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bekämen, die in der Welt über ihnen vor sich gehen, den Wechsel mit Schrecken
und Staunen wahrnehmen, der sich seit ihrer Lebenszeit in der Kirche zugetragen,
und nicht am wenigsten würden sie sich über manche Deutungen der um sie be-
mühten Wissenschaft verwundern, welche die Anschauung und Sitte des Mittelalters
in die Ueberreste des ältesten christlichen Pinsels und Meisels hineinzutragen kein
Bedenken trägt. Indessen, abgesehen von solchen Ausschreitungen, welche der from-
men Ueberschwänglichkeit oder der kirchlichen Parteianschauung angehören, ist das
in Rede stehende Unternehmen mit Eifer, Geduld und Scharfsinn geführt und von
einer anerkennungswerthen Kritik begleitet, und gebührt dem eigentlichen Begründer
und Leiter der so ergiebigen jüngsten Forschungen in der Katakombenwelt, I. B.
de Rossi in Rom, vielfachstes Lob und bleibender Dank.
Die Geschichte und das Ergebnis; der Rossi'schen Leistungen finden wir neuer-
lichst in zwei Schriften vorgetragen, mit deren Besprechung diese Anzeige sich be-
schäftigen soll.
1. Die neuesten Studien über die römischen Katakomben. Von
Graf Dcsbassayes de Richemont. Mit einer Vorrede des Cav. G. B.
de Rossi. Autorisirte Uebersetzung. Mainz, Franz Kirchheim. 1872.
2. Uoms soiteranea. Die römischen Katakomben. Eine Darstellung
der neuesten Forschungen, mit Zugrundelegung des Werkes von I. Spen-
cer Northcote, vv. Präsident des St. Mary-College's in Oscott, und
W. R. Brownlow, M. A., bearbeitet von Or. Franz Xaver Kraus,
Professor an der Universität Straßburg. Mit vielen Holzschnitten und
chromolithographirten Tafeln. Freiburg im Breisgau. Herder'sche Ver-
lagshandlung. 1873.
Wenn man die von vr. Kraus beigegebene Karte des Stadtgebiets und der
zunächst liegenden Campagna Roms übersieht, findet man im ganzen Umkreis von
drei Meilen außerhalb der Stadtmauer einen Kranz von Kirchhöfen (Cömeterien)
unter der Oberfläche des Bodens. In die apostolische Zeit glaubt man 7 bis 8
derselben hinauf datiren zu dürfen. Im dritten Jahrhunderte wurden, der Zahl
der Pfarreien entsprechend, 25 oder 26 gerechnet, und außerdem noch etwa 20
kleinere Begrübnißstütten. Sie befanden sich in Gürten und Gütern einzelner »er-
möglichen Römer und Römerinnen, welche den Christenglauben frühe bekannt hatten,
und dehnten sich theilweise nicht blos in weiten Gängen, sondern auf mehreren,
bis zu fünf, Stockwerken neben und untereinander aus. Hinter dem 7. Meilen-
stein von Rom beginnen erst wieder solche Krypten, die den entfernt liegenden Ort-
schaften zugehörten, und aus dem übrigen Italien, besonders von Neapel und
Sicilien, von Spanien, Frankreich, der Schweiz (St. Maurice), Deutschland (Trier
und Köln), Afrika, Cypern, Syrien, Phrygien, Palästina und Aegypten (Alexan-
drien) zählt Or. Kraus in der 11. Beilage seines Buches über 50 christliche Nekro-
polen auf. In Rom selbst sind am vollständigsten die verschiedenen Bestandtheile
des Cömcteriums, welches den Namen des h. Calixtus (8un 0nUi8to) führt, zur
Entdeckung gelangt, und cs ist dies in unserem Jahrhundert vorerst dem Jesuiten
Marchi und seinem noch glücklicheren Schüler Rossi gelungen, welchem in topo-
graphischer Hinsicht sein jüngerer Bruder Michael treulich und erfolgreich zur Seite steht.
 
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