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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 1.1909

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13. Heft
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LITERATUR

Berlin. Elfried Bock gibt im letzten Hefte der
„Ämtlichen Berichte“ der Berliner Museen einen
Karton Bernardino Luinis wieder, der mit
der Sammlung Beckerath in das kgl. Kupfer-
stichkabinett gelangt ist, und in dem Bock eine
Gesamtkomposition der verstümmelten und zer-
streuten luinesken Fresken der Villa Pelucca bei
Monza erkennt. Zum Vergleiche sind zwei
Freskenbruchstücke des KaiserFriedrich-Museums
wiedergegeben, die gleich anderen derartigen
Fragmenten (in der Brera, im Louvre, in der
ehemaligen Sammlung Kann) auf Leinwand
übertragen sind. Die Konfrontation des Kartons
mit den Berliner Fragmenten ist außerordent-
lich interessant und für Luinis Schaffensweise
bezeichnend. Sehr bemerkenswert ist ein Zen-
tralbau im Hintergründe des Kartons mit den
Formen der lombardischen (bramantesken) Hoch-
renaissance. Der Karton ist quadriert und ver-
rät dadurch, daß er für das Fresko benutzt
wurde. Die Darstellung ist eine Szene aus dem
Europamythus: Das Herannahen des in einen
Stier verwandelten Zeus. V.

Wien, ln einem Aufsatz im Maiheft desGeogra-
phical Journal untersucht der Wiener Universi-
tätsprofessor Oberhummer das Verhältnis Lio-
nardo da Vincis und der Renaissancekunst zur
geographischen Wissenschaft. Daß die große
Weltkarte von Windsor, die dem Beginn des
XVI. Jahrhunderts entstammt, wirklich von Lio-
nardo herrührt, ist nach Oberhummer nicht er-
wiesen; aber es fehlt sonst nicht an anderem
Material, das von den umfassenden geographi-
schen Studien und Arbeiten des Meisters Zeugnis
ablegt. Es ist bekannt, daß Lionardo im Jahre
1502 als Ingenieur und Festungsbaumeister im
Dienste Cäsar Borgias stand, eine Reise nach
Urbino, Pesaro, Rimini und anderen Städten
unternahm, auf der er Landvermessungen vor-
nahm und Karten ausarbeitete. Die interessan-
testen dieser Landkarten sind die von Toskana
und den Pontinischen Sümpfen; zugleich arbeitete
Lionardo einen sehr genauen Plan von Imola,
von Mailand und von mehreren anderen Städten
aus. Aber neben dieser topographischen Tätig-
keit fand er auch die Arbeitskraft, sich mit
physikalischer Geographie und mit der Sternen-
kunde zu beschäftigen. Er erscheint als ein
Vorläufer des Kopernikus, wenn er die Erde
als einen Planeten betrachtet und es bestreitet,

daß sie im Weltall eine besonders begünstigte
Stellung einnehme. Lionardo muß auch als der
Begründer der modernen Theorie der Wellen-
bewegung angesehen werden, und das Problem
der Strömungen und andere hydraulische Fragen
wurden durch ihn der Lösung näher geführt.
Er betrachtete die Felsen als sedimentären Ur-
sprungs und sah in den Bergen durch Flüsse
angeschwemmtes Land. Mit seiner Auffassung
der Sündflut eilt er den Anschauungen seiner
Zeit voraus, und da er den Einfluß der Erosion
sehr hoch einschätzt, wird er zum Vorläufer der
modernen Theorie der Talbildung. Seine Studien
der Luftströmungen bereichern die Meteorologie,
während er andererseits zugleich als ein Pionier
alpiner Forschung angesehen werden muß. Der
Aufsatz Prof. Oberhummers soll auch als Buch
erscheinen, das also für die Wissenschaft ein
Gegenstück zu den Arbeiten Müller-Waldes
bilden würde.

VERMISCHTES

Mammern (Kt. Thurgau). Das Kirchlein in
Mammern, ein einschiffiger und flachgedeckter
anspruchsloser gotischer Bau, brannte am 7. April
bis auf die Umfassungsmauer nieder. Das
St. Blasius geweihte Gotteshaus, eines der
ältesten des Kantons, enthielt das Grabmal des
1639 gestorbenen St. Stephanritters Hans Walter
von Roll, eine interessante aber derb hand-
werkliche Sandsteinskulptur, die unversehrt
blieb. C. H.B.

Die Vernichtung eines Glasgemäldes. Bei
einem nächtlichen Einbruch in die nordöstlich
oberhalb Sächseln (Kanton Unterwalden ob dem
Wald) gelegene, 1614/1615 erbaute und durch
ihre wohlerhaltene Innenausstattung kunst-
geschichtlich interessante Kapelle auf dem Flüeli
wurde ein wertvolles Glasgemälde, das sich un-
glücklicherweise in dem Fenster befand, durch
das die Diebe eindrangen, vollkommen zer-
trümmert und zertreten. Die Figurenscheibe,
eine Stiftung von Propst und Kapitel des Stiftes
zu St. Leodegar im Hof zu Luzern von 1617
(31/42 cm), die vorzüglich erhalten war, ist in
der als Beilage zum „Anzeiger für Schweizerische
Altertumskunde“ erscheinenden „Statistik der
Kunstdenkmäler von Unterwalden“ von Dr. Ro-
bert Dürrer (S. 268 u. 271) beschrieben und ab-
gebildet. c. H. B.
 
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