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Dann tritt die Werkstatt zu Wittenberg in den Dienst der Kunst. Glaub-
würdig wird überliefert, daß Luther selbst seinem Gevatter Lukas Cranach die
Anregungen zu den Illustrationen gegeben habe, mit denen der Holzschneider die
im September 1522 erschienene Übersetzung des neuen Testaments begleitete.
Luther kannte zu genau den künstlerischen Lrziehungswert dieser Volkskunst,
als daß er ihrer als Mitkämpferin seiner reformatorischen Ideen hätte entraten
wollen. Cranach machte Initialen und zur Apokalypse 31 Bilder, wohl in An-
lehnung an Dürer, aber doch eigen im Stil, im Luchen nach malerischem Aus-
druck in der Landschaft. -
viele Bibelausgaben der nachfolgenden Zeit hat Cranach der Altere beein-
flußt. Aber die deutsche Bibelillustration hat sich im 17. und 18. Jahrhundert
nie mehr zur höhe Dürers und Holbeins erhoben. Das Erbe Dürers traten die
Niederländer Illustratoren an, die meist in Anlehnung an seine Holzschnittfolge Bilder
aus der Passion schufen, so Ahasverus van Londerseel.
Die deutschen Lilderbibeln des 17. und 18. Jahrhunderts sind künstlerisch
unzulänglich. Die Kupferstiche werden an und für sich schon in die Hand minder-
wertiger Künstler gelegt, die in Massen produzieren. Ls mag als tragisch
empfunden werden, daß nicht der große Rembrandt in den Dienst dieser Idee
gestellt wurde. Freilich, wie unsere nachgenannten Rembrandt-Serien beweisen,
— Rembrandt hat doch eine Bibel in Bildern geschaffen, wenn wir sein
Lebenswerk im Ganzen nehmen. (Serie X-XII.)
Daß Rembrandt nicht einen zusammmenhängenden Auftrag zur Bibelillustration
bekam, behütete ihn vor der Gefahr aller Massenproduktion, die der größte neu-
zeitliche Illustrator nicht ganz hat meiden können: Julius Schnorr von
Larolsfeld.
Aber auch inmitten der Leistungen der modernen christlichen Kunst bleibt das
Riesenwerk von Schnorr von Larolsfeld eine nicht völlig auszuschaltende Grund-
lage für den biblischen Anschauungsunterricht. Fehlt auch vielen Bildern der
einfache, klare Ausdruck der Situation, die Vertiefung der seelischen Laute, die
deutsch-kantige Herausarbeitung des Charakteristischen, so bleibt er der kindlichen
Phantasie doch in seinem idealen Schwung nicht unverständlich, wie manches Bild
von Rembrandt und von Dürer, das in seinem starken zeitgeschichtlichen Realis-
mus bezw. Archaismus der Phantasie des Kindes noch ferner steht, als der zeit-
lose Idealismus des Larolsfeld.
Auf den großen Bibelillustrator der neuprotestantischen Kunst müssen wir
noch warten — in Geduld. - Die religiösen Darstellungen von Ludwig Richter
haben eine oft allzuenge Welt und wenig große Auffassung der Person Christi.
Neben Schnorr von Larolsfeld (Serie II-IX) tritt als künstlerische Weiterent-
wicklung Wilhelm Steinhaufens Darstellung von der Geburt Christi, in der
Steinhaufen einen fast klassischen Ausdruck deutscher Gemüts- und Weihnachts-
kunst gefunden hat. (Serie XIV.) Unter den übrigen neuprotestantischen Künstlern
gibt Eduard von Gebhardt im Gewand der Lutherzeit reiche Anregung aus
dem Leben Jesu. (Serie XIII.) Das Bildermaterial, soweit es von Fritz von
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