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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 1.1909

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10. Heft
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Von den Auktionen
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https://doi.org/10.11588/diglit.24117#0352

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♦ ♦

DER KUNSTMARKT

♦ ♦
V




VON DEN AUKTIONEN

DIE VENTE VICTOR GÄY ZU PÄRIS

Vom 23. bis 26. März fand im Hotel Drouot
die Versteigerung der ehemaligen Sammlung
des verstorbenen Victor Gag statt, dem wir
den wertvollen, leider nicht über zwei Bände
hinausgekommenen „ Glossaire archeologique “
verdanken, eine Fundgrube zahlloser Detail-
angaben auf dem Gebiete der mittelalterlichen
Privataltertümer. Und das Wertvolle an dieser
Kollektion war der Umstand, daß sie zugleich
einen Teil des großen Materials bildete, aus
dem Gay schöpfte. Die Änonymität des Kata-
logs war wohl mit ein Grund, daß aus dem
Auslände, besonders aus Deutschland und Öster-
reich, nur relativ wenig Käufer da waren.
Vielleicht war auch die Tatsache mitbestimmend,
daß der Louvre sich bereits die hervorragend-
sten Stücke der Sammlung gesichert hatte.
Gaston Migeon hatte die glückliche Idee, die
„Freunde des Louvre“ zum Kaufe der gesamten
Sammlung zu veranlassen, dem Louvre die
Auswahl des Besten zu überlassen und den
Rest sodann öffentlich zu versteigern. Für die
etwaige Differenz versprach der Louvre einzu-
treten. In liebenswürdigster Weise gingen die
Herren auf den Vorschlag ein, und da das Re-
sultat der Vente ein sehr günstiges war, kam
das Museum unentgeltlich in den Besitz einer
Anzahl recht wertvoller Kunstwerke. Ich verweise
auf das Maiheft der „Gazette des beaux arts“,
welche dieselben publizieren wird. Das Übrige,
was zur Vente kam — es waren wirkliche „beaux
restes“ — hatte man auf allerhöchstens 150000 fs.
geschätzt. Der Gesamterlös aber von 571902 fs.
bildete eine wirkliche Überraschung. Die große,
neuerwachte oder wohl nie erloschene Vorliebe
der Franzosen für das „moyen-äge“ und seine
Kunst hat sich wieder bewährt. Auch die
deutschen Händler haben zum Teil sehr hohe
Preise bezahlt. Das Eigenartige an der Samm-
lung waren die vielen Objekte der mittelalter-
lichen Kleinkunst, des einfacheren Hausrates,
die im allgemeinen nicht gerade das Gebiet vieler
Privatsammler bilden, zum Teil auch selten
sind und die nur ein Mann von dem allge-
meinen, wissenschaftlichen Interesse für alle
Äußerungen der mittelalterlichen Kultur, wie es

Gay war, vereinigen konnte, kurz „des choses
tres curieuses et rarissimes“. Der Katalog mit
einigen Lichtdrucktafeln und Textillustrationen hat
in sympathischer Weise immer auf die betref-
fenden Belegstellen im Glossaire hingewiesen.
Leider vermißt man unter den Abbildungen
manche recht interessante Stücke, so zwei rei-
zende deutsche Holzbüsten (Kat. Nr. 358/9), von
denen noch die Rede sein wird.

Von den spätmittelalterlichen Töpfereien
wurden die meisten für das Musee des arts
decoratifs erworben. Das Musee ceramique
in Sevres und der Cluny besitzen schon Ähnliches.
Es waren zumeist Henkelkrüge mit einfachen Auf-
lagen, unglasiert oder mit Bleiglasuren, letztere
manchmal über Engoben, dann allerlei figurale
Details, die einmal im Zusammenhänge studiert
werden müßten. Denn die spätmittelalterliche
Keramik ist uns noch ein ziemlich dunkles Ge-
biet. Eine reizende, kleine, flache spanisch-
maurische Schale des XV. Jahrhundert mit
blauem Lüsterdekor (Nr. 9) brachte 1050 fs.
Von Bedeutung war ein gegen 80 Stück um-
fassendes Lot von Bruchstücken altpersischer
Keramik, Funde von Rhages, Veramin und
Ispahan, die schon in relativ früher Zeit (1868—70)
herüber kamen (Nrl 13. 120 fs., Museum Troppau).
Gay hatte sie von Mechin, aus dessen Besitze
z. B. Basilewski die große persische Lüster-
vase erwarb (abg. u. a. Sarre, Jahrb. der kgl.
preuß. Kunstsammlungen XXV, S. 64 und in dem
Kapitel über islamitische Kunst, Band II, der
bei M. Oldenbourg in Berlin erscheinenden Ge-
schichte des Kunstgewerbes).

Sehr hohe Preise erzielten die zum Teil
recht fragmentarischen Grubenschmelzarbeiten,
die allerdings manche seltene Typen boten, so
eine Scheibe mit durchbrochenem Rand und
Wappenschild in der Mitte (Nr. 18. 840 fs.), die
als Pferdeschmuck gedient hat. — Nr. 31. Drei
getriebene, emaillierte und vergoldete Appliqueen,
XIV. Jahrhundert, von denen zwei bewaffnete
Reiter, das dritte ein Helm mit Zier: 3000 fs.
Nr. 34. Medaillon mit Adler und Inschriftband.
Äbb. PI. I. Spanisch, XV. Jahrhundert: 3000 fs.
Nr. 35. Ovale, zweiteilige, in der Mitte durch
Scharnier verbundene, blauemaillierte Spange
mit gefaßten Steinen und vertieften Rosetten
mit Türkisen. Limoges. XIII. Jahrhundert:
5250 fs. (sehr teuer!) — Nr. 37. Spanische
Emailplatte mit stehenden Heiligen, XIV. Jahr-
 
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