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Christliches Kunstblatt für Kirche, Schule u. Haus — 31.1889

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Nr. 8 (1. August 1889)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44548#0125
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württembergische Wappen, das vierzinkige Hirschhorn, und die an Herzog Eber-
hard im Bart erinnernde Jahrzahl 1493.
So steht nun das echt fürstliche und echt volkstümliche Denkmal, unbehelligt
von der nnfernen hohen Denksäule König Wilhelms in günstiger Beleuchtung an
dem durch den Schloßplatz zur Eisenbahn führenden, vielbetretenen breiten Gang
ebenso erhaben als menschlich ansprechend. Im Anschauen des edeln, frommen
Herzogs und der ernsten wie der festlichen Lebensbilder zu seinen Füßen mag
auch der Fremde mit den das Denkmal umringenden Eingeborenen sprechen: „Hie
gut Württemberg alleweg!"

Die Wiederherstellung der Mathurinenkirche ;u Oppenheim.*)
31. Mai 1689 bis 31. Mai 1889.
In einem der gesegnetsten Gaue unsres Vaterlandes erhebt sich eines der
edelsten, vollendetsten und originellsten Werke gotischer Baukunst: die Katharinen-
kirche von Oppenheim. Steigt man in dem kleinen Städtchen, das sich von den
Verwüstungen der Franzosen nie ganz erholt hat, nie völlig wieder zu seiner
mittelalterlichen Größe und Blüte aufgestiegen ist, den engen Pfad hinauf, so
erreicht man bald dieses Wunder herrlichster Architektur, daS hoch über der Stadt
auf einem mit Reben bedeckten Hügel emporragt. Frei schweift der Blick über
die zu seinen Füßen gelagerte Stadt, über die weiten Gefilde, deren beste Lagen
der segenspendende Weinstock bekleidet und die der breite Strom, im Sonnen-
glanze leuchtend, durchzieht, bis zu den fern am Horizont sich zeichnenden, schön
bewegten Linien des Odenwaldes. Als ich zuletzt diese sonnige Höhe hinanstieg,
an einem goldigen Junitage, da glaubte ich in König Laurins Rosengarten zu
treten, denn ein Wald üppig blühender Rosen umkränzte die ganze Kirche. Eine
mehr poetische Stelle hätten die Oppenheimer des 13. Jahrhunderts für ihr
Gotteshaus nicht wählen können. Dieses selbst aber erfüllte die Seele mit
widerstreitenden Empfindungen. Zu der Bewunderung über diesen geistvollen,
schönheitstrahlenden Bau gesellte sich der Schmerz über die Verwüstung, welche
denselben betroffen hatte. Es war am 31. Mai 1689, als die Mordbrenner-
banden des „allerchristlichstew" Königs, nachdem sich die Stadt schon im Jahre
vorher den Franzosen ergeben hatte, den ganzen Ort samt der Katharinenkirche
und der hoch über derselben aufragenden Burg Landskron den Flammen Über-
gaben. Das Elend und die Not der nachfolgenden Zeiten ließ nur einen kümmer-
lichen Wiederaufbau der eingeäschcrten Stadt zu; an der Katharinenkirche konnte
kaum das Notwendigste vorgenommen werden. Der Zentralturm, ein Wunder
kühnster, genialster Konstruktion, erhielt eine häßliche Zopfhaube als Notdach;
das Mittelschiff der Kirche wurde später mit einem hölzernen Gewölbe eingedeckt;
der großartige Westchor dagegen blieb als ausgebrannte Ruine ohne Gewölbe
und ohne Dach stehen, so daß man unwillkürlich der Verse des Dichters gedachte:

*) Mit gütiger Genehmigung des H. Verfassers aus der Beilage zur Allgemeinen Zeitung
1889, Nro. 149 hier mitgeteilt.
 
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