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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 1.1909

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11. Heft
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Sammlungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.24117#0375

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RUNDSCHAU

SAMMLUNGEN

NEUERWERBUNGEN DES BERLINER
KUNSTGEWERBEMUSEUMS

Ein glücklicher Zufall ermöglichte dem Mu-
seum einen Ankauf ersten Ranges auf dem Ge-
biete der Keramik. Das neunte Exemplar der
Portlandvase Josiah Wedgwoods konnte mit-
samt der zugehörigen Lederkassette, die außer
der Subskriptionsnummer 9 uud der Londoner
Marke den Jahresbuchstaben für 1792 trägt, er-
worben werden. Bekanntlich bot die Versteige-
rung der berühmten antiken Portlandvase den
Anlaß zu der Nachbildung durch Wedgwood in
Jasper, und da sich die Herstellung der Nach-
bildung als sehr schwierig erwies, so bedurfte
es ganzer fünf Jahre, um die ersten tadellosen
Exemplare herauszubringen. Fünfzig Nachbil-
dungen waren geplant, allein es sind nur 17
Exemplare aus jener Zeit bekannt, alle anderen
Nachbildungen sind später und an Qualität weit-
aus geringer. Zur Technik der Vase ist zu be-
merken, daß die transparente Wirkung des an-
tiken Vorbildes von Wedgwood durch dunkle
Färbung der entsprechenden Reliefstellen er-
setzt wurde — ein Ersatzmittel, von dem in
dem Berliner Exemplar ausgiebiger Gebrauch
gemacht ist. Der Preis jeder einzelnen Nach-
bildung betrug 1790 50 Guineen.

Wenig später als Wedgwoods Vase ent-
stand die Berliner Biskuitgruppe der beiden
Prinzessinnen Luise und Friederike, ausgeführt
nach den Modellen Schadows und im engsten
Anschluß an seine berühmte große Gruppe im
Berliner Schloß. Ausführung und Masse sind
von gleicher Feinheit; die Verkleinerung der
Gruppe wirkt durchaus nicht ungünstig. Man
wird sich an die glückliche Zusammenstellung
der Berliner Gruppe mit einer analogen griechi-
schen Kleinplastik erinnern, die Ferdinand Laban
in seiner bahnbrechenden Schadowarbeit vorge-
nommen hat — die Wirkung der Biskuitgruppe
beweist, daß der etwas genrehafte Vorwurf in
der Tat ebensowohl für die Kleinplastik wie für
die monumentale Skulptur paßt. Vielleicht ist
die eben erworbene Gruppe das beste Zeugnis
für die Wirksamkeit Schadows an der Berliner
Porzellanmanufaktur, für die er von 1787 bis
184^ gewirkt hat. Sein letztes Modell stammt
aus dem letzteren Jahr; es ist die etwas große

Gruppe der Weinsbergerin, die ihren Mann auf
den Schultern trägt. Sie war auf der Schadow-
Äusstellung ausgestellt und im Kataloge abge-
bildet. H. V.

S

AUS DEN KÖNIGLICH SÄCHSISCHEN
SAMMLUNGEN

II.

Für die Skulpturensammlung bildete den
Hauptgewinn des Jahres 1908 die Erwerbung der
Abgüsse der von den Franzosen in Delphi auf-
gefundenen Bildwerke. Dank dem Entgegen-
kommen, das bei dieser Erwerbung dem Leiter
der Dresdner Sammlung, Geh. Hofrat Prof. Dr.
Treu, durch den Leiter der französischen Aus-
grabungen in Delphi, Mr. Theophile Homolle,
erwiesen wurde, darf nunmehr die Skulpturen-
sammlung das Verdienst für sich in Anspruch
nehmen, nächst dem Louvre die vollständigste
Reihe der gegenwärtig im Mittelpunkte der
archäologischen Forschung stehenden delphischen
Funde zu besitzen. Es wurden u. a. erworben
sämtliche erhaltenen Metopenreliefs vom sikyo-
nischen und athenischen Schatzhaus, ferner die
kunstgeschichtlich eminent wichtigen Friese des
Thesauros von Siphnos, Reste vom Giebel und
Firstschmuck des berühmten delphischen Apollo-
tempels der Älkmäoniden, die Gruppe von Bild-
nisstatuen aus dem Weihgeschenke des Thes-
saliers Daochos, der gleichzeitigen Wieder-
holung eines Werkes des Lysipp, zwei andere
Bildnisstatuen aus der Blütezeit der griechischen
Kunst, ein Standbild des Äntinoos usw. Nur
auf einige Kolossalbildwerke und Bauteile mußte
— aus räumlichen Rücksichten — verzichtet wer-
den. Von den übrigen Neuerwerbungen der
Sammlung sind die folgenden die bemerkens-
wertesten: Aus dem Louvre wurden an Ab-
güssen angekauft: der im Jahre 1901 in Susa
entdeckte Urkundenstein des ersten Königs von
Babylon, Hamurabbi (etwa 2200 v. Chr.) mit

den vielbesprochenen Gesetzesvorschriften, ferner

ein Torso aus der Athena-Marsyasgruppe
des Myron, eine Wiederholung desselben Athe-
natyps, zu dem ein für die Dresdner Sammlung
vor mehreren Jahren erworbener Marmorkopf
der Athena gehört. Audi der Abguß des be-
rühmten Diskoswerfers des Myron, den die
Sammlung besitzt, konnte durch einen Kopf aus
dem Louvrebesitz vervollständigt werden. Aus
 
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