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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 1.1909

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14. Heft
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Sammlungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.24117#0467

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RUNDSCHAU

SAMMLUNGEN

NEUERWERBUNGEN DES
BAYERISCHEN NATIONALMUSEUMS

In der ersten Hälfte des laufenden Jahres
wurden für die Sammlungen des Bayerischen
Nationalmuseums folgende wichtigere Neu-
erwerbungen gemacht.

Durch das Entgegenkommen der Schöninger-
schen Relikten wurde die gesamte Einrichtung
eines Zimmers aus der ersten Hälfte des
XVIII. Jahrhunderts aus dem zum Abbruch ge-
kommenen Hause, Burgstraße 12 in München,
geschenkweise überlassen. Die wichtigsten
Stücke aus dieser Zimmereinrichtung sind der
prächtige in Stuck modellierte Plafond, ein
Marmorkamin mit Aufsatz, in dem sich ein
gleichzeitiges Ölgemälde befindet, und 2 Supra-
porten mit Ölgemälden in stilvoll geschnitzter
Holzumrahmung.

Von den erworbenen plastischen Werken ist
ein Relief mit einer Totentanzdarstellung in be-
maltem Holz, um 1520 aus der Traunsteiner
Gegend, hervorzuheben. Plastische Totentanz-
darstellungen gehören zu den größten Selten-
heiten. Weiter wurde die Holzstatue des hl.
Florian erworben, Münchner Schule um 1520,
die jedenfalls ein Werk des bisher im Museum
nicht vertretenen Meisters des hl. Rasso in der
Frauenkirche in München ist. Vom südlichen
Friedhof in München kam die Marmorbüste des
Bildhauers Roman Ä. Boos von seinem eigenen
Grabmal stammend und von ihm selbst ge-
fertigt, sowie eine weitere weibliche Marmor-
büste allegorischen Inhalts, gefertigt von Fr.
X. Messerschmitt, einem Schüler des Hofbild-
hauers J. B. Straub, in das Museum. Den
plastischen Werken ist noch das Tonrelief einer
Kreuzigung von 1589 anzureihen, als erstes
Beispiel der in der Inngegend blühenden und
bisher im Museum nicht vertretenen Tonbildner-
schule.

Die Gemäldesammlung erhielt als Wichtigsten
Beitrag ein Holztafelbild, Oberdeutsch, wahr-
scheinlich Schwäbisch um 1470, als Leihgabe
überwiesen.

Aus dem Gebiete der ornamentalen Plastik
wurde ein dem ersten Drittel des XV1I1. Jahr-
hunderts angehöriger Rokoko-Holzrahmen er-

worben. Derselbe gehörte früher der Sammlung
Hirth an und stellt jedenfalls in seiner reichen
figürlichen und ornamentalen Komposition eines
der ausgezeichnetsten Werke der Münchener
Schule des ausgehenden Spätbarockstiles dar.

Von Edelmetallarbeiten sind unter den Neu-
erwerbungen zunächst zwei Gebetbücher mit
silbernen Deckeln zu erwähnen. Dieselben sind
jedenfalls Arbeiten von J. Ä. Thelot in Augsburg
und in der Ausführung der hochgetriebenen
figürlichen Reliefs, dem außerordentlich ge-
schmackvollen Entwurf und der ausgezeichneten
Erhaltung, Stücke ersten Ranges. Auch ein
goldner Siegelring des XVI. Jahrhunderts in
charakteristischer Form mag erwähnt sein. Wie
die beiden Gebetbücher, stammen auch noch
vier charakteristische Holzstühle mit reichge-
schnitzter Rückenlehne — sogenannte Bauern-
stühle — aus der Mitte des XVII. Jahrhunderts
aus der bekannten Sammlung Semler in Lindau.

Leider gestatten die zurzeit dem Bayerischen
Nationalmuseum zur Verfügung stehenden, recht
geringfügigen Mittel nicht, den, wie Wilhelm
Bode mit Recht bemerkte, verhältnismäßig
günstigen Bayerischen Kunstmarkt in der wün-
schenswerten Weise reditzeitig auszunützen.
Ob und wann der Bayerische Staat in der Lage
sein wird, diese betrübliche Lage zu ändern, ist
eine schwer zu beantwortende Frage.

Vorläufig muß die Hoffnung darnach ge-
richtet sein, daß, wie dies für andere staatliche
Kunstsammlungen bereits geschehen ist, sich
kunstsinnige und wohlhabende Männer in Bayern
finden, die einen vielleicht später nicht mehr
möglichen Ausbau der herrlichen Sammlungs-
bestände zu fördern bereit sind. Denn es wäre
tief zu bedauern, wenn ein Beharrungs- und
Erstarrungszustand aus dem Gefühl der beati
possidentes heraus in dieser wichtigen Münchner
Sammlung einträte, wie er beispielsweise in
den Wiener Hofmuseen zur nicht nachahmens-
werten Gepflogenheit geworden ist.

s

DAS NEUE HETJENS-MUSEUM
IN DÜSSELDORF

Im Mai wurde in Düsseldorf das Hetjens-
Museum eröffnet. Beim Tode des bekannten
Aachener Sammlers Hetjens war dessen für das
rheinische Steinzeug überaus wichtige Samm-
 
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