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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 1.1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.24117#0417

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hin Publikationen veröffentlicht, die auf Grund
seiner verschiedentlichen Tätigkeit bei Ausstel-
lungen deren Ergebnisse wissenschaftlich be-
handelt haben. Außerdem ist Leisching durch
seine treffliche Arbeit über die Bildnisminiatur in
Österreich von 1750—1850, bekannt geworden.

VERMISCHTES

Brüssel. Nunmehr sind sämtliche noch übrig-
gebliebenen alte Gemälde des Königs der
Belgier in den Besitz des Kunsthändlers Klein-
berger in Paris übergegangen. Vor allem „Das
Wunder des hl. Benedikt“ von Rubens, für wel-
ches zuletzt ein Preis von 800000 fs. verlangt wor-
den war. Das Bild, 1,57 m hoch und 2,38 m breit,
ist in dem Stil des in der Genter Kathedrale
befindlichen „St. Bavon“ gehalten. Im oberen
Teile der Heilige, den ihm vom Gotenkönig
Totila geschickten falschen Piinzen entlarvend,
unten die Kranken, Gelähmten, Besessenen,
ihre Hände bittend zum Mönche erhebend. Der
Erlöser erscheint auf einer Wolke, umgeben
von Heiligen und Engeln. Das Kolorit der
Figuren, der Gewänder, Tiere, darunter ein herr-
liches weißes Roß, ist von großer Intensität.
Das Gemälde, welches sich bei Rubens’ Tode
in seinem Atelier befand, wurde von der Fa-
milie seinem Schüler De Crayer geschenkt, ge-
langte dann in die Abtei von Afflighem, 1840
in den Besitz des Sammlers Tence in Lille und
wurde bei seiner Versteigerung 1881 vom König
Leopold erworben; es ist 1881 im „Art“ und
1886 in der „Gazette des beaux arts“ repro-
duziert.

Zugleich mit dem Original ging die präch-
tige Kopie des Bildes von Eugene Delacroix
in den Besitz Kleinbergers über; diese ist etwas
kleiner: 1,30 m hoch und 1,95 m breit. Dela-
croix hat das Bild wegen seiner Farbenpracht
kopiert und weil es ihm „die Geheimnisse der
Rubensschen Mache enthüllte“, wie er sich aus-
drückte. Es stammt aus der Sammlung von
Emile Pereire in Paris.

Auch ein anderer Delacroix wurde mit er-
worben, ein 1836 gemalter, vom Künstler dem
Experten Haro geschenkter, „H. Sebastian von
heiligen Frauen umgeben“, nach dem eine Ra-
dierung von Salmon angefertigt wurde.

Unter den verkauften Bildern befindet sich
des weiteren von Rubens noch eine Replik
der „H. Theresa für die Seelen des Fegefeuers
betend“, ein männliches Bildnis, sowie zwei
Löwenköpfe, ferner von Jan Steen mehrere

Interieurs und ein hervorragendes Selbstporträt
des David Teniers d. J. Der Maler hat sich
vor seiner Staffelei sitzend dargestellt und ein
psychologisch und koloristiisch gleich inter-
essantes Werk geschaffen. Sodann ist noch
ein Kopf von Rembrandt, sowie der hier
schon erwähnte Fra Angelico, Die Madonna,
das Jesuskind tragend, von Engeln umgeben,
ein Bild, das ca. 1535 zu datieren ist. Der
prachtvolle Hobbema, der nach Paris schon
zu Beginn, der Bilderverkäufe des Königs ge-
gangen ist, soll bereits verkauft sein.

Hier sei noch hinzugefügt, daß die ägypti-
schen Altertümer aller Wahrscheinlichkeit nach
an das Cinquantenaire-Museum gehen werden.

F. M.

Paris. Im vorigen Jahre war das Museum zu
Gueret (Departement Creuse) von der Einbrecher-
bande Thomas ausgeplündert worden. Wir
haben seinerzeit über den Fall berichtet. Die
gestohlenen Gegenstände sind damals wieder
aufgefunden worden und den Beständen des
Museums aufs neue eingereiht worden. Ge-
wöhnlich pflegt man den Brunnen zuzudecken,
wenn das Kind hineingefallen ist, aber auch diese
primitive Vorsichtsmaßregel hat der „Konservator“
des Museums von Gueret nicht ergriffen, denn es
kommt die überraschende Kunde, daß wiederum
in dieses Museum eingebrochen worden ist.
Diesmal haben die nächtlichen Gäste gründlicher
gearbeitet: sie haben ungefähr alle einigermaßen
bemerkenswerten und transportablen Kunst-
gegenstände mitgenommen. Es wurden ins-
gesamt Werke im Werte von ungefähr
300 000 Franken gestohlen, und zwar: ein flaches
Kreuz in Grubenschmelz, ein Christuskopf, ein
Ciboriendeckel in Grubenschmelz mit Arabesken
und Heiligenköpfen, sechs Reliquiarien, davon
zwei in Kupfer mit eingefügten Steinen, vier
andere in Grubenschmelz mit folgenden Dar-
stellungen darauf: Die Ermordung des heiligen
Thomas Becket, die Steinigung des heiligen
Stephan, die Anbetung der heiligen drei Könige,
Heiligenfiguren und Laubwerkverzierungen.
Fragmente eines Bischofsstabes in Zellenschmelz,
eine ovale Scheibe aus getriebenem Kupfer mit
einer Darstellung des heiligen Brunaud, 58 ge-
malte Emailtafeln, darunter mehrere von Noual-
hier und Naudin, sechs verzierte Tabakreiben,
darunter vier aus Elfenbein, eine kleine Statuette
der Jungfrau aus Knochen und Elfenbein, ein
silbernes Etui aus dem XVI11. Jahrhundert mit
dem Wappen der Stadt Beauvais darauf.

Dieses unerhörte Vorkommnis wirft wiederum
ein grelles Schlaglicht auf die in den französi-
schen Provinzmuseen herrschenden Zustände.
 
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