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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 1.1909

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8. Heft
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Institute und Vereine
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https://doi.org/10.11588/diglit.24117#0281

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Personalien

265

liehe Vorwürfe behandelten. Der Kupferstich
geht in Japan in seinen Anfängen frühestens
auf den Beginn des XIX. Jahrhunderts zurück.
Holländische Anleitung gab vermutlich den ersten
Anstoß. Auch unter den mitgebrachten Blät-
tern, die von einem um 1850 lebenden Künsller
herrühren, machte sich dieser Einfluß deutlich
geltend.

Über eine bisher unbekannte Gobelinfabrik
sprach Herr W. M. Schmid. Anlaß zur Fest-
stellung der in Schwabach und dann in Erlangen
am Ende des XVII. und Anfang des XVIII. Jahr-
hunderts tätigen Familie Chazeau gaben die
Wandteppiche aus dem Landgerichtsgebäude der
früheren fürstbischöflichen Residenz zu Passau.
Die Vorwürfe zu diesen Gobelins sind den be-
rühmten Kartons von Le Brun entnommen, welche
in Stichen von Le Clerc und in Nachstichen von
Krauß in Augsburg weit verbreitet waren. Im
Anschlüsse daran zeigte Referent eine in Passau,
dem alten castra batava, aufgefundene Zeus-
statuette von Bronze, welche Herr Sieveking
als römische Arbeit des II. bis III. Jahrhunderts
bezeichnete, die im Körper auf ein griechisches
Original des IV. Jahrhunderts v. Chr. zurück-
geht, im Kopf den beliebtesten römischen Jupiter-
typus, den der Otricolimaske, zeigt.

Weiter behandelte Herr Sieveking zwei
Neuerwerbungen des Antiquariums: eine Bronze-
statuette und ein Goldfiligranhalsband aus Nord-
griechenland, in ausführlicherer Darstellung. Er-
stere ist ein hervorragend schönes griechisches
Werk aus dem IV. Jahrhundert. Dargestellt ist
ein nacktes Mädchen mit einer Haube. Eine
genauere Deutung ist schwer zu geben, da die
Arme fehlen.

Herr Arndt legte u. a. eine besonders große
und gut erhaltene Form eines aretinischen Ge-
fäßes vor.

PERSONALIEN

FRANZ WICKHOFF t

Wieder hat der Tod aus der Reihe der
österreichischen Kunstgelehrten einen der Besten
herausgeholt und wieder ist es für uns ein
Verlust, um den über die Grenzen der Wissen-
schaft hinaus die deutsche Kultur der Gegen-
wart klagt. Noch ist Riegls Ableben nicht
vergessen, noch trauert man um Hermann Doll-
mayr und Kallab, den Hoffnungsreichen, und nun
starb unter der Frühlingssonne Venedigs Franz
Wickhoff, dessen Name seit langem für die
Entwicklung der Kunstwissenschaft program-

matisch war. Er galt mit Recht als das Haupt
einer neuen Schule, die durch die Namen seiner
hervorragenden Schüler (Jul. von Schlosser,
Max Dvorak, Dreger, Hermann u. a.) gekenn-
zeichnet ist.

Wickhoffs wissenschaftliche Methode ist, wie
er es selbst einmal ausgesprochen hat, vor-
nehmlich durch zwei Momente bestimmt worden:
Das Auftreten Morellis und die enge Verbindung
mit dem Institut für österreichische Geschichts-
forschung. Was Burckhardt angebahnt, hat
Wickhoff mit Entschiedenheit und im Gegensatz
zu der damals allgemein üblichen Kunstliteratur
fortgeführt. Nicht die subjektiven Bedingungen
eines Kunstwerkes, sondern der Geist und die
Kulturströmungen einer Zeit sind ausschlag-
gebend für die Entstehung desselben, ebenso
sehr wie die inneren Wandlungen der Stilformen
von den allgemeinen zeitlichen Bedingungen
abhängig sind. Nicht zuletzt hat Wickhoff
darum auch auf die Beziehungen der Kunst zur
Literatur den größten Nachdruck gelegt, wofür
z. B. seine Erklärungen von Tizians „himmlicher
und irdischer Liebe“, von Giorgiones Schöpfungen
mehr als symptomatisch sind. Ebenso erkannte
sein scharfer Geist, daß gerade die Kunst-
geschichte die allgemeine historische Disziplin
nicht zu entbehren vermag, und daß in dem
gleichen Maße wie eine geschulte Stilkritik die
Quellenkritik, Paläographie, Diplomatik selbst-
verständliche Vorbedingungen für die Arbeit der
Kunstgelehrten sind.

Franz Wickhoff war 1853 zu Steyr in Ober-
österreich als Sohn eines Reichsrats- und Land-
tagsabgeordneten geboren. Er studierte in
Wien unter Conze, Eitelberger, von Lützow
und Sickel, von denen der Letztgenannte ihn
vor allem in die streng methodische Geschichts-
forschung einführte. Anfang der achtziger Jahre
wurde er Kustos am neugegründeten öster-
reichischen Museum für Kunst und Industrie,
wo er die berühmte Abteilung für Textilkunst
ordnete und vervollständigte. Seit 1889 war
er an der Wiener Universität habilitiert. Unter
seinen zahlreichen Arbeiten, die überall ver-
streut sind, gilt die „Wiener Genesis“ (1895) als
eine der bedeutendsten, die grundlegend für die
Geschichte der altchristlichen Kunst wurde. Ge-
nannt seien ferner seine „Dürer-Studien“, seine
zahlreichen Beiträge zur venezianischen Kunst,
die einmal zu einer Geschichte der veneziani-
schen Malerei und Skulptur ausreifen sollten.
Diesem arbeitsamen Gelehrten ist kaum ein
wichtiges Gebiet der Kunstgeschichte entgangen,
zu dem er nicht irgend einen bedeutsamen
Beitrag geliefert hätte. Die Ausführung großer
Pläne, wie die Geschichte des Naturalismus in
 
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