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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 1.1909

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6. Heft
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Zimmermann, Ernst: Eine Porzellanarbeit Tschirnhausens
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https://doi.org/10.11588/diglit.24117#0202

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Eine Porzellanarbeit Tschirnhausens

Von Ernst Zimmermann

Tschirnhausens, des berühmten sächsischen Mathematikers und Physikers Anteil
an der Porzellanerfindung Böttgers kann jetzt trotz aller gegenteiligen Versuche selbst
der jüngsten Zeit, ihn zu dem eigentlichen Urheber derselben zu machen, in der
Hauptsache nicht mehr zweifelhaft sein: Fest steht, daß er, der Sachsen eine
eigene, neue, dasselbe stark bereichernde Industrie verschaffen wollte, sich am Ende
des XVII. Jahrhunderts eingehend mit diesem Problem beschäftigt hat und daß er
dann auch eine Masse erfand, die er für die des echten kaolinhaltigen Hartporzellans
hielt, und aus der er dann auch bereits Gefäße herstellen lassen konnte. Als aber dann
Böttger nach Dresden kam, hielt Tschirnhausen es trotz seiner bisherigen scheinbar
so glänzenden Resultate dennoch für nötig, diesen noch einmal auf die Erfindung des
Porzellans als ein für Sachsen äußerst erstrebenswertes Ziel hinzuweisen, und nun
beginnen hier nachweisbar1) die Versuche, diesen Stoff von neuem zu finden und so
von Anfang an, als wenn Tschirnhausen auf diesem Gebiete niemals vorher Erfolge
gehabt, ja auch nur Versuche nach dieser Richtung hin gemacht hätte. So kann also
Tschirnhausens erste Porzellanerfindung nur eine vermeintliche gewesen sein, an die
er allerdings allem Anscheine nach sicherlich eine Zeitlang mit voller Zuversicht ge-
glaubt hat, um endlich doch seinen Irrtum völlig einzusehen und dementsprechend
weiter zu handeln.

Von jenen Erzeugnissen, die Tschirnhausen mittelst seiner ersten „Porzellan-
erfindung“ hergestellt hat, ist wenig genug überliefert. Bekannt ist nur, daß er sie
in Dresden in Glashütten und bei den dortigen gewöhnlichen Töpfern hat brennen
lassen, eine Nachricht, die für jeden Kenner keramischer Technik zum Beweise ausreicht,
daß die von ihm erfundene Masse noch nicht die des echten kaolinhaltigen Hartpor-
zellans gewesen war; denn eine solche läßt sich weder in einfachen Töpferöfen noch
in denen von Glashütten garbrennen. Ihre Hitze reicht hierfür nicht aus. Überliefert
ist weiter, daß Tschirnhausen bei seinen Porzellanen noch nicht recht mit der Glasur
zustande kam. Sie ist ja auch immer beim echten Porzellan, wie bei seinen Nach-
ahmungen eine recht schwierige Sache gewesen, die einer zweiten Erfindung fast
gleich kam. Was ihm hinsichtlich der Glasur nicht glücken wollte, ist freilich nicht
bekannt. Damit aber ist alles berichtet, was uns über das „Porzellan“ Tschirnhausens
aus seiner eigenen Zeit übermittelt worden ist, wenigstens was mit voller Sicherheit
darauf bezogen werden kann. Es ist, wie man sieht, nicht eben viel.

Ein völlig beglaubigtes Stück aus dieser Masse hat sich leider auch nicht bis
in unsere Zeit erhalten. Vermutlich wird er, da er mit seinem Porzellan nicht
völlig zurechtkam, nicht allzuviel Gegenstände aus ihm hergestellt haben. Da-
gegen wurden ihm auf Grund einer Tradition mehrere kleine, eigenartige Becherchen

') Vgl. mein Buch: Die Erfindung und Frühzeit des Meißener Porzellans, Berlin 1908.
 
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