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Christliches Kunstblatt für Kirche, Schule u. Haus — [1].1858

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https://doi.org/10.11588/diglit.22171#0038
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Aber nicht diese Lorbeeren an sich sind eä, die Newtons Gedächtnißfeier einen Widerklang
anch in nnserem Blatte finden lassen, sendern es ist dies seine Stellnng ;um Christenthnm, seine
christüche'PhilosoPhie. Es wird ;war häufig behauptet, Newtons Beschäfiigung mit der b. Sckrist
sei die Wirkung einer Geistesschwäche gewesen, iu die er i. I. 1 692, im 50. Iahr seiues Lebeus,
gerathen sein soll. Ans seiuen Briefen geht herdor, dast er um diele Zeit allerdings von Kopf-
schmerzen heimgesucht wurde. Aber wie komnit es, daß gerade ans jener Zeit angeblicher Geistes-
abnahme die vier berühmten Briefe über die Existen; der Gottheit an l)r. Bentley voll Gedanken-
kraft und Geistesruhe herrühren? Auch aus seiner Jugend ist ein von tiefer Fiömmigkeit beseeltes
Gedicht von ihm bekannt, welches er unter das von ihm selbst gezeichuete Portrait des unglück-
lichen Königs Karl I. schrieb. Sein Biograph Biot bezeugt, daß Newtou immer solche reügiöi'e
Denkungsart hatte und Brewster sagt über ihu: ,,neben dem Studium der Körperwelc geht auch
das der h. Schrift." Er, der bescheidene Mann, der von sich selbst lagte: ,,ich kvmme mir vor
wie ein Knabe, der am Meeresuser spielt und sich damit belustigt, daß cr danu uud waun einen
glatteren Kiesel, eine schönere Muschel als gewöhnlich findet, während der große Ocean dcr Wahr-
heit unerforscht vor ihm liegt," konnte ein anderes Mal unehrerbietige Aeußerungen vr. Halley's
über die Religion mit den Worteu zurückweisen: ,,Jch habe diese Sachen studirt — Sie uicht."
Das Werk, welches ihm bewnders für ein Produkr der Geisteszerrüttung ausgelegt wird, siud
seine „Bemerknngen über die Prophezeihungen Daniels und der Apokalypse St. Iohannis."
Abgesehen davon, daß in dem Werk freilich mauches Eigenthümliche, aber durchaus uichts Wider-
sinniges sich befindet, ja heute noch anerkaunte Teutungen darin anftreten, zeugt es von großem
Scharfsinn nnd Gelehrsamkeit. Man weiß ans seiner Corresponden; mit Locke, daß seiue For-
schungen über die Weissagnugen schon vor 1691 augefangen hatten. Jmmer blcibt groß an dem
Manne, daß er mit klarem Verstand nnd aufrichtigem Herzen hindrang ;n der Quelle alles
Lichts, daß er auf dem festen Grunde seiner Erfahrungen nicht ein Luftgebäude eigener Spekula-
tionen aufrichtete, soudern sie zusammenfügte zu einem Tempel, in dem er den Herrn aubetete,
deu ,,auch die Morgeusterue miteinander lobeuW Wabrhaft erhaben sind seine Aeußernngen über
Gott namentlich in dem sclloliniu ^erierLlo am Ende der ,,Principien."

Newton war geboren deu 25. Dezember 1642 alten Stils, gerade ein Iahr nach dem Tode

Gaüleis. Als ein kleines schwächliches Kind kam er eist nach seines VaterS Tode, der ein Pächter

war, ;ur Welt. In seinem 12. Iahr schickte man ihu nach Grantham iu die Schule, wo er
nach seiner eigenen Angabe nicht sehr aufmerksam uud einer der untersten war. Ein Stoß auf
den lluterleib, den er von einem über ihm sitzeuden Mitschüler erhält, spornt ihn ;um Fleiß an
und er wird bald der Erste. Seine Freistunden süllt er mit mechanischen Spielereien aus. Mit

15 Iahren soll er Landwirth werden, aber statt an der eigentüchen Arbeit findet man ihn öfter

biuter einem Busch mit eiuem mathematiichen Buch beschäftigt. Er wird auf die Schule zurück-
geschickt und bezieht ini 18. Jahr die lluiversität Cambridge. In kurzer Zeit ist er bekannt und
berühmt. Er selbst erklärt, daß seine Arbeiten nicht von Scharfsinn berrühren, sondern bloß
von einem fleißigen und ausdauernden Nachdenken. 1669 wurde er Professor der Mathematik,
1696 bei einer Münzreform Diünzwardeiu, 1699 Münzmeister und Mitgüed der Akademie der
Wisseuschaften zu Paris als erster Ausländer, 1701 Parlamentsrepräsentant der Universität Cam-
bridge, 1703 Präsident der K. Gesellschaft der Wisseuschaften, 1705 Ritter. Er starb den
20. Mär; 1727 am Stein mit ungeschwächten Geisteskräflen, iu den glücküchsten äußeren Ver-
hältnissen, geachtet nnd geehrt von allen, der Freund zweier Königinuen. Berbeirathet war er
nie. Iu seiner Iugend soll einmal eine Miß Sterny auf ihn Eindruck gemacht baben. Er büeb
ihr Freund auch nach ihrer Verheirathung und uuterstützte ihre Famiüe oft mit Geld- Das
glänzeudste Zeugniß, das seine lange Grabschrift enthält, liegt in den Worten: „des allmächtigen
GotteS Majestät verherrlichte er in seiuer Philosophie, die Einfalt des Evangeüuius zeigte er in
i'einem Wandel." So stebt er auch da in seinem Deuknial, der einfache Manu, als eine Auf-
sorderuug gleichen Strebens, gleicheu Glaubens an die verehrende Nachwelt. B.

Redacteur: riieolox. Ounä. G. Bnnz; Verlag von Ebner L Seubcrl in Stuttgart.
Druck dcr I. G. Sprnndcl'schen Buchdruckcrci daselbst.
 
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