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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 1.1909

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6. Heft
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Baer, Casimir Hermann: Aus schweizerischen Neujahrsblättern auf das Jahr 1909
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https://doi.org/10.11588/diglit.24117#0206

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Aus schweizerischen Neujahrsblättern

auf das Jahr 1909

Von C. H. Baer

Die Neujahrsblätter, die in Zürich und in
anderen schweizerischen Städten jeweils am

2. Januar am „Bächteli-Tag“ von einer Reihe
von Gesellschaften als literarische Neujahrs-
geschenke gegen einen Geldbetrag, die soge-
nannte „Stubenhitze“ verabreicht werden, sind
eine alte Einrichtung. Bereits im XIII. und
XIV. Jahrhundert war es üblich, daß die Ange-
hörigen der Trinkstuben, später der Zünfte, zur
Bestreitung der Feuerungs-Unkosten jährlich
am Neujahr einen Beitrag bezahlten, woraus
sich dann allmählich die Sitte entwickelte, diesen
Geldbeitrag, die „Stubenhitze“ von den Kindern
auf das Gesellschaftshaus tragen zu lassen und
diese dort mit Gegengeschenken, zunächst mit
Speise und Trank zu bedenken.

Neujahr 1645 machte die Stadtbibliothek zu
Zürich erstmals den Versuch, diese Gegengabe
durch einen Kupferstich von Hans Conrad Meier
zu ersetzen, behielt die Neuerung, die Beifail
fand, in den nächsten Jahrzehnten bei und er-
weiterte sie 1759 derart, daß sie von nun ab
an Stelle einzelner Blätter, illustrierte Abhand-
lungen herausgab. Bereits 1663 hatte auch die
Bürgerbibliothek in Winterthur mit der Aus-
teilung von Neujahrskupfern begonnen; langsam
folgten diesem Beispiel fast alle bedeutenderen
Gesellschaften Zürichs und mehrere Vereini-
gungen in anderen schweizerischen Städten.

Ein ansehnliches Stück Kultur- und Kunst-
geschichte ist in diesen fortlaufenden Veröffent-
lichungen aufgespeichert. Auch die Neujahrs-
blätter des Jahres 1909 sind reich an wertvollen
Abhandlungen; einige davon, die auf kunst-
geschichtliches Interesse Anspruch machen kön-
nen, seien hier kurz besprochen.

In dem auf den Neujahrstag 1909 heraus-
gegebenen Hefte LXXIII der Mitteilungen der
antiquarischen Gesellschaft in Zürich (Kommis-
sionsverlag Faesi & Beer, Zürich) behandelt
Prof. Dr. J. R. Rahn das bündnerische Schloß
Tarasp, das oberhalb des Hofes Fontana auf
weitausschauendem Hügel das Inntal beherrscht.
In überaus ansprechender Weise hat der ver-
dienstvolle Kunstgelehrte die Ergebnisse sorg-
samer Forschungen und Untersuchungen mit
seinen trefflich gelungenen Zeichnungen und
Aufnahmen zu einem einheitlichen Gesamtbild
von der Entstehung, Entwicklung und dem

Verfall der Burganlage vereinigt. Neben den
Grundrissen, die Direktor L. Meyer-Zschokke in
Aarau seinerzeit im Aufträge der schweizerischen
Gesellschaft für Erhaltung historischer Kunst-
denkmäler aufnahm und einer Gesamtansicht
aus „MeriansTopographia Provinciarum Äustria-
carum 1649“, enthält das Heft acht Lichtdruck-
tafeln und 26 Textbilder, alle von der Hand des
künstlerisch schauenden Forschers. Im Text
folgt einem kurzen geschichtlichen Überblick die
eingehende Beschreibung der weitläufigen An-
lage, die allerdings nicht überall chronologisch
genau bestimmt werden konnte, aber doch in
den Hauptzügen ihrer Entstehung festgelegt
worden ist. In der dem Täufer geweihten,
jedenfalls noch dem XII. Jahrhundert entstammen-
den Burgkapelle haben sich Reste romanischer
Wandmalereien gefunden, die in Einzelheiten
auffallend den um 1087 gemalten Wandbildern
im Stifte Münster in Graubünden gleichen und
die Vermutung aufkommen lassen, es hätten
hier wie dort die gleichen Künstler gearbeitet.

Das Neujahrsblatt 1909 der Zürcher Kunst-
gesellschaft behandelt den Zürcher Landschafts-
maler J. G. Steffan, der 1905 hochbetagt ge-
storben ist. Ursprünglich zum Lithographen
bestimmt, wandelte sich der Meister in Mün-
chen , vor allem unter Rottmanns tiefgehendem
Einfluß, zum Maler, der sich als Schilderer der
Gebirgsnatur bis zuletzt stetig zunehmender
Beliebtheit erfreute. Der reiche illustrative
Schmuck des Heftes, der die Bedeutung des
Künstlers als Landschaftsmaler klarstellt, erhebt
die von R. Steffan in München, einem Sohne
des Künstlers, schlicht geschriebene Biographie
zu einer Veröffentlichung von bleibendem
Kunstwert.

Die Geschichte, Entstehung und Erbauung
des Unots zu Schaffhausen behandelt Dr. Ro-
bert Lang im XVI. Neujahrsblatt des historisch-
antiquarischen Vereins und des Kunstvereins
Schaffhausen, unter Zugrundelegung der zuver-
lässigen, 1846 erstmals erschienenen Arbeit von
H. W. Harder und unter Beigabe eines Illustra-
tionsmaterials von seltener Vollständigkeit.
Einer der besten Kenner des Kriegsbauwesens,
Maxjähns, hat darauf hingewiesen, daß in der
1563 bis 1585 mit großem Aufwand errichteten,
architektonisch hoch interessanten Zitadelle
 
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