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Für die selbstständige Entwickelung des Meisters trug nicht wenig sein Ver-
hältniß zu höhergebildeten Persönlichkeiten bei. Wenn ihm schon früher der Verkehr
mit Sulpiz Boisseree und die Berührung mit Göthe viel genützt hatte, wenn er in
Rom zwar an dem bedeutenden Kreise, der sich 1800—1808 um Wilhelm von
Humboldt und dessen Familie gebildet hatte, nicht mehr Antheil nehmen durfte,
aber doch mit einzelnen Männern dieses Kreises, Rauch, Welker, Fernow, später
mit dem Frankfurter Schlosser, der den Klosterbrüdern Abends die Nibelungen und
den Dante erläuternd vortrug, in nahe Beziehung trat; so war dagegen von dem
besondersten Einflüsse auf seinen Geist und Charakter, wie auf seine fernere Lauf-
bahn der nach den Befreiungskriegen als Gesandter des Königs von Preußen in Rom
eingetroffene Niebuhr.
In verschiedenen Briefen und Berichten äußert sich Niebuhr voll Interesse und
Anerkennung. Er hatte bald nach seiner Ankunft bei der deutschen Feier des
18. Oktober 1816 den Ehrenplatz zwischen Thorwaldsen und Cornelius eingenom-
men und sein Haus war ein Vereinigungspunkt für die deutschen Künstler. „Cor-
nelius ist wohl der geistreichste, Overbeck und W. Schadow liebenswürdige Menschen
und sehr tüchtige Künstler." Später: „Von den vielen Künstlern, die sich an-
fangs zu uns hielten, sind wir nur mit wenigen im Verhältniß geblieben. Helfen
kann ich nicht, wie ich wünschte. Wer das nun nicht kann und sich nicht dazu
versteht, die Kunst als das erste in der Welt zu betrachten, von dem ziehen sich
die Künstler zurück. Der edle uud geistreiche Cornelius hat sich aber nicht von mir
getrennt." — „Sein Sinn in der Kunst geht ganz in die Tiefe und auf das
Einfältige und Große." — An den Minister: „Vorläufig muß ich mir erlau-
ben, als Bittsteller für Cornelius, ohne daß er davon Kenntnis; hätte, aufzu-
treten. Dieser ist ein ungemein geistreicher Mensch und Künstler: er verdirbt sich
nicht, um für den Geschmack der hieher kommenden Fremden zu arbeiten; darüber
lebt er aber auch äußerst dürftig. Meine Mittel erlauben mir nicht für ihn zu
thun, was ich sehr angelegentlich thun zu können wünschte. Würdiger könnte Nie-
mand einer Unterstützung des Staates sein, und angemessen wäre es wohl, einer
der neu erworbenen Provinzen zu zeigen, daß, wenn sie das Glück gehabt, einen
seltenen Geist unter sich geboren zu sehen, dieser von der neuen Regierung ausge-
zeichnet und gehegt wird. Ich bitte nicht um eine Pension für ihn; wohl aber
darum, daß ihm eine der Liberalität unseres Staates angemessene Summe ange-
wiesen und ihm aufgetrageu werde, dagegen ein Werk, nach seiner eigenen Wahl,
zu arbeiten und zu senden."
Je inniger sich Cornelius an den vielseitig gebildeten Niebuhr anschloß, der
mit einem im klassischen Alterthum gereiften Geist ein entschieden protestantisches
Gemüth in sich einte, uni so weniger konnte ihm der einseitig religiöse und kon-
fessionelle Geschmack seiner Kunstgenossen behagen. Overbeck's schwärmerischer Sinn
neigte sich nicht blos zu den Gestalten der vorraphaelischen Schule, sondern auch
zu den Dogmen des katholischen Mittelalters. Dazu gesellte sich das conversions-
süchtige Treiben des ebenso unsauberen als überspannten Zacharias Werner in Rom.
Overbeck, der Sohn des Lübecker Bürgermeisters, des Dichters von: „Ueb' immer
Treu' und Redlichkeit", war schon 1813 katholisch geworden. Ihm folgten Wilhelm
Für die selbstständige Entwickelung des Meisters trug nicht wenig sein Ver-
hältniß zu höhergebildeten Persönlichkeiten bei. Wenn ihm schon früher der Verkehr
mit Sulpiz Boisseree und die Berührung mit Göthe viel genützt hatte, wenn er in
Rom zwar an dem bedeutenden Kreise, der sich 1800—1808 um Wilhelm von
Humboldt und dessen Familie gebildet hatte, nicht mehr Antheil nehmen durfte,
aber doch mit einzelnen Männern dieses Kreises, Rauch, Welker, Fernow, später
mit dem Frankfurter Schlosser, der den Klosterbrüdern Abends die Nibelungen und
den Dante erläuternd vortrug, in nahe Beziehung trat; so war dagegen von dem
besondersten Einflüsse auf seinen Geist und Charakter, wie auf seine fernere Lauf-
bahn der nach den Befreiungskriegen als Gesandter des Königs von Preußen in Rom
eingetroffene Niebuhr.
In verschiedenen Briefen und Berichten äußert sich Niebuhr voll Interesse und
Anerkennung. Er hatte bald nach seiner Ankunft bei der deutschen Feier des
18. Oktober 1816 den Ehrenplatz zwischen Thorwaldsen und Cornelius eingenom-
men und sein Haus war ein Vereinigungspunkt für die deutschen Künstler. „Cor-
nelius ist wohl der geistreichste, Overbeck und W. Schadow liebenswürdige Menschen
und sehr tüchtige Künstler." Später: „Von den vielen Künstlern, die sich an-
fangs zu uns hielten, sind wir nur mit wenigen im Verhältniß geblieben. Helfen
kann ich nicht, wie ich wünschte. Wer das nun nicht kann und sich nicht dazu
versteht, die Kunst als das erste in der Welt zu betrachten, von dem ziehen sich
die Künstler zurück. Der edle uud geistreiche Cornelius hat sich aber nicht von mir
getrennt." — „Sein Sinn in der Kunst geht ganz in die Tiefe und auf das
Einfältige und Große." — An den Minister: „Vorläufig muß ich mir erlau-
ben, als Bittsteller für Cornelius, ohne daß er davon Kenntnis; hätte, aufzu-
treten. Dieser ist ein ungemein geistreicher Mensch und Künstler: er verdirbt sich
nicht, um für den Geschmack der hieher kommenden Fremden zu arbeiten; darüber
lebt er aber auch äußerst dürftig. Meine Mittel erlauben mir nicht für ihn zu
thun, was ich sehr angelegentlich thun zu können wünschte. Würdiger könnte Nie-
mand einer Unterstützung des Staates sein, und angemessen wäre es wohl, einer
der neu erworbenen Provinzen zu zeigen, daß, wenn sie das Glück gehabt, einen
seltenen Geist unter sich geboren zu sehen, dieser von der neuen Regierung ausge-
zeichnet und gehegt wird. Ich bitte nicht um eine Pension für ihn; wohl aber
darum, daß ihm eine der Liberalität unseres Staates angemessene Summe ange-
wiesen und ihm aufgetrageu werde, dagegen ein Werk, nach seiner eigenen Wahl,
zu arbeiten und zu senden."
Je inniger sich Cornelius an den vielseitig gebildeten Niebuhr anschloß, der
mit einem im klassischen Alterthum gereiften Geist ein entschieden protestantisches
Gemüth in sich einte, uni so weniger konnte ihm der einseitig religiöse und kon-
fessionelle Geschmack seiner Kunstgenossen behagen. Overbeck's schwärmerischer Sinn
neigte sich nicht blos zu den Gestalten der vorraphaelischen Schule, sondern auch
zu den Dogmen des katholischen Mittelalters. Dazu gesellte sich das conversions-
süchtige Treiben des ebenso unsauberen als überspannten Zacharias Werner in Rom.
Overbeck, der Sohn des Lübecker Bürgermeisters, des Dichters von: „Ueb' immer
Treu' und Redlichkeit", war schon 1813 katholisch geworden. Ihm folgten Wilhelm