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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 1.1909

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14. Heft
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Voss, Hermann: Zu Judocus Vredis
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https://doi.org/10.11588/diglit.24117#0460

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Zu Judocus Vredis

Von Hermann Voss

Der bescheidene westfälische Meister, auf den nach Bodes Geschichte der deutschen
Plastik Älbrecht Wormstall durch ein Schriftchen die allgemeine Aufmerksamkeit ge-
lenkt hat, ist in der Skulptur seiner Zeit (c. 1500—1540) eine Art Ausnahmeerscheinung.
Sowohl stilistisch infolge des unentwegten Festhaltens an der Gothik als technisch, da
seine niedlichen Tonreliefs aus Formen hergestellt und somit vervielfältigt wurden.

Beides, das Fortführen eines längst überwundenen Stiles wie die wiederholte
Benutzung des gleichen Modelles charakterisieren den Mann nicht sowohl als Künstler
denn als Kunsthandwerker, obgleich von einer praktischen Verwertung seiner Arbeiten,
etwa als Fliesen an Öfen, nichts bekannt ist. Ob er auch wie die meisten „Kunst-
gewerbler“ seiner Zeit fremde Vorbilder benutzt hat? Diese Vermutung liegt nahe,
allein bestimmte Anhaltspunkte dafür haben wir bislang nicht in den Händen. Da-
gegen wissen wir aus dem Beispiel der beiden Tonmadonnen im Berliner Kunst-
gewerbemuseum, daß sich der Meister selber plagiierte, indem er Figuren aus eigenen
Werken in anderem ornamentalen Zusammenhang wiederbrachte. Eine bisher unter
seinen Werken unbekannte h. Katharina, die in South Kensington Museum der
Utrediter Schule zugeschrieben wird, bietet dafür ein neues Beispiel.

Das hübsche, ungewöhnlich sauber ausgeformte Relief wiederholt nämlich in
der Figur selber eine bei Wormstall beschriebene hl. Katharina, die im Bischöflichen
Museum zu Münster aufbewahrt wird. Und zwar ist, was ein vergleichender Blick
auf der Stelle erkennen läßt, die Variante in London dem Exemplar in Münster bei
weitem überlegen, sowohl in der Figur wie in der umgebenden Ornamentik, die in
London von ungewohnter Feinheit ist, wenn sie auch in der Behandlung ganz den
Stil des Vredis verrät.

Gleich einigen anderen Arbeiten des kunstliebenden Klosterbruders, wie unser
Meister mit Recht genannt werden könnte, trägt das Relief eine Umschrift in gotischen
Lettern und in niederdeutscher Sprache. Auf dem Nimbus der Heiligen liest man:
o heilighe katherina bid voer ous, auf dem umgebenden Fries: o sncte heilighe katheri

berighet (?) ous aen onse heer dat wi werdigh warden.belot ten. ln den vier

Ecken sind die Sgmbole der vier Evangelisten angebracht. Der Name des Künstlers,
den man auf einigen seiner Arbeiten findet, fehlt hier.

Natürlich ist an der Autorschaft von Vredis nicht der geringste Zweifel möglich.
Mehr als das: das Londoner Relief ist uns wegen der guten Qualität und der alten
Bemalung sehr willkommen, auch um die Flauheit der Münsterer Figur abzuschätzen,
die zu einer größeren Serie weiblicher Heiligen (Maria Magdalena, Lucia, Dorothea,
Barbara und Margarethe) gehört.

Im Kunsthandel kommen Arbeiten von Vredis nicht selten vor; da aber spätere
Ausformungen und schlechte Abgüsse begreiflicherweise häufiger sind als gute alte
 
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