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ſtandesleute, die mit dem Verstande allein die Lebensbetätigung der Kunſt
betrachten. Das Speszialistentum zieht sich in seine akademiſchen Burgen
zurück und wird selbſt dort ſchon bedroht. Der Theoretiker verbindet ich
minder ſelbſtbewußt als ehedem mit dem Praktiker. Der Prattiker aber
hört mehr, als er's ſeit Menſchengeschlechtern getan hat, auf die leiſe oder
laute Rede des »ſ o zialen G e wi ss e n s«.“ (Von Avenarius gesperrt.)
Ich glaube, ein gut Teil von uns ,Dilettanten“ darf sich zu den Prak-
tikern zählen, die auf die Stimme des sozialen Gewissens seit Jahr und
Tag gehört haben. Der Kunſthiſtoriker Franz Bock wird ja wohl denken:
„Wenn die Könige bauen, haben die Karrenleute zu tun.“ Es wird ſich
aber noch sehr fragen, wer an dem Königsbau der Volkskunſt mehr geistigen
und sozialen Anteil hat, ob Leute wie Bock, der Kunstwissenschaftler, oder
einer von uns Dilettanten. Im modernen Leben wird nicht nach der
ästhetiſchen Theorie, sondern nach dem lebendigen Erfolg geurteilt.
Wo wären wir heute mit unserer Volkskunsſt, wenn etwa Avenarius oder
Bürckner oder Bonus oder ich gewartet hätte, bis Franz Bock in die
Arena trat ? Die ganze Bewegung des Kunſtwarts iſt vielfach im Gegensatz
gegen die Kunſttheoretiker gemacht worden. Und so war es auch bei uns.
Wenn Franz Bock oder sonst wer jetzt das Bedürfnis findet, nachdem wir
in ſchwerer Arbeit die Massen in Bewegung gesetzt haben, indem wir ſtatt
Kunsttheorien Lebenswerte der Kunſt + in Schalen des Gemütes und
in der Denkart des Volkes reichten, ſo wird man dieſen Wisſsenſchaftlern
Dank wissen, sofern sie den Gebrauch der parlamentariſchen Form an-
ständig zu handhaben wissen ~ und sofern ihre „Methode“ etwas mehr
imponiert als die von Franz Bock. Ich meinesteils ziehe vorläufig die
Methode von Gurlitt, Muther, Schubring, Clemen, Neumann, Wölfflin,
Burckhardt (welch lettteren beide Bock im Stile Meier-Graefes besonders
Gram ist) . noch vor. Es war mir eine bisher unbekannte kunſthiſtoriſche
Methode, wenn Franz Bock zur Aufklärung der unwissenden Theologen
und Laien zwei Darstellungen einer Kunstausstellung herauzgreift, die
gar nicht Fachurteile sein wollen, und nun in der Zerpflückung dieser
Anschauungen seine meiſt ebenfalls subjektiven Anschauungen vorträgt.
Wenn Bock seine Sache ernſt nahm, so mußte er das Licht einer glän-
zenderen Methode vor uns leuchten laſſen. Er hätte uns zunächſt einen
theoretiſchen Teil geben müssen über seine Stellung zur Frage über „Religion
und Kunst“ + etwa so wie es neulich in der Patria Naumanns mein
„Dilettanten“-Kollege Arthur Bonus tat. Er hätte ſcharf untersuchen müssen,
inwieweit bei der religiöſen Kunst sowohl für den Schöpfer als den Be-
schauer das religiöse Empfinden und Erleben ein- oder ausgeſchaltet werden
müssen. Franz Bock erledigt diese fundamentale Frage in einer Fußnote:
„Was religiöſe Bilder dem religiös Empfindenden ſagen, iſt natür-
lich rein ſubjektiv und indiskutabel. Hier handelt es ſich nur um die Kunſt.“
Wenn man nicht wüßte, daß Bock Kunsthiſtoriker iſt, tönnte man glauben, ein
„Dilettant“ habe diesen Satz geſchrieben. Sind die religiöſen Empfindungen,
ſtandesleute, die mit dem Verstande allein die Lebensbetätigung der Kunſt
betrachten. Das Speszialistentum zieht sich in seine akademiſchen Burgen
zurück und wird selbſt dort ſchon bedroht. Der Theoretiker verbindet ich
minder ſelbſtbewußt als ehedem mit dem Praktiker. Der Prattiker aber
hört mehr, als er's ſeit Menſchengeschlechtern getan hat, auf die leiſe oder
laute Rede des »ſ o zialen G e wi ss e n s«.“ (Von Avenarius gesperrt.)
Ich glaube, ein gut Teil von uns ,Dilettanten“ darf sich zu den Prak-
tikern zählen, die auf die Stimme des sozialen Gewissens seit Jahr und
Tag gehört haben. Der Kunſthiſtoriker Franz Bock wird ja wohl denken:
„Wenn die Könige bauen, haben die Karrenleute zu tun.“ Es wird ſich
aber noch sehr fragen, wer an dem Königsbau der Volkskunſt mehr geistigen
und sozialen Anteil hat, ob Leute wie Bock, der Kunstwissenschaftler, oder
einer von uns Dilettanten. Im modernen Leben wird nicht nach der
ästhetiſchen Theorie, sondern nach dem lebendigen Erfolg geurteilt.
Wo wären wir heute mit unserer Volkskunsſt, wenn etwa Avenarius oder
Bürckner oder Bonus oder ich gewartet hätte, bis Franz Bock in die
Arena trat ? Die ganze Bewegung des Kunſtwarts iſt vielfach im Gegensatz
gegen die Kunſttheoretiker gemacht worden. Und so war es auch bei uns.
Wenn Franz Bock oder sonst wer jetzt das Bedürfnis findet, nachdem wir
in ſchwerer Arbeit die Massen in Bewegung gesetzt haben, indem wir ſtatt
Kunsttheorien Lebenswerte der Kunſt + in Schalen des Gemütes und
in der Denkart des Volkes reichten, ſo wird man dieſen Wisſsenſchaftlern
Dank wissen, sofern sie den Gebrauch der parlamentariſchen Form an-
ständig zu handhaben wissen ~ und sofern ihre „Methode“ etwas mehr
imponiert als die von Franz Bock. Ich meinesteils ziehe vorläufig die
Methode von Gurlitt, Muther, Schubring, Clemen, Neumann, Wölfflin,
Burckhardt (welch lettteren beide Bock im Stile Meier-Graefes besonders
Gram ist) . noch vor. Es war mir eine bisher unbekannte kunſthiſtoriſche
Methode, wenn Franz Bock zur Aufklärung der unwissenden Theologen
und Laien zwei Darstellungen einer Kunstausstellung herauzgreift, die
gar nicht Fachurteile sein wollen, und nun in der Zerpflückung dieser
Anschauungen seine meiſt ebenfalls subjektiven Anschauungen vorträgt.
Wenn Bock seine Sache ernſt nahm, so mußte er das Licht einer glän-
zenderen Methode vor uns leuchten laſſen. Er hätte uns zunächſt einen
theoretiſchen Teil geben müssen über seine Stellung zur Frage über „Religion
und Kunst“ + etwa so wie es neulich in der Patria Naumanns mein
„Dilettanten“-Kollege Arthur Bonus tat. Er hätte ſcharf untersuchen müssen,
inwieweit bei der religiöſen Kunst sowohl für den Schöpfer als den Be-
schauer das religiöse Empfinden und Erleben ein- oder ausgeſchaltet werden
müssen. Franz Bock erledigt diese fundamentale Frage in einer Fußnote:
„Was religiöſe Bilder dem religiös Empfindenden ſagen, iſt natür-
lich rein ſubjektiv und indiskutabel. Hier handelt es ſich nur um die Kunſt.“
Wenn man nicht wüßte, daß Bock Kunsthiſtoriker iſt, tönnte man glauben, ein
„Dilettant“ habe diesen Satz geſchrieben. Sind die religiöſen Empfindungen,