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cherlei Mühsal, auch gottesdienstlich ein. Von da aus verbreiteten sie sich über
Burg, Spandau, Magdeburg, Halle u. a. O. Mittlerweile hatten aber die nach
der Schweiz zurückgekehrten Thalleute sich mit den seither in den eidgenössischen
Cantonen Verbliebenen um den Genfersee her wieder vereinigt und eine Schaar,
von den Einen zu 4000, von Andern zu 8 — 900 Männern berechnet, unternahm
unter der Anführung des Heinrich Arnaud jene glorreiche Rückkehr in ihr Vater-
land, welche von diesem selbst in einem Buche, welches dem nunmehr volljährig
gewordenen und in die Regierung eingetretenen Herzog Eberhard Ludwig von
Württemberg gewidmet ist, geschildert wurde. Derselbe, um 1641 in den Thälern
oder in der Markgrafschaft Saluzzo geboren, hatte in Basel die Theologie stndirt,
hierauf jedoch in Holland unter Wilhelni von Oranien Kriegsdienste genommen
und sich später an die Spitze seiner Landsleute zur Wiedereinnahme der ihnen ent-
rissenen Heimat gestellt. In der Nacht des 16. August 1689 warfen sie sich aus
die Kniee zum Gebet, fuhren von Nyon über den See und betraten in Chablais
den savoyischen Boden. Zwischen den nahen piemontesischen und französischen
Truppen bestiegen sie auf unwegsamen Pfaden muthig das Gebirg. In Laval
konnte Arnaud zum ersten Mal sich für drei Stunden in ein Bett legen, nachdem
er acht Tage und Nächte lang unausgesetzt über den Seinigen gewacht und keiner
Ruhe, kaum einiger Speise genossen hatte. So drangen sie über La Balsille un-
aufhaltsam vor, warfen feindliche Züge nieder oder nahmen sie gefangen und er-
reichten am 31. August die Stadt Bobi. Allmählig sammelten sich rings um sie
her zwei Heerhaufen, deren Zahl auf 22,000 Mann stieg. Arnaud mußte sich auf
der Höhe von Balsille verschanzen. Die Gegner, mit schwerem Geschütz und an-
deren Mitteln der Belagerungskunst versehen, rückten dem Zufluchtsorte der 400
noch übrigen Waldenser immer näher. Dies währte über den Winter bis zum
Ende des April, wo es in der äußersten Noth dem ebenso klugen als kühnen An-
führer gelang, seine Schaar durch Klüfte in nächtlicher Weile das Gebirge herabzu-
leiten. Sie gelangten unter furchtbaren Anstrengungen und Entbehrungen bis in
das Thal von Angrogna, wo ihnen der Kommandant von Vigeraux im offenen
Kampfe erlag und, ihr Gefangener geworden, von der Abneigung des Herzogs von
Savoyen gegen das Bündniß mit Ludwig XIV. erzählte. Wirklich wurde ihnen
von Victor Amadeus II. Friede angeboten und zunächst Bobi zum Aufenthalt an-
gewiesen. Arnaud durfte aus dem Munde des Fürsten selbst die beruhigende Zu-
sicherung vernehmen. Derselbe hat sich wirklich mit Spanien und Deutschland in
den ersten Tagen des Juni vereinigt, die in den Gefängnissen und auf den Ga-
leeren schmachtenden Waldenser freigegeben und ihnen die väterlichen Wohnsitze
wieder eingeräumt. Die dankbaren Waldenser, durch den Zuzug vieler Landsleute
auch aus deutschen Landen und sogar aus dem Brandenburgischen, wie auch aus
Württemberg verstärkt, leisteten ihrem Landesherrn in den darauffolgenden Kriegs-
jahren die wichtigsten Waffendienste und ließen sich die Bearbeitung des ver-
wüsteten Heimatlandes und den Wiederaufbau der zerstörten Wohnsitze nicht ver-
drießen. Da gelang es der hinterlistigen Politik Frankreichs und dem Andringen
der römischen Curie abermals, den charakterlosen Herzog in den Dienst ihrer In-
teressen zu ziehen und zum Treubruch gegen seine reformirten Unterthanen zu be-
cherlei Mühsal, auch gottesdienstlich ein. Von da aus verbreiteten sie sich über
Burg, Spandau, Magdeburg, Halle u. a. O. Mittlerweile hatten aber die nach
der Schweiz zurückgekehrten Thalleute sich mit den seither in den eidgenössischen
Cantonen Verbliebenen um den Genfersee her wieder vereinigt und eine Schaar,
von den Einen zu 4000, von Andern zu 8 — 900 Männern berechnet, unternahm
unter der Anführung des Heinrich Arnaud jene glorreiche Rückkehr in ihr Vater-
land, welche von diesem selbst in einem Buche, welches dem nunmehr volljährig
gewordenen und in die Regierung eingetretenen Herzog Eberhard Ludwig von
Württemberg gewidmet ist, geschildert wurde. Derselbe, um 1641 in den Thälern
oder in der Markgrafschaft Saluzzo geboren, hatte in Basel die Theologie stndirt,
hierauf jedoch in Holland unter Wilhelni von Oranien Kriegsdienste genommen
und sich später an die Spitze seiner Landsleute zur Wiedereinnahme der ihnen ent-
rissenen Heimat gestellt. In der Nacht des 16. August 1689 warfen sie sich aus
die Kniee zum Gebet, fuhren von Nyon über den See und betraten in Chablais
den savoyischen Boden. Zwischen den nahen piemontesischen und französischen
Truppen bestiegen sie auf unwegsamen Pfaden muthig das Gebirg. In Laval
konnte Arnaud zum ersten Mal sich für drei Stunden in ein Bett legen, nachdem
er acht Tage und Nächte lang unausgesetzt über den Seinigen gewacht und keiner
Ruhe, kaum einiger Speise genossen hatte. So drangen sie über La Balsille un-
aufhaltsam vor, warfen feindliche Züge nieder oder nahmen sie gefangen und er-
reichten am 31. August die Stadt Bobi. Allmählig sammelten sich rings um sie
her zwei Heerhaufen, deren Zahl auf 22,000 Mann stieg. Arnaud mußte sich auf
der Höhe von Balsille verschanzen. Die Gegner, mit schwerem Geschütz und an-
deren Mitteln der Belagerungskunst versehen, rückten dem Zufluchtsorte der 400
noch übrigen Waldenser immer näher. Dies währte über den Winter bis zum
Ende des April, wo es in der äußersten Noth dem ebenso klugen als kühnen An-
führer gelang, seine Schaar durch Klüfte in nächtlicher Weile das Gebirge herabzu-
leiten. Sie gelangten unter furchtbaren Anstrengungen und Entbehrungen bis in
das Thal von Angrogna, wo ihnen der Kommandant von Vigeraux im offenen
Kampfe erlag und, ihr Gefangener geworden, von der Abneigung des Herzogs von
Savoyen gegen das Bündniß mit Ludwig XIV. erzählte. Wirklich wurde ihnen
von Victor Amadeus II. Friede angeboten und zunächst Bobi zum Aufenthalt an-
gewiesen. Arnaud durfte aus dem Munde des Fürsten selbst die beruhigende Zu-
sicherung vernehmen. Derselbe hat sich wirklich mit Spanien und Deutschland in
den ersten Tagen des Juni vereinigt, die in den Gefängnissen und auf den Ga-
leeren schmachtenden Waldenser freigegeben und ihnen die väterlichen Wohnsitze
wieder eingeräumt. Die dankbaren Waldenser, durch den Zuzug vieler Landsleute
auch aus deutschen Landen und sogar aus dem Brandenburgischen, wie auch aus
Württemberg verstärkt, leisteten ihrem Landesherrn in den darauffolgenden Kriegs-
jahren die wichtigsten Waffendienste und ließen sich die Bearbeitung des ver-
wüsteten Heimatlandes und den Wiederaufbau der zerstörten Wohnsitze nicht ver-
drießen. Da gelang es der hinterlistigen Politik Frankreichs und dem Andringen
der römischen Curie abermals, den charakterlosen Herzog in den Dienst ihrer In-
teressen zu ziehen und zum Treubruch gegen seine reformirten Unterthanen zu be-