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Christliches Kunstblatt für Kirche, Schule u. Haus — [1].1858

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https://doi.org/10.11588/diglit.22171#0030
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Anwendung zu Lringen, nberall aber darauf binznwirken, daß nicht nur die Ornamentik des
Banwerkes, sondevn anch die kirchlichen Geräthe, Gefäße und dergleichen dem Charakter des ge-
wählten Äirchenbaustils entsprechen.

Es sei vor Allem bemerkt, daß die voranstehenden Thesen den strengen
lutherischen Cultus und die damit verbundene kirchliche Disciplin im Auge haben,
und daß deshalb der württembergische Abgeordnete bei der Dresdener Conferenz
den über Einrichtung der Kirchen gefaßten Beschlüssen nur mit den Beschrän-
kungen beigetreten ist, welche die Brenzische Gottesdienftordnung für die alt-
württembergischen Gemeinden hinsichtlich der Stellung des Kirchendieners im
Altar (§, 1.) und hinsichtlich der Ausstattung des Altars (Z. 6.) mit sich bringt.
Ein Gleiches gilt dann auch für diejenigen Landeskirchen, in welchen die Pri-
vatbeichte in der strengen Form gar nicht oder bloß in Vermischung mit der
Seelsorge besteht, daß dort die sogenannten Beichtstühle (§. 10.) sehlen.

Jm Uebrigen aber ist in den ausgeführten Thesen wohl alles Wesentliche
und Wichtige beisammen, was sür die Statten des Gottesdienstes nach evan-
gelischem Bekenntniß in Rücksicht kommt. Auch stimmt dasselbe in mehr als
einem Punkte mit demjenigen überein, was gleichsalls schon in einer preußi-
schen Denkschrift v. I. 1852, ausgegangen von den Ministerien für Handel,
Gewerbe und öffentliche Arbeiten und für die geistlichen Angelegenheiten, ent-
Halten ist. Hier heißt es (Moser, Allg. Kirchenbl. 1852 S. 469):

„Die neueren evangelischen Kirchen haben durch das Verlassen traditionel-
ler und gleichsam geheiligter Formen, durch scheinbar rationelle — unserer Zeit
angepaßte — Behandlung des Stils, durch unrichtige Aufsassung der in Len
meisten Fällen gebotenen Einsachheit und nicht selten durch zuweit getriebene,
den kirchlichen Anstand und die unerläßlichen Hauptverhältnisse beeinträchtigende
Sparsamkeit häufig eine solche Charakterlosigkeit erhalten, daß sie aus keine Weise
den Bauaussührungen srüherer Zeiten an Lie Seite gestellt werden können.
Selbst den neueren katholischen Kirchen, bei welchen die Geistlichkeit beharrlicher
aus Ersüllung jener Bediugungen einer angemessenen Kirchenarchitektur und auf
monumentale Construktion hält, stehen die im Laufe dieses Jahrhunderts errich-
teten evangelischen Kirchen im Allgemeinen nach. Diese haben vielmehr, zumal
in ungeschickter Ansführuug und in vergänglichem Material, nur dazu gedient,
jenen Mangel noch empfindlicher bloßzulegen und das moderne, unangemessene
und untüchtige Ansehen zu vermehren."

„Die mehr als je gebotene Förderung kirchlichen Sinnes ist aber unzer-
trennlich von der Ausbildung einer würdigen Kirchenarchitektur, welche, selbst
in der einfachsten Auffassung, der Architektur profaner Gebäude auf keine Weise
nachstehen und im Ganzen wie in den Einzelnheiten sorgfältige Behandlung und
Liebe zur Sache nicht verläugnen dars."

(Schluß folgt.)
 
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