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keine Weltanſchauung, ſie hat nur Wissenschaft.“ „Im letzten Grund ist es der
Mangel einer Weltanschauung, der eine neue große Zeit der Kunst, insbesondere
der plaſtiſchen Kunst, nicht erstehen läßt. Jede große Kunstepoche war Ausfluß
und Folge eines großen Glaubens.“ Die Friedhöfe beweiſen die Materialiſierung
unseres Geschlechts auf Schritt und Tritt.
Und doch könnten sie, wie ſie es einſt waren, die Stätten ſein, wo sich das tiefste
und feinſte Empfinden eines Geschlechts auslebt, wo die reichſte Seelenkultur einer
Generation sich entfaltee. Man denke in der Hinsicht an die Vergangenheit : Die
Antike, die Katakombenkunſt, die Friedhöfe der Reformations-Zeit und des viel-
Abschied.
geſchmähten Rationalismus. Es wird ersſt dann wieder besser werden, wenn ſich
die religiöſen und ethiſchen Vorstellungen wieder vertiefen, ordnen und ſich feſtigen
und womöglich sich verdichten zu einer klaren, freudigen Weltanschauung. Das
wird zunächſt nur durch einzelne möglich sein; Menſchen, die sich durchgerungen
haben, werden auch der breiteren Masse sich mitteilen und an der Umgestaltung
der Volkspſyche mitzuarbeiten haben. Und hierin iſt beſonders den Künſtlern,
Bildhauern und Architekten eine große Aufgabe gestellte. „Der Menſchheit Würde
iſt in eure Hand gegeben, bewahret Jie."
Ihre Werke ſollten edlere Gefühle vermitteln, zu den Leidenden und Suchen-
den sprechen mit der Sprache, mit der ein Gott ihnen zu reden gab vom Höchſten
und Heiligſten, vom Unausſprechlichen. Sie sollten nicht Formen geben, nicht
blos eine Dekoration ſchaffen für die Ereigniſsſe des Leids und der Freude, ſon-
dern sie sollten das Beste und Höchſte, was sie ſelbſt erlebt haben, gestalten und
keine Weltanſchauung, ſie hat nur Wissenschaft.“ „Im letzten Grund ist es der
Mangel einer Weltanschauung, der eine neue große Zeit der Kunst, insbesondere
der plaſtiſchen Kunst, nicht erstehen läßt. Jede große Kunstepoche war Ausfluß
und Folge eines großen Glaubens.“ Die Friedhöfe beweiſen die Materialiſierung
unseres Geschlechts auf Schritt und Tritt.
Und doch könnten sie, wie ſie es einſt waren, die Stätten ſein, wo sich das tiefste
und feinſte Empfinden eines Geschlechts auslebt, wo die reichſte Seelenkultur einer
Generation sich entfaltee. Man denke in der Hinsicht an die Vergangenheit : Die
Antike, die Katakombenkunſt, die Friedhöfe der Reformations-Zeit und des viel-
Abschied.
geſchmähten Rationalismus. Es wird ersſt dann wieder besser werden, wenn ſich
die religiöſen und ethiſchen Vorstellungen wieder vertiefen, ordnen und ſich feſtigen
und womöglich sich verdichten zu einer klaren, freudigen Weltanschauung. Das
wird zunächſt nur durch einzelne möglich sein; Menſchen, die sich durchgerungen
haben, werden auch der breiteren Masse sich mitteilen und an der Umgestaltung
der Volkspſyche mitzuarbeiten haben. Und hierin iſt beſonders den Künſtlern,
Bildhauern und Architekten eine große Aufgabe gestellte. „Der Menſchheit Würde
iſt in eure Hand gegeben, bewahret Jie."
Ihre Werke ſollten edlere Gefühle vermitteln, zu den Leidenden und Suchen-
den sprechen mit der Sprache, mit der ein Gott ihnen zu reden gab vom Höchſten
und Heiligſten, vom Unausſprechlichen. Sie sollten nicht Formen geben, nicht
blos eine Dekoration ſchaffen für die Ereigniſsſe des Leids und der Freude, ſon-
dern sie sollten das Beste und Höchſte, was sie ſelbſt erlebt haben, gestalten und