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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 1.1909

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10. Heft
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Entdeckungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.24117#0347

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Sammlungen s Entdeckungen

331

ROM - —

Im Depot des kaiserl. deutschen archäolo-
gischen Institutes lagerte seit längerer Zeit das
Fragment einer der Vasen des Tempels des
Jupp’ter Capitolinus, das einzige erhalten ge-
bliebene. Nun hat das Institut dem römisdien
Stadtrat das Fragment als Geschenk übermittelt.
Es wird nunmehr im Tabularium aufgestellt
werden. L. P.

S

VERSAILLES = -

Im Museum zu Versailles werden eine Reihe
neuer Säle im Erdgeschoß eröffnet werden, die
einstmals die Wohnungen der Töchter Lud-
wigs XV. bildeten. In diesen Sälen werden
Kunstwerke zur Aufstellung gelangen, die zu
Marie Antoinette Bezug haben. Der Konser-
vator de Nolhac arbeitet schon seit Jahren mit
großer Energie am Ausbau dieses Museums. Im
zweiten Stockwerk des Südflügels wurden
namentlich in den letzten Jahren zahlreiche Säle
neu eröffnet-, die eine historische Porträtsamm-
lung der Revolution, des Kaiserreichs und der
Restauration umfassen und auch manches künst-
lerisch wertvolle Bild enthalten. R. M.-R.

— — ri-a-

ENTDECKUNGEN

DIE „MODERNEN“ ÄLTKÖLNISCHEN
GEMÄLDE

Aus einem Briefe von Geheimrat Bode
entnehmen wir eineÄußerung über dieFrage
der Echtheit der „Madonna mit der
Wickenblüte“, die uns von allgemeinem
Interesse zu sein scheint.

„Die „Madonna mit der Wickenblüte“ ist
wirklich den Lärm nicht wert, der darum ge-
macht wird. Man hat die Frage vom ver-
kehrten Ende angefaßt und kommt dadurch zu
immer verkehrteren Schlüssen. Statt von gleich-
zeitigen unzweifelhaften Bildern der Kölner
Schule auszugehen, redet man sich in die Zweifel
so hinein, daß man mit der famosen Madonna
alle ähnlichen Bilder aus der gleichen Kölner
Zeit, die verwandte Sprünge, Furchen usw. auf-
weisen, auch schon für Fabrikate namenloser
Kölner Maler aus der Zeit der beginnenden
Romantik erklärt. Man zitiert Kunstgelehrte
und Dozenten und beruft schließlich ein ganzes
Konzil, aber ein paar tüchtige Restauratoren

um Rat zu fragen, und sie das oder die
Bilder gewissenhaft prüfen zu lassen, unterläßt
man! Glauben denn die Herren wirklich, daß
irgend jemand imstande wäre, sich in eine Jahr-
hunderte vorausliegender Zeit so hineinzudenken
und die Technik der Zeit so nachzuahmen, daß
er nicht nur ein einzelnes kleines Madonnen-
bild, sondern eine Reihe solcher Bilder und
ganze Altäre so treu im mittelalterlichen Geist
schaffen könnte, daß durch hundert Jahre jeder
sie für alte schöne Orginale genommen hat?
Und wenn so etwas überhaupt möglich wäre,
wie sollten die Leute von anno dazumal, als
die Originale gewissermaßen auf der Straße
lagen und für weit weniger zu kaufen waren,
als die Anfertigung einer Nachahmung gekostet
hätte, auf die Idee gekommen sein, solche Bilder
zu malen? Die tiefen Risse im Fleisch, der
dünne Farbenauftrag und, ich weiß nicht was
alles, sollen den sicheren Beweis für die moderne
Entstehung dieserBilder liefern. Nun, gerade jetzt
wird eines dieser „modernen“ Ältkölner Bilder,
das wir aus der Sammlung von den Brenken
erworben haben, restauriert: da zeigt sich, daß
es unter der abscheulichen Übermalung und
Vergoldung vom Anfang des XIX. Jahrhunderts
echt und gut zutage kommt, und daß die Fleisch-
teile die gleichen „unmöglichen“ Risse zeigen
wie auf den jetzt verfehmten Bildern.

Restauriert und zwar recht elend übermalt
und meist vorher auch sdiarf geputzt, ist frei-
lich die große Mehrzahl der Kölner Bilder jener
Zeit, die damals in Privathände gelangte. Für
die Boissereeschen Bilder haben wir dafür den
sichersten Beweis, was man in München noch
wissen sollte, wo vor einigen zwanzig Jahren
die Mehrzahl dieser Bilder durch Alois Hauser
gereinigt werden mußten, da ihr „modernes“
Aussehen schließlich selbst die Laien störte.
Dabei stellte sich heraus, daß fast alle diese
Bilder aus purer Verschönerungswut, offenbar
auf Veranlassung der Brüder Boisserec, in der
gleichen Weise mit schönen Lasurfarben über-
gangen waren, nachdem sie leider vorher erst
scharf geputzt und zum Teil verputzt waren.
In ähnlicher Weise hat man gleichzeitig — viel-
leicht durch dieselben Maler — auch zahlreiche
andere Kölner Bilder, die zur gleichen Zeit
in die Hände anderer Liebhaber übergingen
und die jetzt meist im Wallrarf-Richartz-Museum
sich befinden, „verschönert“, d. h. verputzt und
übermalt. Das gibt ihnen den eigentümlichen
modernen Anstrich — aber deshalb sind sie
noch nicht „modern!“

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