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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 1.1909

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4. Heft
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Aubert, Andreas: Über Norwegische Bauernkunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.24117#0132

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Über Norwegische Bauernkunst

Von Andreas Hubert

Norwegen liegt fern von den großen Kulturströmungen Europas. Dennoch haben
sich alle die Kulturschichten wechselnder Zeiten, alle die verschiedenen Stilformen
Europas — von den wildphantastischen Drachenverschlingungen der Wikingerzeit,
dem Ernste des romanischen Mittelalters, der festlichen Pracht der Renaissance bis
zum Rokoko, der Zeit Louis XVI. und des Empire — alle in der norwegischen
Bauernkunst abgelagert, oft auf das eigenartigste ineinander verschmolzen.

In der „Rauchstube“ des Sätersdals mit der Feuerstätte mitten im Wohnraum
und einem Rauchloch („ljore“ Oberlicht) oben in der Decke, hat sich die Grundform

des nordischen Hauses aus dem frühen Mittelalter bis in unsere Zeit hinein erhalten.
In der „Peisestue“ (Peis - Herd mit Rauchfang), die noch heutigentags in unseren Berg-
tälern vorherrscht, trägt der feststehende Hausrat wesentlich das Gepräge der Renaissance,
während die Einflüsse des Barock und Rokoko als geschnitzte und gemalte Verzierungen
auf der Oberfläche bleiben.

Das treue Festhalten an alter Überlieferung gibt der norwegischen Bauernkultur —
auf allen Gebieten, nicht nur der Bauernkunst — ihr Sondergepräge und ihren hohen
Reiz, macht sie bedeutungsvoll für die germanische Kulturgeschichte überhaupt.

In seinem Buche: „Das Werk unserer Väter, Norwegens Kunst im Mittelalter“
hat Professor Dietrichson mit glühenden Worten des Zornes die „Abscheulichkeit der
Verheerung“ und „das Urteil der Vernichtung“ geschildert, das im XVI. Jahrhundert
über Norwegen hereinbrach, als die Bauten der großen Zeit des Mittelalters in Schutt
und Äsche sanken.

In der Geschichte Norwegens zeigt sich hier etwas Ähnliches wie in unserer
nordischen Natur zur Wintersonnenwende, oder besser in der nordischen Mitt-
 
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