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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 1.1909

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2. Heft
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Die Holzschnitt-Sammlung W. L. Schreiber: (Versteigerung in Wien Anfang März)
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.24117#0072

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58

Der Cicerone

Heft 2

deutscher, niederländischer, italienischer, fran-
zösischer und spanischer Künstler in allen
Techniken figurieren in der ersten Abteilung.
Ein prachtvoller Zeugdruck, die Madonna von
Loreto, sei besonders notiert. Die meisten
der Holz- und Metallschnitte haben sich in vor-
züglichem alten Kolorit erhalten. Unter den
Schrotblättern finden sich ungewöhnlich große
Stücke aus der ältesten Periode dieser Technik,
der heilige Antonius, einer der frühsten be-
kannten Farbholzschnitte, und der durch seine
technische Behandlung auffallende Teigdruck
Nr. 55. Nicht weniger als 36 Unica werden
genannt, und auch von den sonstigen Blät-
tern ist meist nur noch ein Exemplar bekannt.
Die unter der Bezeichnung der Delbecq-
Schreibersehen Passion bekannt gewordene
Folge von 20 niederländischen Holzschnitten
aus dem XV. Jahrhundert, deren kunsthistorische
Bedeutung durch die vorjährige Publikation von
Molsdorf nachgewiesen worden ist, gibt diesem
ersten Teil den Abschluß.

Die zweite Abteilung führt als bedeutungs-
vollste Stücke ins Treffen: Zwei Blockbücher,

die Apokalypse und die Biblia pauperum,
beide in vorzüglichen frühen Ausgaben. Erstere,
wahrscheinlich in Frankreich (etwa um 1440)
entstanden, sicher eines der ältesten erhaltenen
Blockbücher. Die niederländische biblia pau-
perum fällt durch ihre Breitrandigkeit auf, worin
sie wohl unter allen sonst überlieferten xylo-
graphischen Drucken einzig dasteht.

Die folgende Abteilung veranschaulicht die
Holzschnittmeister des XVI. Jahrhunderts. Alle
die großen und kleineren Namen, Dürer, Schäuf-
felein, Holbein, Beham, Cranach, Burgkmair,
L. v. Legden und viele andere, sind hier,
zum Teil vorzüglich, vertreten. Die Folge von
Clairobscurs, die die Sammlung beschließt,
dürfte wegen ihrer Reichhaltigkeit und der
großen Zahl von Seltenheiten besonderes In-
teresse erwecken. Alles in allem, es wird
eine Summe von Raritäten und kostbaren
Stücken auf den Markt kommen, wie man
sie nur in seltenen Fällen beisammen sieht.
Über den Verlauf der hochinteressanten Auk-
tion wird an dieser Stelle ausführlich referiert
werden.

RUNDSCHAU M

VERNICHTETE UND GERETTETE
KUNSTSCHATZE IN MESSINA

Als Ergänzung und teilweise Berichtigung
unserer Mitteilungen im vorigen Heft ein paar
kurze Angaben über das Los der Kunstwerke
Messinas und Reggios.

Die Zerstörung der Messineser Kathedrale
scheint schlimmer gewesen zu sein, als man
zu ahnen wagte: Die Altäre der Seitenkapellen,
die wir erwähnten, der trecentistische Tauf-
brunnen, die Kanzel, die Säulen mit ihren nor-
mannischen Kapitalen sind in tausend Stücke
zerschellt; die Mosaiken des Dugento sind bis
auf zwei (darunter die Apsis mit dem segnen-
den Christus) vernichtet. An der Fassade sind
erhalten die linke Tür und (teilweise) das Haupt-
portal, zerstört der rechte Turm. Der Montor-
solibrunnen mit den Figuren von Flußgöttern
verlor den oberen Teil mit samt der Honorius-
statue und den Nikefiguren. Der Neptunbrunnen
blieb, wie gemeldet, verschont. Ebenso ward
der Domschatz aus den Trümmern der Kathe-
drale gerettet.

Eine wahre Freudenbotschaft wird für alle
Kunstfreunde die Nachricht von der Bergung
des Madonnenaltars von Äntonello da
Messina sein. Der verdienstvolle Direktor des
Museo Nazionale in Palermo, Prof. Äntonino
Salinas, hat mit Hilfe des Militärs die Trüm-
mer des Museo Civico aufgeräumt und das
kostbare Werk fast intakt aufgefunden. Nur
die Seitenbilder und die Verkündigung haben
Beschädigungen aufzuweisen. Auch drei nieder-
ländische Bilder sollen gerettet sein; es ist zu
hoffen, daß der im vorigen Heft publizierte
Colijn de Coter sich darunter befindet. Ebenso
sind die 1568 in Urbino geschaffenen Majolika-
vasen, die einst die Apotheke des Ospedale
Civico zierten, sowie andere Majolikaarbeiten
(auch aus Faenza) geborgen.

Was von den wertvollen griechischen Codices,
Palimpsesten, Evangelienbüchern, Chroniken und
Pergamenten der Städtischen Bibliothek ge-
rettet worden ist, steht noch dahin. Der
Minister des öffentlichen Unterrichts, on. Rava,
hat die Professoren Caputo und Manocorda
mit den Räumungsarbeiten betraut.
 
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