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Nr.t

Christliches Kunstblatt für Kirche, Zchule und Haus

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Kunstgewerbes zu geben. Vie nähere Überlegung freilich zeigte, daß zwar für
die kirchliche Architektur und für einzelne Zweige der kirchlichen Kleinkunst die
neue Zeit manches Neue und Brauchbare bereits gezeitigt hatte, daß aber die
evangelische paramentik noch weniger in den Kreis künstlerischer Bestrebungen
gezogen war.
va führte uns ein glücklicher Umstand mit Frau Magda Wiegand-
Dehn in plau (Mecklenburg) zusammen, die seit einigen Jahren in aller
Stille neue Wege für die evangelische paramentik gesucht und, wie wir jetzt
glauben, gefunden hat. Sie bringt die nötigen Vorbedingungen für solche ver-
suche mit, wenn sie fruchtbar sein sollen. Sie ist eine studierte Kunstgewerblerin
mit selbständigem künstlerischen Können. Ihre größten Nnregungen auf ornamen-
talem Gebiet verdankt sie der Hamburger Kunstgewerbeschule, wo sie auf ein-
dringendes Studium der Naturformen und strenge Zeichnung hingeleitet ist. Eine
Neihe ihrer interessanten Hamburger Studien ist in den Münchener „Siebhaber-
künsten" veröffentlicht worden. Zur Fortsetzung ihrer Studien ging sie nach
Berlin und München. Dieser künstlerische Studiengang wird ergänzt durch ihren
Lebensgang, durch den sie, vertraut nicht nur mit dem geschichtlichen Verlauf
kirchlicher Kleinkunst, sondern mit dem Wesen und Leben evangelischen Kirchen-
tums in lutherischer Prägung, kirchliches Stilgefühl erwarb.
Vie Gedanken, die sie bei der Herstellung kirchlicher Paramente leiten, hatten
etwas Einleuchtendes: im großen und ganzen sind sie die Nnwendung der Gesichts-
punkte, welche sich auf profanem Gebiet für das Kunstgewerbe durchgerungen
haben, auf das kirchliche Gebiet. Nuf Klarheit, Größe und Deutlichkeit der
Zeichnungen kommt es an im Blick auf den großen Kirchenraum, in dem eine
solche Zeichnung wirken soll. Vie Formgebung soll verständlich sein. Vie historischen
Formen haben bei der immerwährenden Wiederholung im Lauf der Jahre an
Verständlichkeit für den Beschauer verloren. Vie Formen sind aus der Natur
zu entnehmen mit entsprechender strenger Stilisierung. In der hergebrachten
paramentik ist so manches nicht mehr volkstümlich. Wer versteht das so häufig
angewandte Monogramm Ehristi; wer erkennt den bei uns unbekannten Granat-
apfel; was sagt uns die morgenländische Palme; wie unnatürlich und darum
unkünstlerisch wirkt die Verwendung von Gold und Silber auf diesen Decken?
Ließ sich dagegen nicht auch das verwenden, was auf deutscher Flur wächst und
symbolisch wirkt: Kose, Passionsblume, „tränende Herzen", Wasserlilie usw.? Lin
wichtiger Punkt, der in Pasewalk sich besonders aufdrängte, ist die Naum-
verteilung. Der Lektionsaltar deckt dort die Nussicht auf das Mittelstück des
Nbendmahlsaltars. Was soll ein glänzendes Mittelstück auf letzterem, während
hergebrachtermaßen die übrige Fläche frei blieb und doch für den Blick vom
Schiff her gerade diese Seiten des Hauptaltars und die Front des Lektionsaltars
den Hauptschmuck verlangen?
Nile diese Gedanken hatten, wie gesagt, etwas so Einleuchtendes, daß das
Zutrauen entstand, hier könne dem Pasewalker Gotteshaus ein würdiger Schmuck
 
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