21
sie die andern betrifft, als Folie des eigenen Behagens ebenfalls ästhetisch,
zu genießen ſucht. Aber auch die Kunſt selbt kommt bei dieser äſthe-
tiſchen Lebensauffaſſung nicht zu ihrem Recht. Förster kritisiert das für
die Aufnahme der Wirkungen der Kunſt übliche Wort „Kunſsſtg enuß“:
„als ob die Wirkung auf Empfinden und Fühlen das Wesentliche wäre“.
(J.-L., Seite 76.) Die Kunst wird in ihrem Wesentlichen nur erfaßt und
verſtanden, wenn sie erlebt wird, d. h. aber, wenn der Betrachtende an
seinem Teil in das Erleben des Künſtlers mit eintritt. Dies aber iſt nicht
möglich, ohne daß er an der besonderen Arbeit des Künstlers teilnimmt,
| z
Martin Elsäßer Pfarrhaus in Kirchheim
an dem Ringen um die Herrſchaft der Perſönlichkeit über die
Natur, um die Vergeiſtigung und Verklärung des S tof-
f e s, die das Wesen der echten und hohen Kunst ausmacht. Die für
Förſters ganze Art äußerſt bezeichnenden und in ihrer überraſchenden
Folgerichtigkeit sehr beherzigenswerten Sätze mögen noch wörtlich folgen:
„Wer Beethovens Leiden nicht ahnen und mitfühlen kann, und das ganze
dämonische Leid der Menschheit, das darin mitklingt, der nimmt auch
nicht teil an der heroiſchen Kraft der Ueberwindung, die in dieser Musik
zum Ausdruck kommt; er erfaßt die endliche Verklärung nicht als eine Ant-
wort auf das ganze tragiſche Leben, sondern er genießt die Harmonien
nur passiv, sinnlich und äußerlich, nicht aber als kämpfender und ſtrebender
Menſch. Wahre Kunsterziehung wäre Erziehung zur Mitarbeit an dem
großen Ueberwindungswerke des Künstlers, der die Materie beseelt, das
sie die andern betrifft, als Folie des eigenen Behagens ebenfalls ästhetisch,
zu genießen ſucht. Aber auch die Kunſt selbt kommt bei dieser äſthe-
tiſchen Lebensauffaſſung nicht zu ihrem Recht. Förster kritisiert das für
die Aufnahme der Wirkungen der Kunſt übliche Wort „Kunſsſtg enuß“:
„als ob die Wirkung auf Empfinden und Fühlen das Wesentliche wäre“.
(J.-L., Seite 76.) Die Kunst wird in ihrem Wesentlichen nur erfaßt und
verſtanden, wenn sie erlebt wird, d. h. aber, wenn der Betrachtende an
seinem Teil in das Erleben des Künſtlers mit eintritt. Dies aber iſt nicht
möglich, ohne daß er an der besonderen Arbeit des Künstlers teilnimmt,
| z
Martin Elsäßer Pfarrhaus in Kirchheim
an dem Ringen um die Herrſchaft der Perſönlichkeit über die
Natur, um die Vergeiſtigung und Verklärung des S tof-
f e s, die das Wesen der echten und hohen Kunst ausmacht. Die für
Förſters ganze Art äußerſt bezeichnenden und in ihrer überraſchenden
Folgerichtigkeit sehr beherzigenswerten Sätze mögen noch wörtlich folgen:
„Wer Beethovens Leiden nicht ahnen und mitfühlen kann, und das ganze
dämonische Leid der Menschheit, das darin mitklingt, der nimmt auch
nicht teil an der heroiſchen Kraft der Ueberwindung, die in dieser Musik
zum Ausdruck kommt; er erfaßt die endliche Verklärung nicht als eine Ant-
wort auf das ganze tragiſche Leben, sondern er genießt die Harmonien
nur passiv, sinnlich und äußerlich, nicht aber als kämpfender und ſtrebender
Menſch. Wahre Kunsterziehung wäre Erziehung zur Mitarbeit an dem
großen Ueberwindungswerke des Künstlers, der die Materie beseelt, das