem hohen Alter von 84
Jahren geſtorben. Sein Leben war voll und ganz der
Kunſt im Dienſte des Herrn geweiht, das Leben eines
Künſtlers von Gottes Gnaden. Geboren am 15. Auguſt
1799, Sohn eines Schreiners zu Münſter, mußte er zuerſt
bei einem Vetter Knechtsarbeit verrichten, ſchnitzte aber ſchon
als Knabe mit Vorliebe Heiligenbilder und trat, nachdem
er den Soldatenrock getragen und noch einige Zeit hinter
dem Pfluge gegangen, als dreißigjähriger Mann in die
väterliche Werkſtätte ein, wo er bald durch ſchöne Schnitz-
arbeiten die Aufmerkſamkeit von Kunſtfreunden auf ſich zog.
Auf Empfehlung des Ober-Präſidenten v. Vincke iſt er
dann, drei Jahre ſpäter, nach Berlin gegangen, um unter
hartem Kampf um das tägliche Brod bei Schadow und
Rauch ſich auszubilden. Er lebte zunächſt von einem kleinen
Stipendium uud dem Preis, den er für Erfindung eines
neuen Pfluges erhalten hatte. Auch Tieck, Fürſt Radziwill,
v. Radowitz, v. Bethmann-Hollweg nahmen ſich des mit
der Noth des Lebens ringenden Talentes an. Ein Auftrag
v. Bethmann's führte ihn im Jahre 1838 nach Carrara,
wo er ein Crucifix in Marmor ausführte. Seit 1839 hat
Achtermann faſt ununterbrochen in Rom gelebt und dort
den deutſchen Namen zu Anſehen gebracht. Bei ihm wurde
die Arbeit zum Gebet; nur dem Höchſten hat ſein Meißel
gedient. Dabei blieb er ein innig frommer und demüthiger
Chriſt. Anfänglich unterſtützte ihn in Rom ein franzöſi-
ſcher Prieſter, Can. Thommes, bis er durch ein zweites
Crucifix, das die Fürſtin Aldobrandini mit 5550 Francs
bezahlte, wieder zu eigenen Mitteln kam. Von ſeinen näch-
ſten bedeutenderen Schöpfungen ſeien noch genannt: ein
St. Georg, eine Kreuzigung, eine wunderbare Pietà, welche
er für Lord Granville und, auf Anregung des Domdecans
Krabbe von Münſter, von 1845 bis 1849 noch einmal in
Marmor für den Dom zu Münſter ausführte, wo die
herrliche Gruppe 1850 unter Achtermanns Leitung, der bei
 
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